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Auf die Annexion der Krim und den Aggressionen in der östlichen Ukraine folgten allerdings Sanktionen, mit deren Härte ein einheitlich auftretender Westen die russische Führung überrascht habe. Mit der Intervention in Syrien erprobte Putin erneut seine Strategie, nach dem „Rückzug der USA“ „durch militärische Handlungsfähigkeit als globaler Akteur Respekt zu erwerben.“. Putin verstärke die unbestritten vorhandene Verunsicherung des Westens, verachte die Bereitschaft zum Kompromiss als Ausdruck von Schwäche und nütze die Kalamitäten der USA wie der EU systematisch aus. Meister benannte als herausragendes Ziel russischer Außenpolitik, mit dem Westen einen neuen Sicherheitsvertrag zu schließen, der Moskau ein Vetorecht in allen wichtigen Angelegenheiten einräume und die Interessen kleinerer Staaten ignoriere.
Meister hält diese Ambitionen für überzogen: „Der Westen muss unbedingt Stärke zeigen. Russland steht auf einem tönernen Fundament: Ökonomisches Potenzial und attraktive politische Ideale fehlen. Kreative Eliten verlassen das Land. Und das Demographieproblem ist erheblich.“ Während auf Druck der dominierenden Sicherheitsapparate sechs Prozent des Bruttoninlandsproduktes in den Haushalt der Streitkräfte fließen, bestünden 75 Prozent der Exporte und 40 Prozent der gesamten Einnahmen des Landes aus den Erlösen aus dem Verkauf von Rohstoffen. Industrieprodukte verfehlten die Standards der Wettbewerbsfähigkeit. Nur drei Prozent der Exporte seien dem Hochtechnologiesektor zuzurechnen.
„Die vermeintliche Stärke Russlands beruht auf der Schwäche des Westens.“ Diese Schlussfolgerung beinhalte den Auftrag an die Europäische Union – insbesondere Deutschland – ihre politischen Ziele zu überprüfen: „Wir müssen internationale Verantwortung übernehmen und die europäischen Institutionen reformieren.“ Dann könne die EU wieder Vorbild sein: „Eine Stärkung der Resilienz des Westens wird Russland schwächen.“ Nachdem Russland sein Vertrauen zum Westen für zerstört erklärt habe, sei „mehr als friedliche Koexistenz in naher Zukunft nicht zu erreichen.“ Putin solle ausdrücklich nicht isoliert werden: „Er darf aber nicht dominieren und somit die Abläufe bestimmen.“ In keinem Fall werde „Russland so werden, wie wir sind. Als Modernisierungspartner sind die EU und Deutschland für russische Eliten nicht mehr attraktiv.“ Heute bestehen Putin und seine Anhänger darauf, jenseits der Konzepte rund um Demokratie und Freiheit, die durch Wohlstandsverluste in den Neunziger Jahren diskreditiert worden seien, und durch „Abgrenzung von verdorbenen Westen“ eigene russische Werte zu entwickeln.“ Viele Bürger stellten sich allerdings einen Monat vor dem Urnengang am 18. März („eine Wahl ohne Wahl“) die Frage, ob der gegenwärtige und zukünftige Präsident Putin Ideen für die Zukunft des Landes habe. Ökonomische Erfolge und Perspektiven fehlten völlig; „Ist Russland also zukunftsfähig?“
Nachdem Moskau mit dem Präsidenten Medwedew bis 2012 die Prioritäten gesetzt hatte, seine Wirtschaft zu modernisieren und sich politisch dem Westen anzunähern, brach der ins Präsidialamt zurückgekehrte Putin mit dieser Strategie. „Die Ignoranz des Westens hat zu der folgenden Entfremdung beigetragen.“ Russische Eliten beharrten außerdem unbeirrbar auf der falschen Behauptung, westliche Staaten hätten die Massenproteste der Jahre 2011 und 2012 verursacht. „Das Freund-Feind-Weltbild des Kalten Krieges wurde reanimiert. Ein einzigartiger Vertrauensverlust ereignete sich seither: Es gibt zwei völlig verschiedene Perzeptionen. Heute erleben wir den Tiefststand der Beziehungen seit dem Ende des Kalten Krieges.“