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Lateinamerika ist wieder im Umbruch. Allerdings sind es weniger die technologischen Durchbrüche und ihre Folgen für Gesellschaft und Arbeitswelt, die den Kontinent bewegen, sondern einmal mehr politische Grabenkämpfe. Sie erzeugen in bedeutsamen lateinamerikanischen Ländern wie Brasilien, Mexiko, Kolumbien oder Argentinien Unsicherheit, binden Aufmerksamkeit und verstellen den Blick auf zukünftige Trends und Entwicklungen, so die einhellige Expertenmeinung auf der Tagung des Regionalprogramms „Soziale Ordnungspolitik in Lateinamerika“ (SOPLA).
Zentrale Fragen, die sich aus der digitalen Transformation der Lebens- und Arbeitswelt ergeben, werden in Lateinamerika – in Wahlkämpfen und in der Tagespolitik – eher zaghaft diskutiert. Dies ist gefährlich, weil die komparativen Vorteile vieler Schwellen- und Entwicklungsländer durch Automatisierung, Robotisierung und digitale Geschäftsmodelle erodieren können. Arbeitsintensive Industrietätigkeiten, industrielle Landwirtschaft und etablierte Geschäftsmodelle werden sich absehbar wandeln, mit Auswirkungen auf die wirtschaftliche Basis lateinamerikanischer Volkswirtschaften. Dabei gilt auch für Lateinamerika: Arbeit wird nicht verschwinden, sich aber fundamental ändern. Sind politische Entscheider auf diesen Wandel vorbereitet, fragte der Leiter des Regionalprogramms SOPLA, Gunter Rieck Moncayo, während seiner Eröffnungsrede.
„Während man im Silicon Valley über Singularität und Transhumanismus diskutiert, Deutschland die Industrie 4.0 vorantreibt und Japan sich der Gesellschaft 5.0 verschrieben hat, kämpfen wir noch mit dem Aufbau einer Sozialen Marktwirtschaft 1.0 samt ihrer Prinzipien und Institutionen“, fasste ein Teilnehmer die politische Herausforderung für Lateinamerika zusammen. Zwar nutzen die Menschen in der Region digitale Instrumente sehr aktiv, auch gebe es digitale Erfolgsgeschichten und „Inseln der Digitalisierung“, aber im Vergleich zu anderen Weltregionen falle man eher zurück. „Letztlich bleibe man abhängiger Techniknehmer mit ausbaufähiger Infrastruktur“ hieß es.
Diese Einschätzung bildete die Grundlage einer lebhaften Debatte über Wirtschafts- und Digitalpolitik sowie bildungs- und sozialpolitische Fragen, in der Referenten aus zwölf lateinamerikanischen Ländern und Deutschland zu Wort kamen. Dabei wurde herausgearbeitet, dass einzelne Länder in ihren digitalpolitischen Ambitionen durchaus Fortschritte machen, wie etwa der Digital Planet Report der amerikanischen Tufts University belegt, man es insgesamt aber mit einer wachsenden digitalen Kluft innerhalb der lateinamerikanischen Staaten und zwischen Lateinamerika sowie den Industriestaaten zu tun habe.
Dysfunktionale Staaten, unzureichende Bildungs- und Ausbildungssysteme und informelle Arbeitsmärkte würden den Übergang in das digitale Zeitalter erschweren und bedürfen umfassender Reformen. Gleichwohl gebe es erste Ansätze, sich stärker mit den Folgen der Digitalisierung, beispielsweise für die nationalen Arbeitsmärkte, auseinanderzusetzen. Brasiliens kürzlich veröffentliche Digitalstrategie („Estratégia Brasileira para a Transformação Digital“) oder die seit 2014 existierende „Internet-Verfassung“ (“Marco Civil da Internet”) seien Beispiele für eine neue Sensibilität. Das man seit letztem Jahr auch innerhalb der G20 über Digitalpolitik spricht, erhöhe den Druck sich auch in der Region mit diesen Fragen zu beschäftigen hieß es.
Eine weiteres Hindernis bei der Bewältigung der anstehenden Aufgaben ergibt sich aus der weiterhin unzureichenden Regionalintegration in Lateinamerika: „Jeglicher Versuch einer Regionalintegration muss zwingend Regeln für die Digitalwirtschaft beinhalten. Wir liegen hier als Region zurück und können keine weitere Zeit verstreichen lassen!“ Auf diese Feststellung eines venezolanischen Experten hin entgegnete ein Teilnehmer aus Bolivien, dass der Gemeinsame Markt des Südens (Mercosur) beispielsweise bisher nicht einmal in der Lage sei, seine Probleme hinsichtlich Zollschranken, Handelsfragen und Investitionsmöglichkeiten zu lösen. Wenn schon auf diese „klassischen“ ökonomischen Fragen keine Antwort gefunden werde, bleibe eine gemeinsame digitale Agenda in weiter Ferne.
Doch auch angesichts dieser eher ernüchternden Gemengelage verloren die lateinamerikanischen Experte nicht die Zuversicht und setzen weiterhin auf das Ordnungsmodell der Sozialen Marktwirtschaft, wie ein mexikanischer Teilnehmer ausführte: „Die Soziale Marktwirtschaft kann ein großartiger Mechanismus sein, um die positiven Effekte dieser technologischen Revolution zu maximieren und gleichzeitig einen gesellschaftlichen Zusammenhalt zu schaffen, der die negativen Effekte spürbar reduziert.“
Experten aus Deutschland, darunter der digitalpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion Tankred Schipanski, reicherten die Debatte um deutsche Erfahrungen im Umgang mit der Digitalisierung an. „Die digitale Agenda der Bundesregierung setzt Rahmenbedingungen für das Leben, Lernen, Arbeiten und Wirtschaften in der digitalen Welt und bündelt Maßnahmen auf zentralen Handlungsfeldern wie Infrastruktur, e-Government und Datensouveränität“, so Schipanski. Auch Deutschland habe in einzelnen Bereichen, etwa dem Infrastrukturausbau, einiges zu tun, so der Bundestagsabgeordnete. Politik dürfe nie den Status quo verwalten, sondern die Zukunft im Blick haben.
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