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Reportajes internacionales

Sozialdemokrat Zoran Milanović wird mit großer Mehrheit als Präsident Kroatiens wiedergewählt

de Jakov Devčić, Marko Prusina, Juro Avgustinović, Björn Emig

Mit einem historisch guten Ergebnis sichert sich Präsident Zoran Milanović eine zweite Amtszeit. Die Kohabitation mit Andrej Plenković geht in eine zweite Runde.

Am 12. Januar 2025 fand der zweite Wahlgang der Präsidentschaftswahl in Kroatien statt, bei der insgesamt 3.769.000 Bürger wahlberechtigt waren. Es war die insgesamt achte Präsidentschaftswahl in Kroatien, die sechste nach der Abschaffung des präsidialen Systems. Zoran Milanović setzte sich mit 74,68 % der Stimmen gegen den HDZ-Kandidaten Dragan Primorac durch, der 25,32 % der Stimmen auf sich vereinen konnte.

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Die Stichwahl

Nach der ersten Runde der Präsidentschaftswahl in Kroatien, die am 29. Dezember 2024 stattfand und bei der der amtierende Präsident Zoran Milanović den höchsten Stimmenanteil (49,09 %) erzielte, fand am 12. Januar 2025 die zweite Runde der Wahlen statt. Dabei erhielt Zoran Milanović (unterstützt von der SDP und ihren Partnern) 74,68 % der Stimmen, während Dragan Primorac (unterstützt von der HDZ und ihren Partnern) 25,32 % der Stimmen errang. An diesen Präsidentschaftswahlen waren insgesamt 3.769.000 Bürger wahlberechtigt. Nach Angaben der Staatlichen Wahlkommission (DIP) lag die Wahlbeteiligung in der zweiten Runde bei 44,18 % und war damit niedriger als zwei Wochen zuvor (46,03 %). Zwar ist der Sieg des Amtsinhabers wenig überraschend. Doch hat die Deutlichkeit des Ergebnisses viele Beobachter in Zagreb verwundert. Zoran Milanović unterstrich bei seiner Siegesrede, dass die Regierung die größte Verantwortung für die Lage im Land trage und dass das starke Ergebnis nicht als ausschließliche Unterstützung für ihn zu verstehen sei. Niemand im Land habe eine Unterstützung von mehr als 70 Prozent. Das Ergebnis sei daher vielmehr eine Botschaft der Wählerinnen und Wähler an die Regierung. Der Ministerpräsident Kroatiens und Vorsitzende der Regierungspartei HDZ, Andrej Plenković, sagte am Wahlabend, dass die HDZ das Wahlergebnis zur Kenntnis nehme. Er gratulierte dem Wahlsieger allerdings nicht und verwies dabei auf Milanovićs ausgebliebene Gratulation an ihn bei der Parlamentswahl im letzten Jahr. Es wird erwartet, dass Staatspräsident und Ministerpräsident ihre bisherige von Spannungen und gegenseitigen Beschuldigungen geprägte Kohabitation auch in den nächsten Jahren fortsetzen werden.   

 

Der Präsident

Zoran Milanović ist seit 2020 Präsident Kroatiens und ehemaliger Ministerpräsident des Landes (2011-2016). Er wurde 1966 in Zagreb geboren, absolvierte ein Jurastudium und trat in den diplomatischen Dienst ein. Von 2007 bis 2016 war er Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Kroatiens (SDP). Die politischen Botschaften des Präsidenten polarisieren den öffentlichen Diskurs. Sein hemdsärmeliger Stil und die populistische Kritik an politischen Gegnern, insbesondere der HDZ und Ministerpräsident Andrej Plenković, der ihn bei den Parlamentswahlen 2016 und 2020 besiegte, standen im Zentrum seines Wahlkampfs. Milanović bezeichnete die Verfassungsrichter im vergangenen Jahr als „Ratten“. Seinen Herausforderer Dragan Primorac beschimpfte er im Wahlkampf als „Analphabeten“.

Die Stammwählerschaft von Zoran Milanović ist tendenziell linksgerichtet. Er spricht aber gelegentlich auch andere Wählergruppen an, so auch rechtsstehende Bürgerinnen und Bürger insbesondere in Fragen von nationalem Interesse. Während seiner Amtszeit nutzte Milanović seine Position, um sich primär auf die HDZ-Regierung und den Ministerpräsidenten Plenković zu fokussieren. Damit gewann er Sympathien sowohl bei unzufriedenen HDZ-Anhängern als auch anderen Oppositionswählern.

Präsident Zoran Milanović versuchte, sich als Gegenspieler zur HDZ hervorzutun. Hierbei betonte er immer wieder, dass es aus seiner Sicht darum gehe, der HDZ nicht die alleinige Macht zu überlassen. Dabei versuchte er sich stets als „Mann des Volkeszu inszenieren. Milanović gelang es in seiner fünfjährigen Amtszeit, eine kontinuierliche Kampagne gegen die EU- und NATO-Politik der HDZ zu führen. Er hat es im ersten Wahlgang geschafft, in allen 20 Gespanschaften und deren Hauptsitzen, als auch in der Hauptstadt Zagreb, zu gewinnen. Auch im zweiten Wahlgang gelang ihm dieser große Erfolg.

Mit seinem Narrativ „Der Präsident für den Präsidenten“ versuchte er sich als Präsident aller Bürger zu profilieren, indem er zur Einheit im Land aufrief. Zwar trat er als Kandidat der SDP an, doch paradoxerweise gelang es ihm, sich als eigenständiger Akteur zu präsentieren. Sowohl seine derzeitigen Standpunkte als auch seine polarisierende Sprache sind weit von klassischen sozialdemokratischen Positionen und Umgangsformen entfernt. Dies könnte mittel- bis langfristig zum Problem für die Sozialdemokratie in Kroatien werden.

 

Der Gegenkandidat Dragan Primorac

Um Amtsinhaber Milanović herauszufordern, entschied sich die Regierungspartei HDZ mit Dragan Primorac für einen überparteilichen Kandidaten. Der zweifache Vater ist 59 Jahre alt und ein im Land angesehener Arzt, Wissenschaftler und Forensiker.

Zwischen 2003 und 2009 bekleidete er unter dem Ministerpräsidenten Ivo Sanader (HDZ) das Amt des Bildungsministers und war bis zuletzt als Universitätsprofessor tätig. Die Wählerinnen und Wähler haben Primorac nicht unmittelbar mit der HDZ identifiziert. Somit konnte er auch nicht genügend HDZ-Wähler mobilisieren.

 

Themen der Wahlen

Der Präsident hat laut Verfassung nur beschränkte politische Einflussmöglichkeiten, die sich vor allem auf die Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik beziehen. Bemerkenswert ist allerdings, dass im Wahlkampf vornehmlich Themen diskutiert wurden, die nicht im Kompetenzbereich des Präsidenten liegen. Es ging insbesondere um wirtschaftliche Fragen, den demografischen Wandel und den Brain-Drain. Darüber hinaus wurden migrationspolitische Herausforderungen diskutiert. Nachrangig waren gesellschaftspolitisch wichtige Fragen, wie die Reform des Gesundheits- und Bildungssystems und die Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen.

In der kroatischen Gesellschaft spielen bei Präsidentschaftswahlen programmatische Inhalte und Konzepte eine untergeordnete Rolle. Im Zentrum stehen die Persönlichkeiten.

Neben den Wahlen zum Europäischen Parlament nutzen viele Wählerinnen und Wähler in Kroatien die Präsidentschaftswahlen zudem gerne als Form des Protestes, um ihre Unzufriedenheit mit der jeweiligen Regierung auszudrücken.

 

Das alte neue politische Morgen

Milanovićs erneuter Wahlsieg wird ihn in seinem bisherigen markanten politischen Stil bestätigen. Dieser umstrittene Ansatz impliziert oft intensive Konflikte mit der Regierung und führt zu einer weiteren Polarisierung der Gesellschaft. Gleichzeitig stärkt sein Sieg den Einfluss auf die linksliberalen Parteien im kroatischen Parlament, insbesondere die SDP, die ohne Milanovićs dominante und medienwirksame Stellung Schwierigkeiten hat, sich gegenüber der HDZ zu profilieren. In seiner zweiten Amtszeit dürfte Milanović weiterhin den Fokus auf den Westbalkan legen, insbesondere Bosnien und Herzegowina, Serbien sowie Montenegro. Auch kritische Töne gegenüber der NATO, der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten im Kontext der Ukraine-Unterstützung sind weiterhin zu erwarten. Milanović lehnt Militärhilfen für die Ukraine ab. Zudem dürften Themen wie die Funktionsweise des Schengen-Raums und die Migrationspolitik der EU ebenfalls oben auf seiner Agenda stehen.

 

Wahrnehmung von Wahlen in Kroatien

Mit Ausnahme der Wahl von Kolinda Grabar-Kitarović im Jahr 2015 (HDZ, damals noch in der Opposition) ist es bisher keiner regierenden Partei gelungen, die Präsidentschaftswahlen zu gewinnen. Die Wahlen können daher nicht als alleiniger Indikator für die zukünftige politische Ausrichtung der Regierungsmehrheit gesehen werden. Bei der Analyse der Gesamtwahlbeteiligung in Kroatien bei Präsidentschafts-, Parlaments-, EU-Parlaments- und Kommunalwahlen ist insgesamt trotz Schwankungen ein teilweise deutlicher Rückgang der Wahlbeteiligung zu beobachten. Das Interesse an Wahlen ist rückläufig.

Bei den Präsidentschaftswahlen in Kroatien wird traditionell die höchste Beteiligung gemessen. So lag die Wahlbeteiligung bei den Präsidentschaftswahlen im Dezember 2019 in der ersten Runde bei 51,18 % und stieg in der zweiten Runde am 5. Januar 2020 auf 54,99 %. Bei den jetzigen Wahlen war die Wahlbeteiligung in der zweiten Runde sogar um mehr als 10 % niedriger bzw. entsprach 44,18 %.

 

Auswirkungen der Kohabitation zwischen Plenković und Milanović

Die von massiven Spannungen geprägte Beziehung zwischen dem Präsidenten Zoran Milanović und dem Ministerpräsidenten Andrej Plenković ist mit diversen politischen Auswirkungen verbunden. Die SDP sieht in Milanović eine rehabilitierende Figur und eine einflussreichere Stimme für die Interessen der Linken im Vergleich zu den bisherigen SDP-Vorsitzenden. Als das Bündnis um die HDZ die Parlamentswahl 2015 gewann und der Ministerpräsident Zoran Milanović seinen Posten räumen musste, fand sich die HDZ in einer Situation wieder, in der sie ohne eine selbstbewusste Opposition regierte. Milanovićs schwungvolle Rückkehr auf die politische Bühne 2020 schwächte das parlamentarische Potenzial der SDP und ihrer Partner, da er den medialen Raum wieder für sich beanspruchte. Seitdem wird jegliche Sichtbarkeit für neue politische Akteure und Strategien aus dem linken Spektrum verhindert. Die SDP und ihre Partner wurden demnach nicht als eigenständiger und einflussreicher Akteur wahrgenommen, sondern fast ausschließlich durch die Figur des Staatspräsidenten betrachtet. Diesen Umstand nutzte die HDZ, um ihre parlamentarische Macht zu festigen. Dies konnte sie mit dem Wahlsieg im Jahr 2024 erfolgreich untermauern.

Die nächsten Parlamentswahlen finden 2028 statt. Zweifelsohne wird die Kohabitation zwischen dem Präsidenten und dem Ministerpräsidenten die gesamte politische Debatte in Kroatien in den nächsten Jahren dominieren. Trotz der Tatsache, dass es sich bei der jetzigen Wahl um eine Präsidentschaftswahl handelt, die ihrer eigenen Logik folgt, wird die HDZ die Gründe für die Wahlniederlage mit Blick auf die bevorstehenden Kommunalwahlen im Herbst dieses Jahres genau analysieren müssen. Darüber hinaus bieten die nächsten Jahre für die HDZ eine Gelegenheit, eine neue Persönlichkeit für das Amt des Staatspräsidenten aufzubauen. Aufgrund verfassungsrechtlicher Begrenzungen ist die zweite Amtszeit von Milanović zugleich auch seine letzte.

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Jakov Devčić

Jakov Devčić

Leiter des Auslandsbüros Kroatien und Slowenien

jakov.devcic@kas.de +381 11 4024-163 +381 11 4024-163

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Sobre esta serie

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