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Zuwanderung, Entkonfessionalisierung und religiöse Pluralisierung

του Lukas Axiopoulos

Wie sich das Verhältnis von Staat und Religion angesichts sich verändernder gesellschaftlicher Rahmenbedingungen neu fassen lässt

Mit der Gründung der Bundesrepublik vor siebzig Jahren wurde das Staatskirchenrecht ins Grundgesetz aufgenommen und gleichzeitig die Religionsfreiheit als eine der unveräußerlichen Rechte festgeschrieben. Das Verhältnis von Religion und Staat galt damit lange als gesichert. Ob dieses Modell angesichts neuer Herausforderungen heute noch zeitgemäß ist, darüber diskutierten Gäste aus Politik, Kirche, Recht und Gesellschaft.

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„Religion und Staat in einem pluralisierten und säkularisierten Land. 100 Jahre Weimarer Verfassung – 70 Jahre Grundgesetz“: Unter diesem Titel hatten die Heinrich-Böll-Stiftung und die Konrad-Adenauer-Stiftung zu einer gemeinsamen Veranstaltung eingeladen. In ihrer Einführung erinnerte Dr. Ellen Ueberschär, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, an die Geschichte des geltenden Staatskirchenrechts in der Bundesrepublik Deutschland. Deren Gründerväter hatten 1949 das schon in der Weimarer Reichsverfassung begründete Modell der Kooperation zwischen Staat und Religionsgemeinschaften ins Grundgesetz überführt. Ein Modell, das durch soziale Veränderungen, Zuwanderung, Entkonfessionalisierung und religiöse Pluralisierung, laut Ueberschär, vor großen Herausforderungen stehe.

Wie sich das Verhältnis von Staat und Religion angesichts sich verändernder gesellschaftlicher Rahmenbedingungen heute fassen lässt und wie darauf zu reagieren ist, darüber diskutierten im Anschluss Dr. Franz-Josef Overbeck, Vorsitzender der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen der Deutschen Bischofskonferenz und Bischof von Essen, Katrin Göring-Eckard, MdB, Vorsitzende der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Prof. Dr. Christine Langenfeld, Richterin des Bundesverfassungsgerichts, und Dr. Thomas de Maizière, MdB, Bundesminister a.D.

 

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Zunächst befasste sich die Runde mit der Frage, ob kirchliche Einrichtungen, wie Schulen oder Krankenhäuser, selbst über Einstellungskriterien, etwa die Religionszugehörigkeit, entscheiden sollten. Das Bundesarbeitsgericht hatte nämlich zuletzt die Freiheiten der Kirche in diesem Zusammenhang eingeschränkt. Thomas de Maizière plädierte dafür, interne Konflikte in Religionsgemeinschaften nicht auf die staatliche Ebene zu verlagern. Der ehemalige Bundesinnenminister erinnerte daran, dass sich Religionsgemeinschaften, laut Grundgesetz, selbst zu organisieren haben. „Die Garantie der Selbstverwaltung muss korrespondieren mit einer Art Rücksichtnahme auf das, was im freiheitlichen Staat passiert.“ Verfassungsrichterin Christine Langenfeld meinte, Kirchen könnten „nicht ein Freiheitsrecht für sich in Anspruch nehmen, das gleichzeitig mit der Einschränkung von Freiheiten Dritter verbunden ist.“ Göring-Eckard war der Ansicht, dass sich Kirchen genau überlegen sollten, wie sie „Arbeitsrecht zeitgemäß gestalten wollen.“

Auch die Frage, ob finanzielle Staatsleistungen an die Kirchen heute noch gerechtfertigt sind, wurde intensiv diskutiert. Bischof Franz-Josef Overbeck erinnerte daran, dass die Kirchen seit der Napoleonischen Zeit für die Verluste der Säkularisierung vom Staat entschädigt würden. Das Grundgesetz übernahm diese Regelung. „Die Logik, warum es das noch gibt, kann man kaum mehr begründen.“ Hier müsse eine Lösung her, „die nicht in einer Feindschaft einer Seite gegenüber endet.“

Anschließend ging es in der Debatte um die Herausforderung einer zunehmend multireligiösen Gesellschaft. Langenfeld meinte, dass der Staat die Anforderungen an andere Religionsgemeinschaften, etwa gegenüber islamischen Organisationen, durch gerichtliche Urteile stark gelockert habe. „Es gibt jetzt eine Situation, in der wir sagen: Bestimmte Grundbedingungen werden nicht erfüllt. Wir kommen nicht weiter.“ Die Legitimität des Systems müsse hinterfragt werden, wenn es mit der multireligiösen Gesellschaft nicht fertig werde. Als Beispiel nannte Langenfeld die Beratungen über islamischen Religionsunterricht. Göring-Eckart betonte, die religiöse Ausbildung dürfe man nicht aus der Hand geben: „Kinder muslimischen Glaubens etwa, müssen eine Chance haben, Religionsunterricht zu bekommen, der auf dem Verfassungsboden unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung steht.“

Prof. Dr. Norbert Lammert, Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung, machte zum Abschluss der Veranstaltung auf die „wachsende Diskrepanz zwischen der kontinuierlich rückläufigen Kirchen- und Religionsbindung im institutionellen Feld und einem wachsenden Identifikationsbedürfnis mit religiös begründeter oder verorteter Orientierung“ aufmerksam. So würden in repräsentativen Umfragen die Bundesbürger Deutschland zunehmend als christliches Land bezeichnen.

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