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Was ist Linksextremismus?

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Der politische Richtungsbegriff „links“ geht auf die im Zuge der Französischen Revolution seit 1789 entstandene Rechts-Links-Unterscheidung zurück. Ihr lag ursprünglich der Konflikt zwischen den Legitimitätsprinzipien der königlichen Souveränität und der Volkssouveränität zugrunde. In den folgenden Jahrhunderten haben sich die Grenzen zwischen „Linker“ und „Rechter“ zwar vielfach verwischt. Doch kommt in der Unterscheidung auch heute noch eine Konfliktlinie zum Ausdruck, die mit dem Prinzip der Gleichheit verbunden ist. Linke sind einem egalitären, auf den Abbau von (vor allem sozialen und ökonomischen) Ungleichheiten gerichteten Politikentwurf verpflichtet.

Linksextremismus meint demnach radikal auf die Gleichheit von Menschen ausgerichtete Formen des politischen Extremismus. Von Bedeutung sind in diesem Zusammenhang insbesondere zwei politische Ideenströmungen: Kommunismus und Anarchismus. Beiden Strömungen ist, neben ihrer radikal-egalitären Orientierung, die Überzeugung gemein, dass ein Sprung aus der bisherigen Geschichte in eine gänzlich neue Gesellschaft der Freien und Gleichen möglich sei. Der Anarchismus zielt auf Herrschaftslosigkeit, die Befreiung von allen Zwängen, scheut umfassend-systematische Theoriebildung und sieht in jeder Form komplexer Organisation (und Staatlichkeit) eine repressive Gefahr. Der Kommunismus strebt nach einer „klassenlosen Gesellschaft“, macht den Akt der Befreiung in erster Linie von der Überwindung sozial-ökonomischer Strukturen abhängig, ist stark theorieorientiert und setzt in seiner Revolutionsstrategie auf langfristige Planung und organisatorische Bündelung.

In der Realität gibt es zwischen diesen beiden Strömungen vielfältige Übergangs- und Mischformen, sodass sich eine Abgrenzung oft als schwierig erweist. Zudem legt eine Vielfalt politischer Gruppierungen Begriffe in spezifischer Weise aus. Jemand kann radikal-linke Ideen verfolgen und sich doch innerhalb der Grenzen des demokratischen Verfassungsstaates und seiner Minimalbedingungen bewegen. Es gibt jedoch eine Reihe von Eigenheiten, die aus einer demokratisch-politischen Linken eine extremistische machen:

  1. Dazu gehört erstens die Behauptung, die eigene politische Analyse sei unanfechtbar richtig und moralisch anderen Politikideen überlegen. Daraus leiten Extremisten die Befugnis ab, sie mit jedem Mittel durchzusetzen. Sie werden dann auch bereit sein, für die Durchsetzung angeblich sozial gerechter Ziele eine Diktatur und die Verletzung von Freiheitsrechten (wie z. B. auf Kuba) in Kauf zu nehmen.
  2. Zweitens sehen linke Extremisten und Extremistinnen die Welt in einem Schwarz-Weiß-Schema. So erscheinen die USA meist als imperialistische Ausbeuter und Unterdrücker; die jahrhundertealte Demokratie des Landes wird nur über ihre Schattenseiten und Schwächen wahrgenommen.
  3. Drittens neigen Linksextremisten und Linksextremistinnen dazu, die Welt an einem utopischen Maßstab zu beurteilen, dem keine Regierung und keine Politik jemals nahekommen kann: Die Realität erscheint aus dieser Perspektive immer grenzenlos schlecht.
  4. Und schließlich behaupten manche Linksextremisten und Linksextremistinnen, den Ablauf der Geschichte „wissenschaftlich“ voraussagen zu können. Aus diesem angeblichen Wissen leiten sie den Anspruch ab, die Welt auch gegen Widerstand nach ihren Vorstellungen zu gestalten.

Gute Absichten allein garantieren aber nicht die gute Tat. Ohne Respekt vor abweichenden Interessen, Meinungen und Überzeugungen der anderen wird eine Regierung tyrannisch. Kein noch so großes Zukunftsziel kann die Zerstörung des Glücks der in der Gegenwart Lebenden rechtfertigen. Wer politische Experimente durchführen will, muss dies in verantwortlicher, die Folgen seines Handelns bedenkender Weise tun. Eine Politik der kleinen, tastenden Schritte ist „dem großen Sprung nach vorn“ (siehe auch Falsche Vorbilder: Mao Tse-tung) vorzuziehen, weil niemand genau wissen kann, wohin der große Sprung führt, und kleine Fehltritte meist leichter zu korrigieren sind als große.

Linksextremismus ist in der Regel eine Bezeichnung für Erscheinungsformen, von denen man sich abgrenzt, in denen man eine Gefahr sieht und vor denen man folglich warnt. Die so benannten Personen, Gruppen und Organisationen akzeptieren diese Etikettierung meist nicht, ziehen ihre Triftigkeit und meist auch die Maßstäbe der Bewertung in Zweifel. Sie behaupten daher oft, es handele sich in erster Linie um einen Kampfbegriff mit dem Ziel der Stigmatisierung und Ausgrenzung missliebiger politischer Gegner.

Wird der Begriff Linksextremismus im Rahmen wissenschaftlicher Analyse gebraucht, ist es erforderlich, die ihm zugrunde liegenden Wertmaßstäbe offenzulegen und für andere nachvollziehbar zu machen. Die beiden Wortbestandteile, „links“ und „Extremismus“, bedürfen einer genauen Eingrenzung. Diese beginnt sinnvollerweise mit dem Gattungsbegriff Extremismus. Anschließend kann geklärt werden, welche Teilmenge der Extremismen mit dem spezifizierenden Eigenschaftswort „links“ erfasst wird und wie diese sich vom Rest unterscheiden lässt.

 

Uwe Backes

 

Lesetipps:

  • Uwe Backes, Extremistische Ideologien, in: Eckhard Jesse/Tom Mannewitz (Hrsg.), Extremismusforschung. Handbuch für Wissenschaft und Praxis, Baden-Baden 2018.
  • Tom Mannewitz/Tom Thieme, Gegen das System. Linker Extremismus in Deutschland, Bonn 2020.
  • Armin Pfahl-Traughber, Linksextremismus in Deutschland. Eine kritische Bestandsaufnahme, 2. Aufl., Wiesbaden 2020.

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Felix Neumann

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Counter-extremism and counter-terrorism

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