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„Hitlers größte Leistung war, dass er als SED-Vorsitzender das Grundgesetz beschlossen hat.“ Mit diesen Worten eines Schülers aus einer Untersuchung über Zeithistorische Kenntnisse leitete Ernst Zachow, Geschichtslehrer am Gymnasium Vegesack, die Ausstellungseröffnung ein und verwies damit auf ein Problem, welches es derzeit an vielen deutschen Schulen gibt: Viele Schülerinnen und Schüler wissen eindeutig zu wenig über die - zum Teil junge - Geschichte unseres Landes. Auch um diesem Trend entgegenzuwirken kommt die Konrad-Adenauer-Stiftung immer wieder mit Ausstellungen wie dieser an Schulen und organisiert Zeitzeugengespräche mit Schülerinnen und Schülern.
Nachdem Boris Lettau, Tagungsleiter der Konrad-Adenauer-Stiftung, thematisch in die Veranstaltung eingeleitet und Udo Scheer vorgestellt hatte, begann dieser mit seinem Vortrag über den Werdegang der Stasi und über seine eigene Geschichte in der DDR. Scheer wies gleich zu Anfang seiner Präsentation auf die „mutigen Bürger“ hin, die 1989 die Büros der Stasi „besetzten“ und somit letztlich die Freigabe von Akten ermöglicht hätten, welche sonst, wie so viele andere, den Reißwölfen und Kohlekraftwerken zum Opfer gefallen wären, die die Stasi zur Vernichtung von Beweismaterial einsetzte. Auf die Frage, wie sich die Menschen damals denn ohne Telefone geschweige denn soziale Netzwerke oder etwas Vergleichbares koordiniert hätten, berichtete Scheer von Demonstranten, die in die Fabriken gezogen seien und dort Arbeiter mobilisiert hätten und von vier Frauen, die während einer Plenarsitzung im Erfurter Rathaus öffentlich Einsicht in die Unterlagen der Stasi verlangt hätten.
Neben den Aufgabenbereichen der Stasi in der DDR, wie zum Beispiel der Bespitzelung der Bevölkerung, wurde sie auch im Ausland eingesetzt. So habe sie unter anderem die Friedensbewegungen in den 1980er Jahren in Westdeutschland auf eine solche Art und Weise manipuliert, dass, so Scheer, die NATO zum Feindbild wurde und das Aufmarschieren von Truppen des Warschauer Paktes in der öffentlichen Debatte nicht so klar kommuniziert wurde.
Scheer selbst rückte durch sein Engagement für den „Arbeitskreis Literatur und Lyrik Jena“ in den Fokus der Stasi. Nachdem ein Freund Scheers und Mitglied des Arbeitskreises 1974 von einem Poetenseminar in Schwerin ausgeschlossen werden sollte, weil dieser ein verbotenes Kinderlied von Wolf Biermann gesungen hatte, reiste der gesamte Arbeitskreis zurück nach Jena und löste damit einen Eklat aus. Daraufhin begann die Stasi damit, die Gruppe intensiv zu bespitzeln und leitete Zersetzungsmaßnahmen ein. „Sie wollten einen Keil zwischen uns treiben“, so Scheer. Unter anderem wurden einige Mitglieder in die Armee eingezogen, die Gruppe bekam keine Räume für Veranstaltungen mehr und einer von ihnen wurde per Fotomontage in einer Zeitung in ein Bild mit einem bekannten Stasi-Funktionär eingefügt, wodurch das Vertrauen immens gestört wurde.
Mit Bezug auf einige enge Freunde, wie den 1999 an Leukämie verstorbenen Jürgen Fuchs, berichtete Scheer auch von den unmenschlichen Bedingungen, unter denen Häftlinge zu Geständnissen gedrängt wurden. Neben der psychologischen Folter, welche die Stasi perfektionierte, gab es auch noch andere Mittel, um Oppositionelle zu brechen. So konnten unter anderem Zellen bis zu einem gewissen Pegel geflutet werden, sodass die Gefangenen bis zu den Knöcheln und in manchen Fällen sogar bis zum Hals, im kalten Wasser standen, solange bis die Verhörer die Informationen bekamen, die sie haben wollten.