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Die Gruppe der Frauen in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
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Vor dem Hintergrund des anhaltend niedrigen Frauenanteils unter den Parlamentariern der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gründeten die weiblichen Abgeordneten 1980 die Gruppe der Frauen als gemeinsames Netzwerk der Christdemokratinnen im Deutschen Bundestag.
☛ Gründung
☛ Debatte um das Betreuungsgeld
Gründung – „Gemeinsam sind wir stärker“
Frauen stellten zu Beginn der 1980er Jahre – und auch heute noch – im Deutschen Bundestag eine Minderheit dar. So lag der Anteil der Parlamentarierinnen damals bei 8,5 Prozent, der Anteil der Christdemokratinnen im Bundestag lag mit 7,6 Prozent noch darunter. Vor diesem Hintergrund gründeten die Frauen der CDU/CSU Bundestagsfraktion im Jahr 1980 aus einem sich zuvor informell regelmäßig treffenden Gremium die Gruppe der Frauen. Die Gruppe erhielt den Status einer offiziellen Arbeitsgruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Für die weiblichen Mitglieder der Fraktion stellt die Gruppe der Frauen ein erstes Netzwerk, für Ingrid Fischbach sogar eine „Hausmacht“ im Parlament dar. Ziel ist eine bessere Vernetzung der weiblichen Angehörigen des Parlaments und die Möglichkeit, weibliche Interessen bei allen politischen Weichenstellungen und Gruppierungen einzubringen.
Aufgabenprofil – „Es gibt keine Probleme der Frau, die nicht auch zugleich Probleme der jeweiligen Gesellschaft wären.“ (Helga Wex)
Der Arbeitsschwerpunkt der Gruppe der Frauen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion liegt in tagespolitischen Fragen. Laut Pawelski grenzt dies die Gruppe der Frauen auch maßgeblich von der Frauenunion ab, die sich vor allem mit grundsätzlicheren Themen befassen würde. Trotz der unterschiedlichen Gewichtung besteht eine enge Zusammenarbeit der beiden Gruppen. Die Vorsitzenden sind im jeweils anderen Gremium kooptiertes Mitglied und nehmen somit regelmäßig an den Sitzungen teil. Pawelski beschreibt die Zusammenarbeit als ein „Zuschieben der Bälle“ und ein „Spiel über Bande“. Denn schließlich arbeite man an den gleichen Themen.
Die Arbeit der Gruppe der Frauen verfolgt einen Querschnittsansatz und soll daher überall bei der Meinungsfindung berücksichtig werden. Dabei betont Fischbach die Wichtigkeit der weiblichen Sicht auf Sachverhalte, um Probleme besser und nachhaltiger lösen zu können. Neben der Vertretung weiblicher Interessen bei der Gesetzgebung gehört auch die Kontaktpflege mit frauen- und familienpolitischen Organisationen sowie Öffentlichkeitsarbeit zum Aufgabenprofil. Auch klassische frauen- und familienpolitische Themen stehen für die Gruppe der Frauen auf der Agenda, wie der Kampf um Gleichberechtigung und die Modernisierung des Frauen- und Familienbildes, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die Wahlfreiheit der Frau in Bezug auf die persönliche Lebensgestaltung.
Entscheidend mitgewirkt hat die Gruppe der Frauen bei den Gesetzesvorhaben zum Bundeserziehungsgeld, zum Ehescheidungsfolgenrecht, dem Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeitengesetz sowie bei der Rentenreform. In der seit Beginn der 1990er Jahre laufenden Debatte um die Einführung von Quoten in Politik und Wirtschaft positionierte sich die Gruppe der Frauen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion immer klar auf der Seite der Befürworterinnen und Befürworter. So auch bei der Diskussion um eine parteiinterne Quote, aber auch mit der sog. Berliner Erklärung von 2011, „einer partei-, wirtschafts- und politikübergreifenden Petition zur Befürwortung einer Quote in der Wirtschaft.“ Tagespolitische Diskussionen um Themen wie Krippenausbau oder Frauen im Arbeitsmarkt wurden von der Gruppe der Frauen maßgeblich mitgestaltet. Aber auch in der Debatte um das Betreuungsgeld hatte deren Stimme großen Einfluss.
Debatte um das Betreuungsgeld – „Die neue Macht der Frauen“
In der Debatte um das Betreuungsgeld wurde vor allem darüber diskutiert, ob dieses als Barzahlung, Gutschein, für die Rente, für berufliche Wiedereingliederungsmaßnahmen oder für die Bildung der Kinder ausgezahlt werden sollte. Bereits im März 2010 hatte die Gruppe der Frauen mehrere Veranstaltungen zu diesem Thema abgehalten und war schließlich in einer geheimen Abstimmung zu dem Ergebnis gekommen, dass es der beste Weg sei, das Betreuungsgeld in Form von Gutscheinen auszugeben. Diesen Entschluss teilte die damalige Vorsitzende Rita Pawelski schließlich sowohl dem Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder als auch Bundeskanzlerin Angela Merkel mit.
Die Fraktion stimmte jedoch mehrheitlich für eine Barauszahlung des Betreuungsgeldes. Hierauf kam es in einer der nächsten Fraktionssitzungen zu einem offenen Schlagabtausch zwischen der Gruppe der Frauen und Kauder, der die Barauszahlung des Betreuungsgeldes verteidigte. Durch die Drohung Pawelskis, sich bei Vorlage eines Gesetzentwurfes, der eine Barauszahlung vorsah, mit Nein zu stimmen, wurde der Frieden in der Koalition gefährdet. Die Diskussion wurde nun auch in der Öffentlichkeit ausgetragen. Um den Fraktionsfrieden wiederherzustellen, lud Kauder die Gruppe der Frauen schließlich zu einem Versöhnungsgespräch ein. „Am Verhalten der CDU-Frauen, insbesondere der Vorsitzenden Rita Pawelski mit ihrer öffentlichen Verkündung, gegen eine Barauszahlung stimmen zu wollen, zeigte sich die Einflussstärke der Frauen”, urteilte die Historikerin Ina vom Hofe. So war es kein Bundesminister, der für Konfliktpotential innerhalb der Fraktion, der Partei und der Koalition sorgte, sondern allein die Frauen gaben mit dem starken Willen, ihre Ideen zu verwirklichen, den Anstoß zur Diskussion. In der finalen Ausgestaltung des Gesetzes zeigte sich der erfolgreiche Einsatz der Frauen: So wurden die aus der FU und der Gruppe der Frauen stammenden Vorschläge einer Wahlmöglichkeit zwischen Barauszahlung und Rentenvorsorgeleistung sowie die Berücksichtigung von Erziehungszeiten bei Müttern, die vor 1992 Kinder bekommen hatten, einbezogen. Insbesondere in der Betreuungsgelddebatte konnte also zu Recht von einer „neuen Macht der Frauen“ gesprochen werden.
Julia Kraweczinski
Liste der Vorsitzenden seit 1980
1980–1986 Roswitha Verhülsdonk
1986–1994 Ursula Männle
1994–2000 Bärbel Sothmann
2000–2005 Annette Widmann-Mauz
2005–2007 Ursula Heinen-Esser
2007–2009 Ingrid Fischbach
2009–2013 Rita Pawelski
2013–2018 Karin Maag
2018–2021 Yvonne Magwas
Seit 2021 Mechthild Heil
Literatur
- Behrendt-Weiß, Beate: Gesichte der Frauen Union der CDU, in: https://www.frauenunion.de/sites/www.frauenunion.de/files/downloads/chronik_zur_geschichte_der_fu_1948-2001.pdf, zuletzt abgerufen am 06.11.2023.
- Böhmer, Maria: Gender mainstreaming: Frauenpolitik als Querschnittsaufgabe, in: CDU/CSU Fraktion im Deutschen Bundestag, Gruppe der Frauen: 20 Jahre Gruppe der Frauen, S. 11-12.
- Die Gruppe der Frauen stellt sich vor, in: Gruppe der Frauen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion (Hg.) 1980–1990, 10 Jahre Politik von Frauen für Frauen.
- Dregger, Alfred: Grußwort zum zehnjährigen Bestehen der Gruppe der Frauen der CDU/CSU-Fraktion des Deutschen Bundestages, in: Gruppe der Frauen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion (Hg.) 1980–1990, 10 Jahre Politik von Frauen für Frauen.
- Fischbach, Ingrid: Vieles erreicht, noch lange nicht am Ziel, in: Neuss, Beate/Neubert, Hildigund (Hg.): Mut zur Verantwortung, Frauen gestalten die Politik der CDU. Köln/Weimar/Wien 2013, S. 563–572.
- Grußwort des Vorsitzenden der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag Dr. Wolfgang Bötsch MdB anlässlich des 10jährigen Bestehens der Gruppe der Frauen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, in: Gruppe der Frauen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion (Hg.) 1980–1990, 10 Jahre Politik von Frauen für Frauen.
- Heinen-Esser, Ursula: Solidarität und Freiheit sind für mein Handeln ausschlaggebend, in: Neuss, Beate/Neubert, Hildigund (Hg.): Mut zur Verantwortung, Frauen gestalten die Politik der CDU. Köln/Weimar/Wien 2013, S.643–650.
- Hofe, Ina vom: Die Frauenpolitik der CDU, Traditionen – Entwicklungen – Einflüsse 1945 bis 2013. Sankt Augustin/Berlin 2017.
- Kleinmann, Hans-Otto: Geschichte der CDU 1945–1982. Stuttgart 1993.
- Männle, Ursula: Frauengruppe – Lobby für Frauen, in: CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag: Argumente, Kompetent Zukunft gestalten, Beiträge der „Gruppe der Frauen“ in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu aktuellen Themen. Bonn 1993, S. 7.
- Merz, Friedrich: Grußwort, in: CDU/CSU Fraktion im Deutschen Bundestag, Gruppe der Frauen: 20 Jahre Gruppe der Frauen, S. 4.
- Pawelski, Rita: Geht nicht, gibt´s nicht, in: Neuss, Beate/Neubert, Hildigund (Hg.): Mut zur Verantwortung. Frauen gestalten die Politik der CDU. Köln/Weimar/Wien 2013, S. 429–439.
- Sothmann, Bärbel: Gemeinsam sind wir stärker, in: CDU/CSU Fraktion im Deutschen Bundestag: Dokumente, Gemeinsam sind wir stärker, 15 Jahre Gruppe der Frauen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, S.7–8.
- Süssmuth, Rita: Netz knüpfen: Zwei Jahrzehnte Verantwortung, in: CDU/CSU Fraktion im Deutschen Bundestag, Gruppe der Frauen: 20 Jahre Gruppe der Frauen, S. 8–9.