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„Gibt es Parallelen zwischen dem Fall Skripal, der die Welt jüngst in Atem hielt, und der Vergiftung von Alexander Litwinenko? Und ist Wladimir Putin tatsächlich ein ‚lupenreiner Demokrat‘, wie ihn einst Gerhard Schröder beschrieb?“ Mit diesen Fragen führte Ralf Altenhof, Leiter der KAS Bremen, in das Thema ein. Zudem lobte er die „traurige Zeitzeugin“ Marina Litwinenko, die seit der Vergiftung ihres Mannes in ständiger Angst leben müsse und trotzdem dafür kämpfe, dass der Mord an ihrem Mann nicht unter den Teppich gekehrt werde, für ihren Mut.
Um die Aktualität zu verdeutlichen, machte Altenhof die Anwesenden auf neue Meldungen aus Großbritannien aufmerksam, denen zufolge sich ein britisches Paar in Lebensgefahr befand - die Frau ist inzwischen verstorben -, nachdem es demselben Nervengift (Nowitschok) wie Skripal ausgesetzt war.
Litwinenko betonte, dass sie keine Hetzkampagne gegen Russland betreibe, sondern im Gegenteil nur das Beste für ihre Heimat wolle. Sie appellierte an die Anwesenden, zwischen dem russischen Volk, das sie als friedliebend beschrieb, und den Machthabern im Kreml zu unterscheiden. Dennoch sei es ihr aus offensichtlichen Gründen ein Herzensanliegen, die Umstände, unter denen ihr Mann zu Tode gekommen sei, aufzuklären. Alexander Litwinenko, der ehemalige Mitarbeiter des russischen Geheimdienstes, den sie als „persönlichen Feind Wladimir Putins“ beschrieb, war schon 1999 ins Visier des russischen Geheimdienstes geraten, als er auf einer Pressekonferenz massive Korruption unter Russlands Geheimdienstlern anprangerte.
Boris Reitschuster, der bis vor ein paar Tagen in Russland zu Besuch war, berichtete von einem Gespräch mit einem Moskauer Taxifahrer, der Russland unter Putin als „ein von der Mafia dominiertes Land“ bezeichnet habe. Er kritisierte die Reaktion des Westens auf den Mordanschlag an Alexander Litwinenko. Der Westen, allen voran Großbritannien, habe aus Angst vor der Gefährdung seiner Wirtschaftsinteressen wenig Interesse an einer Aufklärung des Attentats auf Alexander Litwinenko und der Verbindungen zum russischen Geheimdienst gezeigt. Diese Reaktion des Westens sei besonders vor dem Hintergrund der „menschenverachtenden und menschenvernichtenden“ Durchführung dieser Tat sehr bedauerlich. Zur Untermauerung dieses Satzes informierte Reitschuster die KAS-Gäste, dass das Polonium sogar „bei Ihnen um die Ecke, über Hamburg transportiert wurde“, was sichtlich einen Nerv im Publikum traf.
Kurz vor der Eröffnung der Fragerunde zeigte Reitschuster ein Video, das der russischen Propagandamaschine entstamme und allein auf YouTube bereits über 1,3 Millionen Aufrufe habe. Darin war zu sehen, wie Kinder im Schulalter unter anderem die Absicht verkünden, Alaska „in die Arme des Vaterlandes“ zurückzuholen und für „Onkel Wladimir in den Endkampf“ zu ziehen, sollte der „Oberkommandeur“ dies verlangen. Marina Litwinenko drückte mit ihrer Kritik an der Instrumentalisierung von Kindern für derartige Propagandazwecke auch das Entsetzen des Publikums aus.
Anschließend an die Gesprächsrunde hatten die Teilnehmenden die Gelegenheit, Fragen an Marina Litwinenko und Boris Reitschuster zu stellen. So fragte ein Gast, ob der Westen nicht die gleichen Fehler wie Russland mache. Darauf eingehend wies Reitschuster auf ein Zitat des Ex-Schachweltmeisters Garri Kasparow hin, wonach ein Vergleich zwischen Russland und dem Westen einem Vergleich zwischen einem schlechten Chirurgen, der Fehler mache, und dem Massenmörder Jack the Ripper, der absichtlich töte, gleichkäme. Er erinnerte zudem daran, dass eine kritische Veranstaltung dieser Art in Russland nicht möglich wäre und riet zur Anwendung der Devise Konrad Adenauers – „Dialog, aber gleichzeitig Einigkeit und Stärke“- im Umgang mit Russland.
Dass die Veranstaltung unter den Anwesenden eine äußerst positive Resonanz fand, brachten die Teilnehmer selbst zum Ausdruck. So bedankte sich eine Teilnehmerin in einer Wortmeldung bei Frau Litwinenko für Ihre Anwesenheit und beschrieb die Veranstaltung als „eine Bereicherung für Bremen“.