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Frau Pfeiffer wollte sich im Rahmen der Reise ein persönliches Bild der politischen Situation machen und die Arbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung vor Ort näher kennenlernen. Die CDU-Bundestagsabgeordnete hatte vor ihrer Ankunft in Bolivien bereits ein einwöchiges Besuchsprogramm mit Unterstützung der Konrad-Adenauer-Stiftung in Peru absolviert. Es handelte sich um ihre erste Lateinamerikareise.
Die Gäste nahmen an Veranstaltungen der Konrad-Adenauer-Stiftung in der indigenen Gemeinde Amarete im Norden des Departements La Paz, in La Paz selbst und in Santa Cruz teil. Am 09. Oktober fand die erste Veranstaltung zur Harmonisierung der indigenen und der staatlichen Justiz in Amarete statt. Frau Pfeiffer erkannte in ihren Begrüßungsworten die Verdienste der indigenen Justiz an, betonte jedoch auch, dass diese nur dann funktionieren könne, wenn sie die Menschen- und vor allem die Frauenrechte respektiere. Der Hauptredner, Dr. Eduardo Rodríguez Veltzé, ehemaliger Staatspräsident Boliviens und ehemaliger Vorsitzender Richter des Obersten Gerichtshofs, erläuterte die Vorgaben der Verfassung und des Gesetzes zum Zusammenwirken staatlicher und indigener Justiz und trat mit den ca. 100 anwesenden Autoritäten in einen lebhaften Dialog.
In La Paz fanden zahlreiche Dialogrunden mit Kooperationspartnern, Politikern, Journalisten und Menschenrechtsexperten statt. Alle Gesprächsteilnehmer teilten die Sorge über die Rückschritte in der demokratischen Institutionalität im Land und der Ausweitung autoritärer Tendenzen in der Regierung von Staatspräsident Evo Morales. Thema war unter anderem die bevorstehende freie Wahl der Richter der bedeutendsten Gerichtshöfe des Landes, die am 16. Oktober 2011 stattfindet. Nach der neuen Verfassung werden die Richter der obersten Gerichtshöfe in freien Wahlen vom Volk bestimmt. Vorher trifft das Parlament eine Vorauswahl. Da die Regierungspartei „Bewegung zum Sozialismus“ MAS (Movimiento al Socialismo) Zweidrittelmehrheiten in beiden Kammern des Parlaments besitzt, herrscht in der Bevölkerung Unruhe, da ein Großteil der vorausgewählten Kandidaten der Regierungspartei nahe zu stehen scheint. Vor allem die Opposition fürchtet eine der Exekutive ergebene Judikative und somit politische Verfolgung.
Der ehemalige Vizepräsident der Republik Bolivien, Victor Hugo Cárdenas, war der erste indigene Politiker in Bolivien in einem hohen Staatsamt. Er erläuterte, dass Präsident Evo Morales in erster Linie Repräsentant der Gewerkschaften der Kokabauern und nicht der Indigenen sei. Evo Morales spricht keine indigene Sprache und hat das indigene Thema erst im Wahlkampf 2005 für sich entdeckt. Bei den Wahlen 2005 und 2009 bildeten die Indigenen seine wichtigste Wählerbasis. Ob das auch in Zukunft so bleiben wird, ist fragwürdig. Im Moment herrscht Konflikt zwischen den Indigenen des bolivianischen Tieflands und der Regierung, die mit einem brasilianischen Kredit eine Straße durch ein bolivianischen Naturschutzgebiet bauen will, in dem eine große Artenvielfalt besteht und wo mehrere indigene Völker in großer Abgeschiedenheit leben. Bei der Straße handelt es sich um ein Wahlversprechen gegenüber den Kokabauern, die hoffen, ihre Produkte so schneller, billiger und einfacher nach Brasilien exportieren zu können. Außerdem sind die Böden in den traditionellen Anbaugebieten für Koka bereits ausgelaugt und die Böden im Naturschutzgebiet scheinen beste Voraussetzungen für den Anbau zu liefern. Nach der neuen Verfassung und der Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation hätte die Regierung vor Beginn des Straßenbaus eine Konsultation der betroffenen indigenen Völker durchführen müssen, was sie jedoch unterlassen hat. Indigene Gruppen aus dem ganzen Land haben sich im August vereint und führen einen Protestmarsch gegen die Regierung durch, um ihr Recht auf Konsultation zu reklamieren.
Oppositionspolitiker erläuterten ihre eingeschränkten Handlungsmöglichkeiten im Parlament aufgrund der klaren Mehrheiten der Regierungspartei und dem autoritären Kurs des MAS. Viele politische Führungspersönlichkeiten befinden sich aufgrund politischer Verfolgung bereits im Exil. Öffentliche Parteienfinanzierung existiert nicht mehr und Institutionen der offiziellen internationalen Entwicklungszusammenarbeit kooperieren direkt mit der Regierung. Daher ist es für die Opposition äußerst schwierig, sich zu strukturieren und programmatische Linien zu entwickeln, die die Wähler bei der nächsten Wahl überzeugen könnten.
So besteht auf nationaler Ebene kaum noch parteipolitische Opposition. Deshalb ist in Bolivien die Wächterfunktion der unabhängigen Medien von besonderer Bedeutung. Das Verhältnis zwischen der Regierung und den Medien ist dementsprechend gespannt. Es wurden bereits mehrere Gesetze erlassen, die die Meinungsfreiheit einschränken und somit verfassungswidrig sind.
Die Bundestagsabgeordnete Pfeiffer sah in diesen Übergriffen gegen den politischen Pluralismus, die Meinungsfreiheit und die Menschenrechte die klassische Vorgehensweise eines autoritären Regimes zur Erlangung der absoluten Macht. Sie rief die politische Opposition zur Geschlossenheit auf und hob die Bedeutung des Internets als Instrument zur Bündelung demokratischer Interessen hervor. Herr Spengler unterstrich die Wichtigkeit politischer Bildung für alle Generationen, da niemand als Demokrat geboren werde.
In La Paz trafen sich die beiden Gäste außerdem mit indigenen Nachwuchspolitikern des Hochlandes und nahmen an einer öffentlichen Veranstaltung zum Thema „Migration und Integration“ als Redner Teil.
Auch in Santa Cruz fand eine Dialogrunde mit indigenen Nachwuchspolitikern des Tieflandes statt, die der Abgeordneten und Herrn Spengler die ethnische Zusammensetzung des Landes erklärten: Es gibt 36 indigene Ethnien. Fast 80% der Indigenen sind Aymaras und Quechuas und leben vor allem im andinen Hochland und in den Tälern. Die restlichen 20% der Indigenen gehören zu den anderen 34 Völkern, die im Tiefland angesiedelt sind.
Des Weiteren stellten Frank Spengler und Sibylle Pfeiffer in einer Veranstaltung vor ca. 40 bedeutenden Unternehmern und Journalisten in Santa Cruz die deutsche Soziale Marktwirtschaft vor. Herr Spengler bezog sich in seinem Vortrag auf die Bedeutung der Sozialen Marktwirtschaft als Entwicklungs- und Gesellschaftsmodell, welches sich vor allem auf die rechtsstaatliche Demokratie, freie Wirtschaft und gesellschaftliche Verantwortung stütze. Bereits vor Jahren habe Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Charta der globalen Verantwortung in der Wirtschaft gefordert und auf Initiative der Konrad-Adenauer-Stiftung wurden als Antwort die Leitlinien für Wohlstand, soziale Gerechtigkeit und nachhaltiges Wirtschaften entwickelt. Die Bewältigung der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise fordere internationale Regeln und die soziale Marktwirtschaft bilde einen solchen Ordnungsrahmen, der sich national und auf der Ebene der Europäischen Union bereits bewährt habe. Die Konrad-Adenauer-Stiftung sieht es als ihren Auftrag, die von führenden Repräsentanten in Politik und Wissenschaft entwickelten Leitlinien global zu diskutieren und bekannt zu machen. Die Leitlinien sind auf der Homepage der Konrad-Adenauer-Stiftung bereits in 27 Sprachen erhältlich. Frau Pfeiffer erläuterte, dass die Politik die Bedingungen und den Ordnungsrahmen schaffen müsse, damit sich die Unternehmen entwickeln und die Wirtschaft wachsen könne.
Den Abschluss des Besuchsprogramms von Frau Pfeiffer und Herrn Spengler bildete ein Abendessen mit Vertretern der Departamentsregierung von Santa Cruz. Die Regierung von Gouverneur Rubén Costas erfährt in Santa Cruz große Zustimmung der Bevölkerung und hat somit eine starke Stellung. Obwohl die Situation im Moment für die Opposition aufgrund der politischen Verfolgung äußerst schwierig ist, machte Frau Pfeiffer den Gästen Mut. Für die Demokratie sei es von unschätzbarer Bedeutung, in Santa Cruz eine gute Regierung zu stellen und an einem nationalen politischen Projekt zu arbeiten. Die Vertreter der Departementsregierung waren vor allem an der Position Deutschlands zur jetzigen bolivianischen Regierung interessiert. Frau Pfeiffer hob die kritische Position der CDU hervor, sagte aber auch, dass Deutschland in der offiziellen Entwicklungszusammenarbeit nur mit der gewählten Regierung zusammenarbeiten könne.
Für die Partner der Konrad-Adenauer-Stiftung in Bolivien stellte der Besuch von Sibylle Pfeiffer und Frank Spengler eine große Bereicherung dar. Beide Besucher trugen inhaltlich zur Bildungsarbeit der KAS in Bolivien bei und ermutigten vor allem die Opposition, sich in dieser schwierigen Situation auch weiterhin mit ganzer Kraft für die Demokratie einzusetzen.