Reportajes internacionales
Nur in wenigen mexikanischen Zeitungen hat es dann das Wahlergebnis in Deutschland auf die Titelseiten geschafft, zumal nur wenige über eigene Korrespondenten in Berlin verfügen und auf die Agenturmeldungen von AFP, efe und Reuters zurückgreifen mussten. Eine dieser Ausnahmen ist El Universal, der ein Farbbild der Kanzlerin mit der Aussage unterlegt: „Merkel verabschiedet sich vom Sozialismus“. Darunter heißt es dann, sie bilde nun die Regierung mit „der Rechten“, dem Partner, den sie immer gewollt habe.
Den breitesten Raum nimmt die Berichterstattung über die Wahl in Deutschland in der spanischen Zeitung El País ein, die in Mexiko mit einer eigenen Ausgabe erscheint und fast die gesamten ersten fünf Seiten dem Ereignis in Deutschland widmet. Wie bei der Orientierung des Blattes nicht anders zu erwarten, bezieht sich der Aufmacher auf der Titelseite auf den „Ruck nach rechts“, den das Wahlergebnis angeblich darstellt.
Im Kommentar wird dann auf einen Aspekt hingewiesen, der über den Wahltag hinausweist: die historisch geringe Wahlbeteiligung. Der „Schmusekurs“ der beiden großen, durchgehalten bis zum Wahltag selbst und dokumentiert in einer Kampagne ohne Polarisierungen, habe dazu einen Beitrag geleistet und die kleinen Parteien gestärkt. Im Inneren des Blattes hebt der Leitartikel unter der Überschrift „Liberale Wendung“ den besonderen und persönlichen Erfolg von Bundeskanzlerin Angela Merkel hervor. Der Wahltriumph sei nicht zuletzt ihrer Fähigkeit zu verdanken, sich in der Mitte zu positionieren und diesen Raum sowohl in der Partei als auch in der Regierung auszufüllen. Die große Koalition gehe mit einer positiven Reformbilanz in die Geschichte ein, so der Kommentator.
Keine Unbekannte
Merkel ist den Mexikanern ganz und gar keine Unbekannte, nicht erst seit ihrem Besuch im vergangenen Jahr. Ihre Rolle auf der internationalen Bühne – etwa in der Präsidentschaft von G8 und Europäischer Union, aber auch bei den jüngsten Gipfeltreffen – erfährt durchaus breite und positive Aufmerksamkeit. Gerade die kontinentaleuropäischen Vorstellungen zu den Konsequenzen aus der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise spielen dabei eine Rolle, zumal der G20-Gipfel in Pittsburgh fast parallel mit der Bundestagswahl stattfand. Hier waren die Vorstellungen von Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy breit diskutiert worden. Mexiko selbst allerdings – das wurde von Kommentatoren durchaus kritisch vermerkt – spielte bei diesen Debatte keine signifikante Rolle.
Entsprechend wird jetzt auch der Wahlsieg in diese persönliche Erfolgsbilanz Angela Merkels eingeordnet. In Fachkreisen wird sie zudem mit einer engagierten Klimapolitik in Verbindung gebracht – ganz im Einklang mit entsprechenden Vorschlägen von Mexikos Präsident Felipe Calderón für den bevorstehenden Klimagipfel in Kopenhagen.
Mit einer eindeutigen politischen Zuordnung ihrer Person aber hat man in Mexiko so seine Schwierigkeiten, insbesondere wenn man ihre Politik mit dem Etikett „konservativ“ verbindet, das den Unionsparteien allgemein angeklebt wird. Die Verwirrung steigert sich noch, wenn etwa Reforma am Samstag vor der Wahl titelte: „Morgen sucht die Konservative die Wiederwahl nach dem Erfolg ihres sozialdemokratischen Stils“.
In allen Medien wird allerdings auch darauf hingewiesen, dass gerade die beiden großen Volksparteien die schlechtesten Ergebnisse in der Nachkriegszeit hinnehmen mussten – von einem „Niedergang“ ist die Rede – wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß und mit unterschiedlichen Konsequenzen. Dass dabei die Popularität einer Spitzenkandidatin oder eines Spitzenkandidaten sich nicht unbedingt in Wählerstimmen für die jeweilige Partei niederschlägt, diese Erfahrung musste auch die Partnerpartei der CDU in Mexiko - die PAN – ei den Parlamentswahlen im vergangenen Juli machen.
Und Lateinamerika?
Gefragt nach den Veränderungen, die nun nach einem Regierungswechsel auf Deutschland zukommen, zitieren die mexikanischen Medien deutsche Experten wie den Politologen Gero Neugebauer, alle mit der Grundtendenz: „Nicht viele!“
Nur einen Seitenblick werfen die Zeitungen in Mexiko dabei auf das Verhältnis von Deutschland und Lateinamerika. Immerhin „konkurriert“ das Thema mit dem Ende des lateinamerikanisch-afrikanischen „Süd-Süd-Gipfels“ in Caracas, bei dem nicht zuletzt der venezoelanische Staatschef Hugo Chavez und Lybiens Regierungschef Muammar Gaddafi von neuen Allianzen sprachen. Auch dominiert nach wie vor der Konflikt in Honduras die internationale Berichterstattung. Entsprechend sucht man auch Äußerungen mexikanischer Politiker zum Wahlausgang und Wahlpanorama in Deutschland vergebens.
In Reforma etwa wird Eberhard Sandschneider von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik dahingehend zitiert, dass vom Regierungswechsel keine neuen Weichenstellungen in der deutschen Außenpolitik zu erwarten seien, schon gar nicht bezüglich Lateinamerika: Lateinamerika sei kein „global player“ und entsprechend wenig könnte man mit dem Halbkontinent gemeinsam anfangen.
Angesprochen – soviel zum Thema Fokus von Medienberichterstattung – wurde Sandschneider beim gleichen Interview auch auf die Homosexualität des wahrscheinlichen zukünftigen deutschen Außenministers. Diese, so wird der Experte zitiert, stelle kein Problem für die Außenbeziehungen Deutschlands dar. Solche Befürchtungen habe es ja auch 2005 – etwa mit Blick auf die arabischen Länder – bei der Wahl einer Frau an die deutsche Regierungsspitze gegeben – völlig unbegründet, wie sich schnell gezeigt habe.
Gute Stimmung in der Botschaft
Gute Stimmung herrschte bei der Wahlparty der Deutschen Botschaft in Mexiko, zu der Botschafter Dr. Roland Wegener die deutsche Community und mexikanische Freunde eingeladen hatte. Die Berichterstattung der Deutschen Welle - gestützt auf die Analysen von infratest-dimap – bildete dabei den Hintergrund der Diskussionen. Einmal mehr allerdings konnte es der Sender nicht lassen, die Union gerade in der fremdsprachigen Berichterstattung immer unter „die Konservativen“ zu subsumieren, während man bei der SPD nie Probleme hat, einfach von „den Sozialdemokraten“ zu sprechen. Auch mit Semantik wird eben nicht selten eine politische Botschaft transportiert.
Dass die Ergebnisse bei den Anwesenden unterschiedlich aufgenommen wurden, liegt in der Natur der Sache. Ein Wahllotto brachte eine recht genaue Annäherung an das tatsächliche Endergebnis. Allerdings waren hier die Volksparteien etwas stärker als im tatsächlichen Ergebnis erwartet worden, die kleineren Parteien – vor allem die Linke – etwas schwächer.
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Sobre esta serie
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