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Der diesjährige Preisträger ist im Januar 1924 im heutigen Bratislava auf die Welt gekommen. Seine Eltern und seine Schwester Alice wurden 1942 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Im Mai 1941 floh Rübner vor den Nationalsozialisten in das Kibbuz Merchavia, in dem er bis heute lebt. Dort arbeitete er zunächst für zwölf Jahre als Schafhirte und erlernte in dieser Zeit die neuhebräische Sprache, wurde zum „Schriftsteller und virtuosen Übersetzer“, wie der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung Dr. Hans-Gert Pöttering es in seiner Begrüßung formulierte.
Nachdem er seine Lyrik zunächst in deutscher Sprache verfasste, veröffentlichte Rübner zwischen 1954 und 1992 auf Ivrith. Nach seiner Emeritierung als Literaturprofessor an der Universität Haifa widmete er sich dann auch wieder der deutschen Übersetzung seiner Gedichte. Zuletzt erschienen hier die Lyrik-Bände „Spätes Lob der Schönheit“ und „Lichtschatten“. Die thüringische Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht dankte Rübner in ihrer Ansprache für den „tiefen Humanismus“, der seine Texte und Gedichte durchzieht. „Mit Ihrem Werk werfen Sie uns das Band der Verständigung zu, das die Deutschen mutwillig zerschnitten haben“, sagte sie an den Preisträger gewandt.
„Die Wahl war kurz und gut, aber dahinter liegt ein langer Weg“, beschrieb Laudator Adolf Muschg die diesjährige Entscheidung der Preisjury unter dem Vorsitz von Prof. Birgit Lermen. Der Schweizer Schriftsteller nannte Rübner einen „Dichter deutscher Sprache, der für die Unvergangenheit einer deutsch-jüdischen Verbindung steht.“
In seiner Laudatio ging Muschg auf das große Verdienst ein, das sich jüdische Autoren zu Beginn des 20. Jahrhunderts um die deutsche Literatur erworben haben: Er nannte unter anderen Franz Kafka, Arthur Schnitzler und Else Lasker-Schüler. Die Preisverleihung an Tuvia Rübner müsse daher auch Anlass sein, um daran zu erinnern, was die Deutschen unter Hitler nicht nur den Juden, Europa und der Welt, sondern zuerst sich selbst angetan haben, so Muschg: „Eine beispiellose Vernichtung der eigenen Werte.“
Dichtern wie Rübner sei es zu verdanken, dass die Menschen deutscher Sprache den Diskurs über ihre Schuld nicht „ausweglos provinziell führen müssten“, so Muschg weiter: „Rübner hat der deutschen Sprache Wort gehalten. Er ist nicht einmal von ihr abgefallen, als sie zum Abfall eines deutschen Reiches wurde, das ihn selbst zum Abfall werfen wollte.“
Der Preisträger, welcher der Feierstunde zusammen mit seiner Frau Galila und seiner Tochter Miriam beiwohnte, ging in seiner Dankrede auf die zahlreichen Paradoxa ein, die sein Leben prägen. Dafür stehe auch der Ort der Preisverleihung, die Goethestadt Weimar, in ihrer unmittelbaren Nähe zum Konzentrationslager Buchenwald. Rübner verwies auf sein jüngstes Buch, das aus dem Hebräischen übersetzt den Titel „Widersprüchliche Gedichte“ trägt. Es sei von der Erkenntnis geleitet, dass es „im Gegensätzlichen und Widersprüchlichen ein Gemeinsames“ gebe. Im beschleunigten Zeitgefüge der modernen Welt sei das Paradox „das Zirpen einer Geisteshaltung, die sich einer jahrhundertelangen Tradition erinnert, aber unnachgiebig bleibt gegenüber dem sich ausbreitenden Primitivismus.“
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