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„Ihre Ideologie hat keine hohen Ansprüche“

de Jan Middelberg

„Die ‚Reichsbürger‘ - zwischen Spinnerei und Rechtsextremismus“

Die erste Abendveranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung im Jahr 2018 zog das Interesse vieler Bürgerinnen und Bürger auf sich und war komplett ausgebucht. Dierk Schittkowski, Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz in Bremen, und Karoline Roshdi, Diplom-Psychologin, berichteten von den sogenannten „Reichsbürgern“ und „Selbstverwaltern“.

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Als Einstieg in die Veranstaltung fragte Ralf Altenhof, Leiter des Politischen Bildungsforums Bremen, die Anwesenden, warum wir uns überhaupt mit einer Bewegung wie den „Reichsbürgern“ beschäftigen. Diese Frage beantwortete er selbst mit einem kleinen Einblick in besagte radikale Bewegung mit etwa 16.500 dem Verfassungsschutz bekannten Anhängern in Deutschland, von denen laut Bundesamt für Verfassungsschutz etwa 900 als Rechtsextremisten gelten.

Dierk Schittkowski begann seinen Impulsvortrag mit der Schilderung des Ereignisses, durch das ein Großteil der Bevölkerung und sicherlich die meisten Anwesenden auf die „Reichsbürger“ aufmerksam geworden sind, namentlich dem Mord eines „Reichsbürgers“ an einem Polizisten im bayrischem Georgensgmünd 2016. Ein Spezialeinsatzkommando der Polizei wollte dem nicht mehr zugelassenen Jäger sein Waffenarsenal abnehmen, als dieser plötzlich das Feuer eröffnete. Schittkowski bezeichnete die „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ als „heterogene Gruppe“. Was sie eint, sei die Missachtung und Nichtanerkennung der Bundesrepublik Deutschland sowie all ihrer Obrigkeit und Ämter. Hierbei sehen sich „Reichsbürger“ als Einwohner eines noch bestehenden deutschen Reiches, wohingegen die „Selbstverwalter“ die BRD aus diversen Gründen ablehnen. Sie rufen ihre eigenen Staaten aus, in denen sie in der Regel ein hohes Amt wie etwa „König“ oder „Polizeipräsident“ innehaben. Es gebe zudem eine hohe Anzahl an „Mischgruppen“, so Schittkowski, „da kann jemand vormittags mit ‚Reichsbürgern‘ am Stammtisch sitzen und am Nachmittag Plakate für die ‚Identitäre Bewegung‘ bemalen“. Im Jahr 2017 ist die Zahl der erfassten „Reichsbürger“ von etwa 10.000 auf 16.500 gestiegen. Den Hauptgrund hierfür sieht Schittkowski in der besseren Aufarbeitung der Fälle und den vielen Hinweisen aus der Bevölkerung seit jenem grausigen Fall, bei dem ein Polizist ums Leben gebracht wurde. Auch Verschwöhrungstheorien, die besonders im Internet viel Anklang finden, trügen ihren Teil dazu bei. „Ihre Ideologie hat keine hohen Ansprüche“ bemerkte Schittkowski. Wichtig war es ihm auch klarzustellen, dass „Reichsbürger“ sowie „Selbstverwalter“ für ihn Extremisten und nicht nur einfache Spinner sind. Wie viele von ihnen Rechtsextremisten seien, sei eine andere Frage. Was diese „Extremisten“ so gefährlich mache, sei auch der unverhältnismäßig hohe Anteil an Waffenbesitzern. Über 1.000 gibt es von ihnen unter den „Reichsbürgern“ und „Selbstverwaltern“ – offiziell. In Bremen ist dieses Phänomen bei gerade einmal drei ausgestellten „kleinen Waffenscheinen“ auf 116 „Reichsbürger“ nicht so gravierend. Das liegt laut Schittkowski vor allem an der traditionell nicht so großen Jagd- und Sportschützenszene in Bremen. „Da kann man einen Stadtstaat wie Bremen nicht mit einem Flächenland wie Niedersachsen oder Bayern vergleichen“. Ein Vergleich mit anderen Städten sei da informativer, eine solche Erhebung liege aber leider noch nicht vor.

In der von Altenhof moderierten Fragerunde legte Karoline Roshdi die Situation mit den „Reichsbürgern“ aus einer psychologischen Perspektive dar. So sei es ihrer Ansicht nach ausgesprochen schwierig, einen bereits in der Szene gefestigten „Reichsbürger“ vom Gegenteil seiner Ideologie zu überzeugen. Die meisten „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ seien allerdings reine Mitläufer, die mit genug Druck durch die Behörden zum Einlenken gebracht werden könnten. Roshdi erläuterte darüber hinaus, mit welchen perfiden Methoden die „Reichsbürger“ einen „Psychoterror“ auf die Ämter und Staatsangestellten ausüben. „Das fängt an mit ständig laufenden Faxgeräten“, gehe über ellenlange Briefe und Akten bis hin zu Todesdrohungen. Behördenmitarbeitern gibt sie den Tipp, sich keinesfalls auf politische Diskussionen einzulassen, „ordentliche Anträge müssen zwar bearbeitet werden“, alles was darüber hinausgehe, sei allerdings tunlichst zu vermeiden.

Im Gespräch wurde schnell klar, wie widersprüchlich die vermeintlich auf Fakten basierenden Argumente der „Reichsbürger“ sind. So wird beispielsweise aus einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1973 zitiert, obwohl die bundesdeutschen Gerichte von den „Reichsbürgern“ nicht anerkannt werden. Dass besagtes Urteil unzureichend und damit falsch zitiert wird, kommt noch hinzu.

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Dr. Ralf Altenhof

Dr. Ralf Altenhof

Landesbeauftragter und Leiter Politisches Bildungsforum Bremen

ralf.altenhof@kas.de +49 421 163009-0 +49 421 163009-9
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