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Jetzt ist Margalith Kleijwegt in Berlin. Es ist ein Tag vor der Presse¬konferenz, auf der sie ihr Buch „Schaut endlich hin!“ dem deutschen Publikum vorstellen wird.
Zu Gast in der Kepler-Oberschule, Neukölln
Wir sind zu Besuch an der Kepler-Oberschule im Norden von Neukölln. Es ist kalt an diesem Morgen. Wir begegnen uns in der Vorhalle der Schule zum ersten Mal. Fröhlich kommt sie auf mich zu. „Ich bin Margalith, hallo“. Margalith ist etwas zu früh gekommen und hat die Gelegenheit genutzt, die Schüler schon in der Pause ein wenig zu beobachten. „Wie überall, die sind alle am flirten in dem Alter“, sagt sie lachend. Sie spürt keine Distanz zu den Schülern und ist neugierig alles über sie zu erfahren.
Die Schule liegt in der Nähe der Sonnenallee, ist auf der Frontseite in der Zwillingestraße von Kleingärten gesäumt. Dieser Eingang, schließlich der Haupteingang, ist erst ab 15 Uhr geöffnet. „Um die Gärten vor dem Zugriff der Schüler in den Pausen zu schützen, bleibt die Tür verschlossen“, begründet Schulleiter Lüdtke. Verschlossene Türen, das wirkte auf uns zunächst etwas bedrückend. Also gut, man muss also über den Hof gehen. Von innen macht das Gebäude jedoch einen freundlichen Eindruck. Man betritt die Schule über eine bunte Pausenhalle, in der den Schülern auch ein Frühstück angeboten wird. Dies gewinnt an Bedeutung, denn für mehr und mehr Schüler ist es die erste Gelegenheit etwas zu essen. Der Weg in den Konferenzraum gleicht eher dem Weg in einen Hochsicherheitstrakt: Mehrere „Schleusentüren“ wurden vor uns aufgemacht und nach uns wieder verschlossen. Dies sei üblich, so Lüdtke. Die Aula, Konferenzräume sowie alle mit technischem Gerät ausgestatteten Schulzimmer seien stets verschlossen. Margalith zeigte sich verwundert, verschlossene Türen waren ihr an „ihrer schwarzen Schule“ nicht begegnet.
Kaum Zugang zu den Schülern
In den über zwanzig Jahren, in denen Herr Lüdtke diese Schule leitet, hat sich viel verändert. Über 70 Prozent der Schüler auf der Kepler-Oberschule haben Migrationshintergrund, ähnlich wie in der Rütlischule. Margalith stellt kurz ihr Projekt vor. Sie interessiert sich vor allem dafür, was in der Schule unternommen wird, um auch die Eltern zu erreichen, sie einzubinden. Kontakt zu den Eltern herzustellen, mit ihnen die Schule gemeinsam zu gestalten, ist für die niederländische Journalistin der Schlüssel zur Lösung des Problems. Die Schule selbst betrachtet sie als wichtigste Integrationsinstanz. „Es ist schwierig, Zugang zu den Schülern und ihren Familien zu bekommen“, betont der Schulleiter. Viele der Angebote werden nicht genutzt: Zum zusätzlichen Deutschunterricht etwa kommen die Schüler nicht, weil er freiwillig ist und obendrein zusätzlich zum etwa 30 Schulstunden umfassenden Wochenplan angeboten wird. Die Lehrer haben wenige Durchsetzungsmöglichkeiten, sind eher „Papiertiger“, so Lüdtke. Schulschwänzen führt trotz des offiziellen Verfahrens selten zu Problemen für die Schüler. Anrufe bei den Eltern sind meist ergebnislos; die Lehrer stoßen auf Desinteresse, Briefe der Schule werden als Belästigung empfunden. Hier sieht Margalith viele Parallelen zu ihren Erfahrungen in Amsterdam: Sie meint, die Eltern fühlten sich vor allem belästigt, weil sie mit Anfragen und Hinweisen der Schule schlicht überfordert sind. Sie sind überfordert, weil sie die Hinweise nicht verstehen, die Briefe nicht lesen können. Sie sind dabei auf ihre Kinder als Mittler angewiesen und geben schnell auf.
„Die Kinder werden in der Schule abgegeben, damit Sie Bildung und Erziehung bekommen“, so schätzt der Schulleiter die Erwartungen der Eltern ein. Viele Eltern teilten diese Vorstellung. Dabei ist Erziehung bei unserem Schulsystem nicht vorgesehen. Erzieherische Maßnahmen sind nicht erlaubt, oder wie im Falle des bekannten „Nachsitzens“ genehm¬igungs¬pflichtig. Die Schüler wissen das natürlich. Die Respektlosigkeit untereinander und auch im Umgang mit den Lehrern hat zugenommen. 5 Prozent arge „Problemfälle“ hat die Schule zu bewältigen, so der Rektor, sie vergiften in vielen Stunden das Lernklima. Er erzählt uns von einem Satz, der seine Arbeit gut umschreibt, quasi sein Motto: „90 Prozent der Zeit sind nötig für nur 10 Prozent der Schüler.“
Perspektivlosigkeit
Größtes Problem ist jedoch die Perspektivlosigkeit. Es gibt Eltern, die kein Interesse an der Schule zeigen, weil ihr Kind eine Hauptschule besucht. Sie haben aufgegeben. Wie sollen sich da erst die Schüler fühlen? Die veränderten Anforderungsprofile in vielen Berufen, haben den Hauptschülern die Motivation genommen. Früher, so Lüdtke, konnte die Aussicht auf eine Lehrstelle zur Mitarbeit im Unterricht bewegen. Das fällt heute weg. Viele haben sich mit einem Leben von der Stütze abgefunden. Aus ihrer Perspektive ist es egal, ob sie zur Schule gehen und einen guten Abschluss machen. Mit und ohne Hauptschulabschluss haben sie nahezu keine Chance auf dem Arbeitsmarkt.
Bei der letzten Abschlussklasse hat nur einer von über fünfzig Schülern eine Lehrstelle bekommen. Bundespräsident Horst Köhler hat in der Kepler-Oberschule seine „Berliner Rede“ gehalten, die Schüler waren euphorisiert, geändert hat sich für sie nichts.
Dies ist neu, und wie sie sagt, auch „erschreckend“ für Margalith. Arbeits¬losigkeit ist in den Niederlanden nicht das Problem, Perspektivlosigkeit nicht so weit verbreitet. Das macht ihr Hoffnung, jedoch für die Niederlande.
Das Buch von Margalith Kleijwegt „Schaut endlich hin!“ Wie Gewalt entsteht – Bericht aus der Welt junger Immigranten ist im Herder Verlag erschienen.
Sobre esta serie
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