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Durch die Inkrafttretung der neuen Verfassung 2009 wurden Boliviens Verwaltungseinheiten dezentralisiert und neue subnationale Verwaltungsebenen etabliert. Damit diese neuen Ebenen jedoch ihrer Verantwortung im Rahmen dieser neuen Kompetenzen gerecht werden können, ist eine veränderte staatliche Umverteilungsstruktur unabdingbar. Die neuen Umverteilungsmechanismen könnten durch einen „Fiskalpakt“ ausgearbeitet und umgesetzt werden. Dieses Thema ist ein Politikum, wird aber von den Experten als zukunftsweisend und notwendig erachtet, sofern der Staat in Bolivien langfristig eine wirklich stabile Verwaltungsstruktur etablieren möchte.
Die Konrad Adenauer Stiftung ist davon überzeugt, dass erfolgreiche Dezentralisierungsprozesse die Demokratie in einem Land fördern können, weshalb die Stiftung mit dieser Publikation die Debatte zu diesem wichtigen Thema in Bolivien voranbringen und daran teilhaben möchte.
Die Veranstaltung wurde durch die Begrüßungsworte von Iván Velásquez, dem Programmkoordinator des Länderprojektes der Konrad Adenauer Stiftung und Mitautor des Buches, eröffnet, woraufhin die Vorstellung des Buches durch die Autoren stattfand.
Zunächst sprach Iván Velázquez Castellanos über das zweite Kapitel des Buches, „Der Fiskalpakt als eine Chance zur Förderung der Gerechtigkeit. Eine theoretische Sichtweise“. Er begann seinen Vortrag damit, die Notwendigkeit eines Fiskalpakts aufzuzeigen, da dieser dazu beitragen solle in Bolivien langfristig eine größere Chancen- und Rechtsgleichheit zu erreichen. Man könne den Fiskalpakt auch als sozialpolitisches Abkommen bezeichnen, da dieser die Grundverpflichtungen und die Grundrechte zwischen Staat und Bürger anerkenne.
Um das Funktionieren eines solchen Paktes garantieren zu können müssen laut Iván Velázquez folgende Kriterien erfüllt sein: Glaubwürdigkeit, Stabilität, Anpassungsfähigkeit, Kohärenz, effektive Implementierung und die Orientierung am öffentlichen Interesse. Daraufhin ging Iván Velásquez genauer auf die Frage ein, was ein Fiskalpakt bedeute und wie man diesen verstehen müsse, wobei er dabei unter anderem die Definition von CEPAL, der Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik, eine Unterorganisation der Vereinten Nationen, zitierte. Anschließend zeigte er die Logik der „Wechselseitigkeit“ zwischen Staat und Bürgern in einem solchen „Sozialvertrag“ auf. Wobei er deutlich machte, dass sowohl positive als auch negative Faktoren in diese „Wechselseitigkeit“ hineinspielen. Dabei gebe es vor allem drei negative Faktoren, die die Möglichkeit auf einen vollkommenen und dauerhaften Fiskalpakt schwächen können. Dies seien die ausschließende „Wechselseitigkeit“, die unnötige „Wechselseitigkeit“ und die asymmetrische „Wechselseitigkeit“. Abschließend nannte er Kriterien, die unbedingt eingehalten werden müssen, um einen erfolgversprechenden Fiskalpakt aufzusetzen und die Demokratie im Land nachhaltig zu stärken.
Als zweiter Referent sprach Rubén Ferrufino Goitia, Ex Vizefinanzminister und Interimsfinanzminister über „Antizyklische Einnahmen und Kapazitäten. Prioritäten einer Steueragenda“; das fünfte Kapitel des Buches. Das Thema der öffentlichen Ein- und Ausgaben ist in der gesamten Region von größter Wichtigkeit. Der Autor des Kapitels zeigte zunächst, dass in ganz Lateinamerika ein Defizit besteht, zwischen Steuerausgaben und Steuereinnahmen. Dabei gebe es ein großes Potenzial zur Einkommenserzeugung, wobei hier die Notwendigkeit bestehe die Wechselseitigkeit zwischen Staat und Bürgern zu stärken.
Anschließend ging er auf die Regeln und die Institutionalisierung im Steuerbereich ein. Dabei sei die „goldene Regel“, dass ein Teil der eingenommenen Steuern während eines Aufschwungs für den Abschwung eingespart wird. Gleichzeitig seien eine stabile Verwaltung und Mechanismen nötig, die diese außerordentlichen Einnahmen verwalten. Die Vorteile davon seien eine geringe Volatilität, mehr Investitionen durch mehr Sicherheit, weniger Inflation und ein Schutz der Wirtschaft. Auch nannte er Erfolgsfaktoren, für einen erfolgreichen Umgang mit antizyklischen Erträgen.
Die Vorstellung des siebten Kapitels „Die Erschöpfung des öffentlichen Verwaltungsmodells“ folgte im Anschluss durch den Autor Vladimir Ameller Terrazas, ehemaliger technischer Berater der Dezentralisierungsabteilung von PADEP-GTZ. Zunächst wurde die Gliederung dieses Kapitels erörtert, das sich in drei Bereiche aufspaltet. Die Überprüfung der Qualität der Staatsausgaben; die Modifizierung der Finanzierungsstruktur des Staates und Verteilungsfaktoren und als dritten Punkt die Veränderung des Staatsausgabenmodells mit seinen Selbstverwaltungsgebieten. Dabei solle das Staatsausgabenmodell mit einem Fokus, der erlaubt die strategischen und langfristigen staatlichen Ziele zu erreichen, die sich durch die Untersuchung der Qualität der Staatsausgaben ergeben haben, neu konzipiert werden. Diese Ziele sollen die Veränderung der Finanzierungsstruktur des Staates mit seiner neuen Ordnungsstruktur ermöglichen und dabei vor allem auf Anreizen und effizienten Verhaltensweisen aufbauen.
Darüber hinaus zeigte er auf, dass das derzeitige Staatsausgabenmodell veraltet sei und eher den Gegebenheiten der 1990er Jahre entspricht, weshalb der Autor eine Veränderung des Modells begrüßt, auch im Rahmen der Diskussion um einen Fiskalpakt, der eine neue Politik im Staat einleiten soll.
Dieses Kapitel soll auch aufzeigen, wie der Fiskalpakt eine qualitative öffentliche Politik etablieren kann, wobei hierbei die Charakteristika und Faktoren genannt werden, wie dies erreicht werden kann. Des Weiteren wird im Kapitel ein Änderungsvorschlag der öffentlichen Politiken skizziert und erörtert, wie man das derzeitige zentralstaatliche Ausgabenmodell zu einem dezentralisierten Modell umgestalten kann.
Als letzte Referentin folgte Scarlet Escalante, Doktor in Ökonomie und unabhängige Beraterin, die das letzte Kapitel vorstellte „Was passiert nach dem Fiskalpakt? Einige technische Aspekte bezüglich der Effizienz und Verteilungsgerechtigkeit bei der Umsetzung des Fiskalpakts“. In diesem Kapitel geht es um die Ausführung und die Nachhaltigkeit des Fiskalpakts, wobei auf drei Aspekte besonders eingegangen wird: die Wirksamkeit, die soziale Gerechtigkeit und die institutionellen Kapazitäten der beteiligten Akteure. Von der Autorin werden darüber hinaus die Durchführbarkeit der bisher in Grundzügen festgelegten Agenda 2025 und die Milleniumsentwicklungsziele, als langfristige Ziele des Pakts, analysiert.
Die Wirksamkeit in Verbindung mit den Zielen, Maßnahmen und Politiken spielen dabei eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, unwirtschaftliche Verzerrungen in der Steuerverteilung zu vermeiden. Dabei werden Probleme, wie die Verwässerung von Zuständigkeiten und politische Aspekte der Dezentralisierung, als potentieller Generator für Ineffizienz, sichtbar. Im Rahmen der sozialen Gerechtigkeit wird in diesem Kapitel betont, dass eine Fokussierung auf die sozialen Investitionen durch Umverteilung und Progressivität erfolgen müsse. Abschließend werden Möglichkeiten präsentiert, wie man die institutionelle Kapazität der beteiligten Akteure in der Durchführung des Fiskalpakts verbessern kann.
Die Veranstaltung schloss mit einer Fragerunde durch die anwesenden Gäste. Danach lud Iván Velásquez im Namen der Konrad Adenauer Stiftung zu einem kleinen Umtrunk ein, bei dem die Gäste auch direkt ihre Fragen an die Autoren richten konnten.