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Vor 55 Gästen zeichnete der Frankfurter Sicherheitsexperte Dustin Dehéz ein differenziertes Bild der politischen Landkarte Afrikas. Unter dem Titel „Afrika: Kontinent am Abgrund oder Weltregion mit Perspektiven?“ hatte die KAS zusammen mit GfW, Reservistenverband und Transatlantischer Gesellschaft zu einem Diskussionsabend über den Kontinent in die General-Fahnert-Kaserne in Karlsruhe eingeladen.
Afrikaner übernehmen selbst Verantwortung
„’Afrika’ gibt es nicht!“, stellte Dehéz gleich zu Beginn klar. Die 54 Staaten des Kontinents ergäben kein einheitliches Bild, sondern bildeten ein differenziert zu sehendes Mosaik. Generell sei Afrika heute – nach der Phase der Stellvertreterkriege des Kalten Krieges – ein „kriegsarmer Kontinent“, gemessen an der Zahl zwischenstaatlicher Konflikte. Allerdings seien die meisten Kriege in Afrika innerstaatlicher Natur gewesen. Bis heute seien Sudan (mit Auswirkungen auf Tschad), Kongo und Uganda problematisch. 50 Staaten befänden sich heute in einer wesentlich besseren Lage beim Umgang mit sozialen und ethnischen Problemen als noch in den 90-er Jahren. Zwar sei Somalia ein Brennpunkt – insbesondere mit Blick auf dessen Brückenfunktion zwischen Afrika und den Nahen Osten. Doch habe Afrika selbst mit der Afrikanischen Union Verantwortung übernommen. Dies gebe der US-amerikanischen und europäischen Haltung Recht, dass es für afrikanische Probleme auch afrikanische Lösungen geben müsse, die man jedoch von außen unterstütze.
"Leoparden-Staaten" mit bis zu acht Prozent Wachstum
Wirtschaftlich gehe es vielen afrikanischen Staaten erheblich besser, als oft vermutet. Im Süden und Osten gebe es „Leoparden-Staaten“ (unter Anspielung auf die asiatischen Tigerstaaten), die mit 6 bis 8 Prozent Wachstum den Anschluss an die globalisierte Welt gefunden hätten und vom asiatischen Sog profitierten. „Ohnehin ist Afrika immer in den Welthandel integ-riert gewesen“, skizzierte Dehéz – aber nicht untereinander. Ein Grund. Die in der Kolonialzeit entstandene Infrastruktur hätte nur den Transport von Gütern an die Küsten zum Ziel gehabt – nicht den Austausch zwischen den Ländern. Ebenfalls positiv: Zölle als Handelshemmnis würden sukzessive abgebaut. Dehéz warb zudem für einen bedachten Einsatz von Mitteln der Entwicklungshilfe. Manche Staaten hätten aus dieser Quelle die Hälfte ihres Budgets gespeist. Mittlerweile habe sich aber die Formel bewährt, dass Entwicklungshilfe, die mehr als 4 Prozent des Bruttosozialproduktes umfasse, eher schädlich sei. Dehéz lobte aber das Engagement der Politischen Stiftungen in Afrika, darunter auch die KAS: „Die Regierungen in Afrika werden immer besser, Demokratie und Rechtsstaat sind auf dem Vormarsch“, dies sei auch ein Verdienst der Politischen Stiftungen.
"Europa braucht dringend eine Afrika-Strategie"
China habe beim Umgang mit Diktaturen in Afrika einen Politikwechsel begonnen. Während die Volksrepublik zuvor bei der Suche nach Rohstoffen nicht auf die innenpolitische Lage ge-schaut hätte, stehe das Land heute nicht mehr blind hinter den Diktaturen. China setze bei seinem Engagement in Afrika auch auf die Kooperation mit dem Westen. Mit Blick auf die Rohstoffe sagte Dehéz: „Was China nützt, nützt auch uns! Die Weltwirtschaft lebt heute davon, das alle ihre benötigten Ressourcen bekommen.“ Auch die USA hätten ihre Strategie in Afrika verändert. Nach militärischen Desastern, z.B. in Mogadischu, sei ein Rückzug der USA erfolgt. Seit Clinton setzten die USA verstärkt auf den Freihandel, Demokratieförderung und die internen Problemlösungskräfte Afrikas. Punktuelles, militärisches Engagement gebe es aber bei der Bekämpfung des Drogenschmuggels und bei Einsätzen gegen Al Kaida.
Europa müsse darauf achten, nicht von den Entwicklungen Afrikas abgehängt zu werden. Großbritannien habe seinen Blick bereits abgewandt. Rein französische Initiativen stießen wegen der einstigen Kolonialrolle auf Vorbehalte. Dehéz schloss: „Es ist schon spät: Wir benötigend dringend eine gesamteuropäische Afrika-Strategie“.
Dustin Dehéz studierte Neuere und Neueste Geschichte in Freiburg und Durham (GB). Er ist Senior Fellow am Düsseldorfer Institut für Außen- und Sicherheitspolitik (DIAS) und Expert on Peace and Security beim Global Governance Institute (GGI). Er war zuvor Lehrbeauftragter an der FU Berlin und Gastprofessor an der University of Economics in Prag. Seine Artikel sind u.a. in der "Zeitschrift für Internationale Politik", "ZEIT Online" sowie den "Blättern für deutsche und internationale Politik" erschienen. 1978 in Bremen geboren, ist er Mitglied des Arbeitskreises junger Außenpolitiker der Konrad-Adenauer-Stiftung.