„Corona hat erneut anschaulich gezeigt: nur mit einem gemeinsamen Markt haben wir eine Chance, international wettbewerbsfähig zu sein.“, mit diesem schlichten Bekenntnis argumentierte Elmar Brok, MdEP a.D., in seiner Keynote beim ersten Kolloquium des Promotionskollegs Soziale Marktwirtschaft in diesem Jahr. Dieses beschäftigte sich in einer digitalen Sitzung mit der politischen Ökonomie der Europäischen Union, denn in nur wenigen Volkswirtschaften nimmt die wirtschaftliche Ausgestaltung eine so prominente Rolle ein wie in der Europäischen Union.
Elmar Brok wies in diesem Zusammenhang nicht umsonst auf Artikel 3 des EU-Vertrages hin, in welchem die Soziale Marktwirtschaft verankert ist. Vollbeschäftigung, nachhaltige Entwicklung, ausgewogenes Wachstum mit Blick auf sozialen Fortschritt ebenso wie Umweltschutz sowie wissenschaftlichen und technischen Fortschritt sind dort die Grundprinzipien, auf welchen der europäische Binnenmarkt aufbaut.
Dass die Ausgestaltung dieser Prinzipien dennoch erheblichen Interpretationsspielraum zulässt, zeigte die rege Diskussion mit Elmar Brok, der als einer der erfahrensten Politiker der EU maßgeblich an der Integration der Sozialen Marktwirtschaft in die EU-Verträge mitgewirkt hat. Bei dem Treffen, das von Prof. Dr. Michael Wohlgemuth eröffnet und moderiert wurde, kamen erstmals die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Promotionskollegs Soziale Marktwirtschaft mit griechischen Kommilitoninnen und Kommilitonen zusammen. Vom Auslandsbüro der Konrad-Adenauer-Stiftung in Athen wurde die Kooperation begleitet.
Entsprechend lebhaft waren auch die Diskussionen zwischen den digital Anwesenden aus Griechenland und Deutschland sowie dem ausgewiesenen EU-Praktiker, Elmar Brok. Die Finanzkrise von 2008 wurde dabei ebenso angesprochen wie die aktuellen Herausforderungen durch die Corona-Pandemie. Die EU entwickle sich nach wie vor weiter und mache dabei auch große Fortschritte, erklärte Elmar Brok. Nach 2008 etwa hätte man nicht direkt die richtigen marktwirtschaftlichen Instrumente parat gehabt, um angemessen zu reagieren. Inzwischen gebe es aber die entsprechenden Regulationen.
Die Soziale Marktwirtschaft dürfe aber nicht aus dem Blick geraten, mahnte er. „Der Markt an sich zahlt nicht für Bildung oder für die Umwelt“, beides sei aber elementar, um die verankerten Ziele der EU zu verwirklichen. Die Leistungsfähigkeit der EU sei dabei auch nicht zu unterschätzen, erklärte Brok und nannte als Beispiel das enorme Tempo bei der Suche nach einem Corona-Impfstoff. „BionTech ist durchaus eine Erfolgsgeschichte für die EU.“
Das Seminar habe enorm davon profitiert, dass nicht nur eine „deutsche“ Perspektive eingenommen wurde, sondern immer auch wieder nach den Befindlichkeiten, Erfahrungen und Meinungen in Griechenland gefragt und von den hervorragenden Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus Griechenland sehr wertvolle Einsichten eingeholt werden konnten, urteilte auch Prof. Wohlgemuth über den Austausch. Im weiteren Verlauf des Seminars fanden dementsprechend auch die Themen Europäische Integration, Populismus in Europa, Euro-Krise, Geopolitik und Demokratie in Europa immer wieder regen Diskussionsbedarf.
Insbesondere die Frage nach der „Europäische Integration“ erwies sich hierbei als Querschnittthema, das nicht nur ordnungspolitisch grundsätzlich relevant ist, sondern gerade auch zu den Arbeiten der Promovierenden meist hinreichend Bezüge aufwies und durch Diskussionsbeiträge der griechischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer sehr bereichert wurde. Das Thema lud auch dazu ein, mögliche Beziehungen zu den Forschungsthemen der anderen Stipendiatinnen und Stipendiaten zu entdecken, zu diskutieren und möglicherweise als Synergie zu nutzen.
Das Format des Kolloquiums hatte denn auch wie gewohnt die wissenschaftliche Herangehensweise an diese Themen im Fokus: es gab eine Liste von zehn wissenschaftlichen Texten aus den Bereichen Ökonomie, Recht, Politikwissenschaft und Philosophie, von denen sich die Teilnehmenden je einen aussuchen konnten, um diese zu präsentieren, kritisch zu kommentieren, und gegebenenfalls auf ihr eigenes Forschungsthema zu beziehen. Da die Texte sowohl disziplinär als auch ideologisch weit gefächert waren (von Hayek bis Habermas; von Grimm bis Alesina ...) fanden unsere Stipendiaten und Stipendiatinnen auch stets Dinge, an die sie gut ankoppeln konnten; an denen sie sich aber auch gut reiben konnten. Reibung schafft Energie. Energie schafft Schaffensfreude... Auf die weiteren Diskussionen und Debatten des Kollegs, sowie auf die Forschungsarbeiten sind wir daher weiter sehr gespannt.
Die Liste der besprochenen Texte und Arbeiten finden Sie im Programm des Kollegs hier
Sobre esta serie
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