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Pastor Dirk von Jutrczenka betonte einleitend die Barmherzigkeit als Tradition der monotheistischen Weltreligionen Christentum, Judentum und Islam. Daraufhin ergänzte Ralf Altenhof, Leiter des Politischen Bildungsforums Bremen, dass der „interreligiöse Dialog“ stets gesucht werden müsse. Zudem sei es dringend notwendig in Anbetracht des Einzuges einer islamfeindlichen Partei in den Bundestag dem „liberalen Islam den Rücken zu stärken“.
Mouhanad Khorchide erklärte den Teilnehmern, dass der islamische Gott, der in unserer Gesellschaft meist durch Gewalt und Frauenfeindlichkeit beschrieben wird, im Koran als „Gott, der Barmherzige“ bezeichnet wird. „Mohammed ist die Botschaft der Barmherzigkeit für alle“, so Khorchide. Dieses Gottesverständnis sei jedoch nicht allen Muslimen gemein. Der Reformtheologe benannte zwei idealtypische Ansätze des Islams: Während der dialogische Ansatz einen liebenden, barmherzigen Gott beschreibt, zeichnet der monologische Ansatz das Bild eines zornigen, selbstverliebten Gottes. „Gott schafft Menschen, um sie zu instrumentalisieren“, erklärte Khorchide den monologischen Ansatz, „der Mensch ist nur Objekt der Religion“. Zum dialogischen Ansatz fügte er an, dass der Mensch „selbstbestimmter Partner“ von Gott sei. Die Religion stelle das „Medium der Entfaltung“ dar, mit dem die „lebendige“ Kommunikation zwischen Mensch und Gott ermöglicht werde, so Khorchide. Den Koran bezeichnete er als „Ergebnis dieser Kommunikation“.
Der Reformtheologe erklärte, dass diese unterschiedlichen Ansätze innerhalb der islamischen Gemeinschaft zu Widersprüchen führen. Während die Anhänger des monologischen Verständnisses den Koran als „Wortlaut Gottes“ verstehen und diesem folgen, werden dessen Botschaften im dialogischen Ansatz im Verkündigungskontext betrachtet. „Gottes Botschaften können nur verstanden werden, wenn der historische Kontext verstanden wird“, so Khorchide, „historische Kontextualisierung ist der Schlüssel, um Gottes Botschaften durch die Brille der Barmherzigkeit zu verstehen“.
Mouhanad Khorchide verwies darauf, dass sowohl Fundamentalisten als auch Islamkritiker den Islam aus der monologischen Perspektive begreifen. Weiterhin betonte er, dass der gewalttätige Gott, auf den sich primär Vertreter des monologischen Ansatzes beziehen, niemals ein barmherziger Gott sein könne und somit dem Gottesbild im Koran widerspricht. Er selbst zeigte sich als Vertreter des dialogischen Ansatzes.
In der anschließenden Diskussion betonte der Referent, dass Religion sich nicht vor Reformen scheuen, sondern sie als Reflexionsmöglichkeiten verstehen sollte. „Religion braucht regelmäßig Reformen“, so Khorchide. Mit Verweis auf den Erlass des saudischen Königs, der zur Mitte des nächsten Jahres das Fahrverbot für Frauen aufhebt, wagte er eine zuversichtliche Prognose: Der Wandel in einem religiös sehr mächtigen Land wie Saudi-Arabien kann den weltweiten Export eines aufgeklärten, liberalen Islams vorantreiben.