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Der Präsident des Verfassungsschutzes stieg mit den unterschiedlichen Erwartungshaltungen gegenüber den nationalen Sicherheitsbehörden in Deutschland und den USA ein. Hierzulande herrsche die unbegründete Meinung, der Staat missbrauche die Daten, während die US-Amerikaner den Sicherheitsbehörden für ihre Arbeit dankten. Zugleich hob er hervor, dass dennoch viele Bürger in Deutschland mit ihren Daten im Internet (z.B. bei Online-Einkäufen oder sozialen Netzwerken wie Facebook) sehr offen umgehen und dabei meistens den Hintergrund und die Herkunft von Facebook und Co. vergessen. Da sowohl Facebook, als auch Suchmaschinen wie Google oder Yahoo, amerikanische Unternehmen sind, die ebenfalls eine Vielzahl an Daten sammeln, darf die NSA, ermöglicht durch den sogenannten „Patriot Act“, legal auf deren Daten zugreifen.
Das Abhören von Bundeskanzlerin Angela Merkel durch den amerikanischen Geheimdienst bezeichnete Maaßen als Tabu-Bruch. Deutschland habe sich in der Spionageabwehr nie Gedanken bezüglich seiner Verbündeten gemacht und dementsprechend würden die Amerikaner auch momentan „in sich gehen“. Trotzdem ist seine Sicht auf den ehemaligen Administrator der NSA, Edward Snowden, eine eher kritische, denn man dürfe nicht vergessen, dass er einen „kompletten Geheimdienst ausgeplündert“ habe und demzufolge ein Verräter sei.
Der Verfassungsschutz-Präsident machte diesbezüglich den großen Rückstand seiner Behörde im Vergleich zu anderen Geheimdiensten klar, auf die Deutschland zur Vereitelung terroristischer Aktivitäten (z.B. die „Sauerland-Gruppe“) bereits mehrmals angewiesen war. So reicht ein Blick auf die Zahl der Angestellten, um dies zu verdeutlichen: Während der deutsche Inlandsgeheimdienst, also der Verfassungsschutz, knapp 2.700 Mitarbeiter beschäftige, seien es bei der NSA ungefähr 40.000. Doch um ähnlich effektiv arbeiten zu können wie das amerikanische Pendant und vor allem die Abhängigkeit von diesem zu verringern, fehle es nicht nur an finanziellen Mitteln, sondern erfordere auch einige Gesetzänderungen im Bereich des Datenschutzes. Hiermit meint er explizit die Durchsetzung der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung, aber auch die Ermöglichung von Onlinedurchsuchungen. Die momentane Situation verglich er mit einer „Hirschjagd mit dem Holzgewehr“.
Die Hauptverantwortung für den NSU-Skandal wies Maaßen zurück und sah diese bei der ermittelnden Polizei und Staatsanwaltschaft. Beim Einsatz von V-Leuten müsse der Verfassungsschutz darauf achten, dass diese damit nicht ihren Lebensunterhalt verdienen oder gar die Szene tatkräftig unterstützen könnten. Ein V-Mann müsse allerdings gewisse szene-interne Straftaten wie den „Hitlergruß“ begehen können, um in der Szene akzeptiert zu werden und so an Informationen zu kommen. Gleichzeitig schloss Maaßen eine Kooperation mit Menschen aus, die ein Verbrechen gegen „Leib und Leben“ wie Mord o.ä. verübt haben.
Maaßen, der seit dem 1. August 2012 das Amt des Verfassungsschutzpräsidenten inne hat, zeigte sich auch selbstkritisch. Vor allem die fehlende Transparenz sei ein Problem. Hinzu komme, dass der Verfassungsschutz nach der Wiedervereinigung stark umstrukturiert werden musste, da die Hauptbedrohung in Form der DDR und der Sowjetunion weggefallen war. Die aktuelle Herausforderung sieht er derzeit beim Islamismus. Islamisten betreiben gezielt Propaganda, um neue Anhänger zu gewinnen. Ausreisende nach Syrien, die stark radikalisiert und mit Kampferfahrung nach Deutschland zurückkehren, stünden unter Beobachtung. Vorsicht ist zudem beim Rechts- als auch beim Linksextremismus geboten, deren Mitgliederzahlen zwar gesunken, die Gewalttaten aber gestiegen seien.
Ralf Altenhof, Leiter des Bildungswerks in Bremen, dankte Hans-Georg Maaßen für seine pointierten Einschätzungen und sah darin einen wichtigen Beitrag zur politischen Bildung. Er benannte das Amt des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz als eine der schwierigsten, aber undankbarsten Aufgaben, die derzeit in Deutschland zu vergeben seien.