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Herausforderungen für Kompromisse in Afghanistan, Irak und Myanmar
Afghanistan ist einer der zentralisiertesten Staaten der Welt und besitzt zugleich eine hohe ethnische Vielfalt, berichtete John Dempsey. Erst bei den Präsidentschaftswahlen 2014 hätten die Politiker verstanden, dass sie sich mit multiethnischen Teams aufstellen müssen. Um zu der Regierung der nationalen Einheit zu kommen, seien zudem sehr harte Verhandlungen notwendig gewesen.
Der Schlüssel für eine Regierung der nationalen Einheit im Irak sei Vertrauen. Schiiten aber werfen Sunniten eine Mitarbeit mit dem IS vor und Sunniten trauten den schiitischen Milizen nicht, sagte Ilkka Uusiltalo. Hauptproblem der irakischen Regierung wäre ihre hohe Abhängigkeit von Öl, ihr Handlungsspielraum ist mit dem Vormarsch des IS und dem gefallenen Ölpreis begrenzter geworden. Den Irak territorial nach Ethnien aufzuteilen – analog zu den autonomen Kurdengebieten – beinhaltet jedenfalls die Gefahr ethnischer Säuberungen.
Die Konflikte in Myanmar seien vielfältig, zwei Prozesse laufen momentan parallel: die demokratische Transformation und der Friedensprozess. Das Problem ist nur, welcher der Prozesse Vorrang haben sollte, so Dr. Thant Myint-U. Eine Forcierung der Demokratisierung könnte den Friedensprozess schwächen, würde sie doch das Militär aus der Politik drängen – gerade die Armee bringe den Friedensprozess in den letzten Jahren aber voran. Aufgrund der ethnischen Vielfalt müsse die neue Regierung alle Regionen und Ethnien in Myanmar in die Prozesse einbeziehen.
Mehr oder weniger erfolgreiche Regierungen der nationalen Einheit in Südafrika, Libanon sowie Bosnien und Herzegowina
„Man muss miteinander reden, lange bevor die Waffen schweigen“, empfahl Botschafter Reverend Stofile. Für echten Frieden müssen Hass und Bitterkeit überwunden werden, so wie es Nelson Mandela verkündete. Vor allem aber geht es darum, alle zu integrieren: Politiker, Staatsbedienstete und Militärs – auch, wenn sie vorher Feinde waren. Für einen Kompromiss in Südafrika war es wichtig, dass die großen Akteure tätig werden: „Nur Minderheiten schaffen es nicht“, so Stofile. Generell gelte aber: „Jedes Land ist einzigartig und muss eine eigene Lösung finden.“
Ein eher negatives Fazit zog Amna Popovac über Bosnien und Herzegowina:„ Wir haben keine Regierung der nationalen Einheit, weil wir keine Nation haben“, sagte Popovac. Hinzu komme ein demokratisches Defizit: „Statt eines Mehrparteiensystems haben wir drei Einparteiensysteme, die sich die Macht teilen.“ Zwar habe der Krieg der Waffen gestoppt, er sei jedoch in den Medien fortgeführt worden. Schuld an der Situation sei auch der Einfluss äußerer Akteure: „Russland schickt Geld in die Republik Srpska und befördert deren Eigenständigkeit, und Saudi-Arabien stärkt den Wahhabismus bei unseren Muslimen.“
„Ohne Dialog gibt es kein Zusammenleben“, berichtete Salim Sayegh und ergänzte, dass es eines gemeinsamen Narrativs bedürfe. Auch Werte müssten verändert und angeglichen werden. Wenn Politiker für ihr Tun nicht rechenschaftspflichtig seien, könnten sie problemlos 180 Grad Kehrtwenden hinlegen. Im Libanon müsse jede Koalitionsregierung alle Gemeinschaften einbinden, jede muss vertreten sein. Wenn aber eine Partei ihr Portfolio nicht vollständig einbringen könne und deswegen keinen Vertreter entsende, komme keine legale Regierung zustande. Auch hier sei der Einfluss externer Akteure problematisch: So gebe es seit eineinhalb Jahren keinen Präsidenten, weil Iran und Saudi-Arabien sich nicht einig seien. Doch die Libanesen ließen sich davon nicht beirren: „Wir haben eine hohe Widerstandsfähigkeit, die Menschen vergessen schnell und erfinden sich dann neu“, so Sayegh.
Einheit versus Stabilität? Erfahrungen aus Ruanda, Elfenbeinküste und Sri Lanka
In Ruanda wurde die Regierung der nationalen Einheit unter dem Druck des Bürgerkriegs eingeführt. Problematisch sei es gewesen, die Rebellen zu integrieren. Negativ bewertete Peter Molt die Mission der Vereinten Nationen, die eigentlich für Stabilität hätte sorgen sollen, jedoch nicht rechtzeitig implementiert wurde. So seien die Spannungen gewachsen und der Friedensprozess zusammengebrochen. Besonders problematisch sei es gewesen, dass die ausländischen Akteure die Natur des Konflikts in Ruanda falsch analysiert hätten: Dieser war regional verankert und weniger ethnischer Natur.
In der Elfenbeinküste hätten eine Nachfolgekrise um das Präsidentenamt mehrere Regierungen der nationalen Einheit hervorgebracht. Die vier Regierungen sollten eigentlich Präsidentschaftswahlen organisieren, doch erst die letzte war 2010 in dieser Zielsetzung erfolgreich – unter dem Druck der internationalen Gemeinschaft. Doch alle Regierungen konnten den Friedensprozess nicht voranbringen, obwohl sie zum Teil auch versuchten, die Rebellen einzubinden, so Gaston Ouassenan Koné.
Ein Problem in Sri Lanka war, dass in der Nachkriegssituation zwar die Waffen gefallen seien, „aber die Wurzeln des Konflikts wuchsen weiter“, so Dr. Paikiasothy Saravanamuttu: „Die Regierung vermochte es nicht, die Wunden zu heilen.“ Zudem habe die Regierung die Tamilengegenden militarisiert: „Eine Aussöhnung sei so nicht möglich gewesen.“ Wenn nicht alle Menschen in einen Friedensprozess eingebunden würden, hätte man ein „Rezept für einen neuen Konflikt.“