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Herausforderungen für das Verfassungsrecht

de Dr. Katja Gelinsky

Rechtsvergleichende Tagung zu Spanien, Italien und Deutschland

Verfassungsjubiläen sind gewöhnlich Innenschauen, bei denen der Zustand des eigenen Staates und die Befindlichkeit der eigenen Gesellschaft aus der Binnenperspektive betrachtet werden. Neue Sichtweisen auf scheinbar Altbekanntes ergeben sich, wenn der Blick nicht in den eigenen nationalen Grenzen verharrt, sondern die Verfassungsentwicklungen anderer Länder einbezogen werden.

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Gemeinsam mit dem Deutsch-Spanischen Gesprächskreis im Öffentlichen Recht und der Deutschen Forschungsgemeinschaft hat die Konrad-Adenauer-Stiftung deshalb den 70. Geburtstag des Grundgesetzes in diesem Frühjahr zum Anlass genommen, eine dreifache Jubiläumstagung auszurichten: „Siebzig Jahre Grundgesetz, vierzig Jahre spanische Verfassung und einundsiebzig Jahre italienische Verfassung sind eine willkommene Gelegenheit, über die Bestandskraft und Wirkungen dieser Verfassungen nachzudenken“, sagte der Staatsrechtslehrer Albrecht Weber, einer der Mitinitiatoren der Veranstaltung zur Eröffnung der zweitägigen Fachkonferenz.

Professor Norbert Lammert, Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung, verwies auf bemerkenswerte Unterschiede, wenn man die Zahl der Verfassungsänderungen in den jeweiligen Ländern betrachte. Während die spanische Verfassung nur zweimal reformiert worden sei, verzeichne die italienische Verfassung ein gutes Dutzend Reformen. Das Grundgesetz hingegen sei mittlerweile mehr als sechzig Mal geändert worden, womit sich sein Umfang ziemlich genau verdoppelt habe. „Aber ich habe noch niemanden getroffen, der sagt, das Grundgesetz ist nun auch doppelt so gut“, bemerkte Lammert. Als wesentliche Ursache für die Aufblähung des Grundgesetzes sieht er auch die „dauerhaften großen Koalitionen“ in der Bundespolitik. Zu groß sei damit die Versuchung, gemeinsam getroffene Vereinbarungen in der Verfassung zu verankern und diese Absprachen damit dem demokratischen Gestaltungsprozess zu entziehen.

Für die rechtsvergleichenden Vorträge und Debatten waren profilierte italienische, spanische und deutsche Rechtswissenschaftler in der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin zusammengekommen. Wie haben sich die drei Länder auf der Grundlage ihrer Verfassungen entwickelt? Wie steht es um Staat und Gesellschaft? Antworten suchten die Teilnehmer auf Podien mit den Schwerpunkten Entwicklung der Grundrechte, Europäisierung der Rechtsordnungen, Entwicklung des Verwaltungsrechts sowie Föderalismus. Was hat sich bewährt? Wo besteht Handlungs- und Anpassungsbedarf? Trotz jeweils eigener Prägung sind die Verfassungen Italiens, Spaniens und Deutschlands nicht zuletzt aufgrund der europäischen und internationalen Verflechtungen mit ähnlichen politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen konfrontiert.

Wie gut sind unsere Verfassungen gerüstet, wenn es um den Umgang mit neuen Technologien, Bedrohungen für Rechtsstaat und Demokratie und die Sicherung gemeinsamer Werte bei zunehmenden gesellschaftlichen Spaltungstendenzen geht? Diese Fragen verweisen zugleich auf die Herausforderung für die Rechtswissenschaften, trotz starker nationaler Prägung des Staats- und Verfassungsrechts den Dialog mit anderen Rechtsordnungen zu führen und die eigene Verfassung im Vergleich mit ausländischen Ordnungen selbstkritisch zu überprüfen. Mit der Tagung „Verfassungsentwicklungen im Vergleich – Italien 1947 – Deutschland 1949 – Spanien 1978“ ist dieses komplexe Vorhaben ein Stück vorangekommen.

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