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Grüne Hauptstadt Europas - Essen 2017

του Jonas Vogt

Safari im Ruhrgbiet

Vergangene Woche bahnten sich 20 Fahrradfahrer ihren Weg durch den dichten Metropoldschungel namens Ruhrgebiet. Gar nicht mal so leicht, denn die Natur hat sich den einstigen "Kohlenpott" längst zurückgeholt und bietet den rund fünf Millionen Einwohnern eine ganz neue Lebensqualität. Das Regionalbüro Westfalen bot eine Studienreise per Fahrrad durch die Region an.

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Punkt 12:30 Uhr am Dortmunder Hauptbahnhof – der bis dahin wolkenverhangene Himmel riss auf und bot der Sonne Platz. Genau so ist es bestellt gewesen, also die Planung zur Fahrradexkursion im vergangenen Winter im Regionalbüro Westfalen begann. Nun sollte es endlich los gehen. Die nächsten fünf Tage konnten die Teilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet in die Geschichte der Region Ruhr eintauchen, den Strukturwandel vor Ort erleben und den neuen Zukunftsgeist und die Nachhaltigkeitsbemühungen im Revier entdecken. Unter Führung des Fotografen und Ruhrgebietsexperten Rainer Schlautmann führte die Route vorbei an ehemaligen Zechen und Stahlwerken, an Industrierelikten, die mittlerweile eine kulturelle Rolle spielen. Dank der früheren Eisenbahnstrecken, deren Trassen zu Radwegen umfunktioniert wurden, verfügt das Ruhrgebiet über ein einzigartiges Netz an Radverkehrsinfrastruktur. Hinzu kommen noch die flussbegleitenden Radwege entlang der Ufer von Emscher und Ruhr.

Auf der ersten Tagesetappe von Dortmund nach Castrop-Rauxel ging es vorbei am künstlich angelegten Phoenix-See. Der ehemalige Standort des Hoesch Stahlwerks Phoenix-Ost wurde von den Städteplanern gänzlich umfunktioniert, um eine Attraktivitätssteigerung und Aufwertung des Stadtteils Hörde zu erreichen. Das ehemalige Industriegelände dient heute als attraktive Wohnadresse, Naherholungsgebiet und Gewerbemagnet. Der Phoenix-See ist zwar als ehemalige Industriefläche und heutiger Freizeit-Hotspot nur ein Beispiel von vielen im Ruhrgebiet, jedoch eines, an dem ein sozialökonomischer Strukturwandel - eine Gentrifizierung "von arm zu reich" - eindeutig zu erkennen ist.

Weiter ging die Tour entlang alter Zechensiedlungen, die sich noch immer hoher Nachfrage erfreuen, über Herne und Bochum bis nach Gelsenkirchen. Unterwegs bot sich immer die Möglichkeit die angefahrenen Orte zu entdecken. So besichtigte die Gruppe zum Beispiel die Bochumer Jahrhunderthalle, in der schon die Aufbauarbeiten zur Ruhrtriennale, dem größten Kulturfestival in der Region, stattfanden. Am dritten Seminartag erreichte die Gruppe endlich die Grüne Hauptstadt Europas, die der Veranstaltung ihren Namen gab. In Essen wurde die Gruppe exklusiv durch den Direktor des renommierten Ruhr-Museums, Prof. Dr. Theodor Grütter, in der Ausstellung zum besagten verleihenden Titel empfangen. In einem beeindruckenden Vortrag erläuterte er den Teilnehmern die Entwicklung der einstigen Montanstadt „von grün zu grau zu grün“.

„Lebensqualität und Ruhrgebiet – diese beiden Begriffe waren doch vor 50 Jahren noch absolut konträr.“– Teilnehmer aus Schweden

Die Umwelt- und Baudezernentin der Stadt Essen, Simone Raskob, ist zudem die Projektleiterin der Grünen Hauptstadt Europas – Essen 2017. Sie berichtete der Gruppe vom schwierigen Bewerbungsverfahren für den Titel, bei dem Essen für das Jahr 2016 ausschied. Daraufhin seien die Defizite aufgearbeitet worden und die Kräfte für einen zweiten Anlauf gebündelt worden– mit Erfolg. Zudem machte sie deutlich, dass das entscheidende Kriterium nicht sei, wie viele Hektar Grünfläche eine Stadt zu bieten hätte, sondern dass die Bewertungen in Kategorien wie beispielsweise Nachhaltigkeit, Fahrradfreundlichkeit, Schadstoffminderung und Abwasserwirtschaft stattfänden. Essen habe mit dem Emscher-Umbau, einer hohen Biodiversität, und ehrgeizigen Zielen in der Radverkehrsinfrastruktur vor der Europäischen Kommission überzeugen können.

Mit dem letztgenannten Punkt beschäftigte sich die Gruppe nach einigen Kilometern im Fahrradsattel am Folgetag in Mülheim an der Ruhr. Felix Blasch, stellv. Amtsleiter im Amt für Stadtplanung der Stadt Mülheim, präsentierte der Gruppe das Projekt des Radschnellwegs Ruhr, kurz RS 1. Dieser wird schon in naher Zukunft die Innenstädte von Duisburg bis Hamm verbinden und somit eine echte Alternative zum Auto darstellen. Auf breiten, gut ausgebauten und beleuchteten Wegen sollen schon bald die Studenten und Pendler schnell und ohne Wegkreuzungen per Rad unterwegs sein. Finanzielle Unterstützung gibt es dafür nun auch von Seiten des Bundes, der die Kommunen bei diesem Pioniervorhaben unterstützen wird. Zwischen Essen und Mülheim ist ein Teilabschnitt bereits fertig gestellt, welchen die Gruppe selbstverständlich auf seine Effizienz testen musste.

„Manche verstehen gar nicht, dass Essen (…) so grün ist.“– Kleingärtner aus Essen Karnap

Nach rund 200 Kilometern und Besuchen in insgesamt zehn Ruhrgebietsstädten endete die Studienreise auf zwei Rädern schließlich am Freitag gegen frühen Nachmittag am Duisburger Bahnhof. Fünf eindrucksvolle Tage lagen hinter den Teilnehmern, in denen alle, wie vorab versprochen, ihr grünes Wunder erleben konnten.

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v. r.: Rainer Schlautmann, Ruhrgebietsexperte und Leiter der Radtour, Beate Kaiser, Jonas Vogt, Regionalbüro Westfalen beim Award auf der Kunstmesse in Düsseldorf.
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