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Bausteine rechtsextremer Weltbilder

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Auch Rechtsextremisten haben Grundüberzeugungen, die sie für ewig wahre „Werte“ halten. Diese begründen und steuern ihre politischen Strategien und Forderungen. Zusammengenommen ergeben sie ein Weltbild, das sich wie bei allen Extremisten dadurch auszeichnet, dass es nicht mehr kritisiert werden soll, alles zu erklären beansprucht und eine einfache Orientierung in der komplizierten Wirklichkeit verspricht.

Beim Rechtsextremismus kann man nicht von einer logisch konstruierten und in sich widerspruchsfreien Ideologie sprechen. Rechtsextremismus ist kein einheitliches Phänomen; seine verschiedenen Strömungen haben sich aus dem Fundus der europäischen Geistesgeschichte bedient und daraus ein eher unsystematisches Weltbild zusammengezimmert.

Der neonazistische Rechtsextremismus orientiert sich recht deutlich an den Grundüberzeugungen des historischen Nationalsozialismus. Diese wiederum beruhten im Wesentlichen auf persönlichen Erfahrungen und Überzeugungen, die Adolf Hitler in „Mein Kampf“ verschriftlicht hatte. Dessen Inhalt ergibt keine überzeugend logische Ideologie, aber er ist deshalb nicht weniger gefährlich. Auch unsystematische Weltbilder sollte man ernst nehmen, wenn sie die Grundlage zunächst für politische Programme und anschließend für deren Verwirklichung bilden. Schon in der 1920er Jahren wäre es besser gewesen, den Inhalt von „Mein Kampf“ nicht bloß als törichtes Geschwätz abzutun, sondern sich die Folgen einer Umsetzung vor Augen zu führen.

Eine Reihe von neueren Strömungen im Rechtsextremismus vermeidet augenscheinliche Bezugnahmen auf den Nationalsozialismus. Das zentrale Motiv von Rechtsextremisten, die rechtliche Gleichheit von Menschen und damit ihre naturrechtlich begründete Würde als Individuen zu leugnen, wird nicht mehr rassistisch, selbst nicht mehr ethnisch begründet. Stattdessen ist die Rede von kulturellen und historisch gewachsenen Unterschieden. Die mag es geben – wer aber die Argumentationsmuster geschickt vorgehender Rechtsextremisten hinterfragt, wird nicht die Akzeptanz kultureller Vielfalt dahinter entdecken, sondern den Versuch einer nur vermeintlich harmlosen „kulturalistischen“ Abwertung.

 

Rudolf van Hüllen

 

Lesetipps:

  • Barbara Zehnpfennig, Adolf Hitler: Mein Kampf. Studienkommentar, München 2011.

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Felix Neumann

Felix Neumann

Counter-extremism and counter-terrorism

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