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Rechtsextremismus im Fußball

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Das Zeigen von Bannern mit rechtsextremen Inhalten und Symbolen, das Tragen einschlägiger Kleidermarken und -aufschriften sowie offene rassistische Beleidigungen von Spielern und Spielerinnen aufgrund ihrer Herkunft und Hautfarbe spielen sich immer wieder in deutschen Fußballstadien ab. Wenngleich sie von ihrer Anzahl her die Ausnahme bleiben, gehören sie zum Fußballalltag – egal ob in den Fankurven oder in den Vereinen selbst. Niveau und Intensität variieren sowohl ortsabhängig als auch innerhalb der Stadien.

Die Gründe für die Anfälligkeit des Fußballs – insbesondere der Hooliganszene – für rechtsextreme Tendenzen sind vielfältig. Vor allem Freund-Feind-Stereotype, aufgrund homogen wahrgenommener zu „Ihrem Verein“ stehenden Anhängergruppen, das Faustrecht im Hooliganismus sowie das traditionelle Männlichkeitsbild von Härte und Durchsetzungskraft, geben Anschluss an rechtsextreme Ideologien und Dogmen wie dem Sozialdarwinismus. Gleiches gilt für die ausgeprägte Gewaltbereitschaft. Hinzu kommen Gruppendynamiken und das Stadion als Ort verspürter Anonymität und ungehemmter Emotionalität, was es vereinfacht, rechtsextreme Meinungen nach außen zu tragen. Das vermeintlich Unpolitische steht dabei zunächst im Vordergrund. Unter dem Deckmantel des Rechts auf freie Meinungsäußerung werden jedoch rechtsextreme Parolen und Symbole in die Stadien transportiert, öffentlichkeitswirksam zur Schau gestellt und als Protest gegen das „System“ gebündelt. Diese Problematik wurde in den zurückliegenden Jahren von Vereinen und Verbänden – aber auch von zahlreichen Faninitiativen – verstärkt wahrgenommen. Neben der Verbreitung rechtsextremer Ideologien in Stadien rücken hier ebenfalls personelle sowie strukturelle Überschneidungen in den Fokus, um rechtsextremes Gedankengut aus den Stadien fernzuhalten und Imageschäden vom eigenen Verein abzuwenden.

Ein bloßes Schubladendenken, welches Hooligans mit Rechtsextremisten gleichsetzt, greift jedoch bei Weitem zu kurz. So vielfältig, wie die Stadionbesucher und
-besucherinnen selbst mit Blick auf ihre sozialen Eigenschaften und ihre Herkunft aus den unterschiedlichsten sozialen Milieus, so ausdifferenziert „von links bis rechts“ ist auch die Fankultur in Deutschland. Neben dieser Bandbreite gilt es gleichermaßen, den nicht unerheblichen Unterschied zwischen dem Profifußball und dem Amateurbereich zu berücksichtigen. So stellt sich die Gemengelage im Amateurfußball sehr viel komplexer dar. Dies zeigt sich nicht nur im ortsabhängigen Lagebild, sondern ebenso in den Reaktionen der Verantwortlichen, der generellen Nachverfolgung sowie der Erfassung rechtsextremistischer Vorfälle. Demgegenüber ist der Profifußball zwar besser zu erfassen und die Fanszenen sind einfacher zu beobachten. Jedoch gibt es gerade aufgrund des größeren medialen Interesses ein verstärktes Bestreben von rechtsextremer Gruppen, Fankulturen zu unterwandern.    

Grundsätzlich wird im Fußball auf zwei Arten gegen Rechtsextremismus vorgegangen. Zum einen setzen vor allem Profivereine verstärkt auf Präventionsmaßnahmen. Dabei geht es um die Sensibilisierung der eigenen Fanszene für die Thematik, aber auch um Bildung sowie Bewusstseinsschaffung, welche beispielsweise durch Aktionsspieltage, Workshops oder Vereinsfahrten zu NS-Gedenkstätten und – Erinnerungsorten gewährleistet wird.  Zum anderen erfolgt über die Intervention eine Sanktionierung rechtsextremistischer Stadionvorfälle. Hierbei stehen nicht nur den Vereinen selbst Sanktionsmöglichkeiten zu, sondern jene sind ebenso über Sportgerichte möglich.  So können zum Beispiel Fanclubs nicht offiziell durch den Verein anerkannt werden oder Stadionverbote beim Tragen einschlägiger Kleidung und Aufschriften verhängt werden.  

In den letzten Jahren ließ sich kein statistischer Anstieg aktenkundig gewordenen rechtsextremer und rassistischer Vorfälle in den Stadien feststellen. Ebenso wird ersichtlich, dass die deutsche Fanszene nicht per se fremdenfeindlich oder rassistisch ist. Denn entsprechende Äußerungen werden meist durch einzelne Gruppen oder Personen in die Stadien getragen. Durch die zunehmend stärkere Beobachtung und Sanktionierung sind Verlagerungen rechtsextremer Tendenzen aus dem Stadion hinaus in sogenannte Mischszenen (wie die An- und Abfahrtswege zu den Stadien sowie Fankneipen) oder in andere – weniger regulierte und unter Beobachtung stehende – Sportarten, wie dem Kampfsport festzustellen. Dies zeigt: Das zunehmende Engagement der Vereine, der Fanbeauftragten und Fanprojekte, aber auch des Deutschen Fußballbundes (DFB) zeigen Wirkung. Obschon das Vorgehen gegen Rechtsextremismus im Fußball spürbar wird, bleibt immer ein Gefährdungspotenzial bestehen. Somit bleibt auch zukünftig die Aufgabe aller Verantwortlichen erhalten, den eingeschlagenen Weg über Auszeichnungen für Fanprojekte wie dem Julius Hirsch Preis des DFB aber auch mit Hilfe von Integrationskonzepten, Aufklärungsbroschüren und Workshops/Fachtagungen beispielsweise zu rechtsextremen Codes weiterzuverfolgen, um für dieses Thema zu sensibilisieren, einen Erfahrungsaustausch zwischen den Vereinen anzustoßen und vor allem bei rechtsextremistischen Vorfällen in Stadien oder im Umfeld der Stadien unmissverständlich zu reagieren. Dabei gilt, dass der Fußball nicht allein rechtsextreme Tendenzen aufarbeiten kann, sondern dass diese Auseinandersetzung gesamtgesellschaftlich zu führen und zu unterstützen ist.  

Am wirksamsten und effektivsten gegen Rechtsextremismus im Fußball ist dabei eine kontinuierliche, konstruktive und vernetzte Zusammenarbeit. Dazu müssen Kampagnen sowie Öffentlichkeitsarbeit, aber auch pädagogische Ansätze, Bildungsarbeit und eine Sanktionierung einschlägiger Handlungen ineinandergreifen. Maßnahmen, die an der Basis durch die Fans entstehen und dann durch die Vereine aufgegriffen und unterstützt werden, sind dafür besonders geeignet.

– Erik Schlegel

 

Lesetipps

  • Ronny Blaschke, Angriff von Rechtsaußen. Wie Neonazis den Fußball missbrauchen, Göttingen 2011.
  • Robert Claus, Hooligans. Eine Welt zwischen Fußball, Gewalt und Politik, 3. Auflage, Göttingen 2021.
  • Daniel Duben, Strategien gegen Rechtsextremismus im Fußballstadion, Frankfurt am Main 2015.

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Felix Neumann

Felix Neumann

Counter-extremism and counter-terrorism

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