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Die persönlichen Erinnerungen der 1. Vizepräsidentin des Landtages
M-V Frau
Renate Holznagel MdL
standen im Zentrum der Veranstaltung ‚Das Jahr vom Mauerfall bis zur Deutschen Einheit’, die anlässlich des Jubiläums 20 Jahre Deutsche Einheit am 6.11.2010 im Schweriner Schloss stattfand.
Deutlich stellte Frau Holznagel heraus, dass die Zeit vom Mauerfall bis zur Deutschen Einheit für sie ein ganz besonderer Lebensabschnitt gewesen sei. Noch heute empfinde sie es als ein Wunder, dass mit Mut, Disziplin, Solidarität der DDR-Bürger der Mauerfall erreicht werden konnte und dass die Demonstrationen und das Aufbegehren friedlich verlaufen seien und kein Schuss gefallen sei.
Damals – vor 20 Jahren – war Frau Holznagel schon viele Jahre Mitglied der CDU. Das Bemühen, in der Blockpartei das ‚C’ zur Geltung zu bringen, wollte nicht recht gelingen. Und doch hatte ihr der Parteibeitritt 1970 geholfen, sie aus einer prekären Lage zu bringen. Die Weigerung, eine Resolution der FDJ-Studienjahresgruppe zu unterschreiben, hätte eine Exmatrikulation zur Folge haben sollen.
Durch die Reformbewegungen in Polen, Ungarn und in der UdSSR habe sich ab Mitte der 80er Jahre der parteiinterne Druck erhöht. Am 10. September 1989 forderten Mitglieder der Parteibasis (zu ihnen gehörte Christine Lieberknecht) in dem ‚Brief aus Weimar’, notwendige Reformen in Staat und Gesellschaft vorzunehmen. Gefordert wurden z. B. die Reisebeschränkungen aufzuheben, die Meinungen der Mitglieder ‚authentisch zum Ausdruck’ kommen zu lassen, die ‚Mündigkeit des Bürgers’ zu respektieren, eine Pressefreiheit sicherzustellen. Die Forderungen des Weimarer Briefes seien zwar hinter denen anderer oppositioneller Gruppen zurück geblieben, gleichwohl trug auch dieses Aufbegehren zu den nachfolgenden revolutionären Umbruchprozessen bei.
Das Erleben der Grenzöffnung im November 1989 sei unfassbar gewesen. Eine unbeschreibbare Freude habe die Menschen erfüllt. Zunächst blieb eine gewisse Angst, ob die Grenzen offen bleiben würden.
Auf einem Sonderparteitag vom 15.-16.12.1989 beschloss die Ost-CDU einen grundlegenden politischen Kurswechsel: Die Partei verstand sich nun als ‚Volkspartei mit christlichem Profil’ und wandte sich gegen ‚sozialistische Experimente’, trat für eine Marktwirtschaft sozialer und ökologischer Prägung ein. Der Parteitag endete mit dem Bekenntnis zur Deutschen Einheit in einem geeinten Europa. Der neue Parteivorsitzende Lothar de Maizieres schloss eine Koalition mit der SED-PDS unter allen Umständen aus.
Nach der Rede von Helmut Kohl am 19.12. 1989 vor der Frauenkirche in Dresden habe die nationale Perspektive mehr und mehr an Bedeutung gewonnen. Die Veränderung des Rufes ‚Wir sind das Volk’ in ‚Wir sind ein Volk’ habe unmißverständlich klar gemacht, dass sich das Ziel der Wiedervereinigung in den Vordergrund geschoben hatte.
Ein Treffen des Heimatortes Loitz mit der Patengemeinde Husum im Dezember 1989 ist für Frau Holznagel von herausragender Bedeutung geworden. Die Einladung zu einem Crash-Kurs über Demokratie, Parteiarbeit, Pressearbeit etc. nach Husum habe wichtige Voraussetzungen für das weitere politische Wirken gelegt. Und es sei eine Freundschaft mit Peter Harry Carstensen entstanden, der in den folgenden Jahren als Unterstützer, Ratgeber, Mutmacher eine wichtige Mentorenrolle übernahm.
Die erste und einzige demokratische Wahl zur Volkskammer am 18.3.1990 brachte für die PDS eine verheerende Niederlage, die von der CDU geführten ‚Allianz für Deutschland’ erhielt hingegen knapp 50 % der Stimmen. Dieses Wahlergebnis widerlege – so die Referentin - die zuweilen vertretene Ansicht, die DDR sei gegen den Willen der Wähler vereinnahmt worden. Die Volkskammerwahl vom März 1990 belege, dass die überwältigende Mehrheit der Ostdeutschen einen radikalen Bruch mit der Vergangenheit gewollt habe.
Der Landesverband der CDU Mecklenburg und Vorpommern wurde am 3.3.1990 in Rostock gegründet. Für Frau Holznagel, die mit einer kleinen Gruppe ihres Kreisverbandes daran teilnahm, war es eine Erfahrung auf dem weiteren politischen Lebensweg.
Die Umgestaltung des Rates des Kreises in der Heimatregion sei mit enormer Kraft und viel Zeitaufwand begonnen worden. Die Annahme, dass die Sanierung eines letztlich bankrotten Landes ohne Schmerzen zu schaffen sei, habe sich schnell als illusionär erwiesen.
Als zentrale Schlussfolgerung all ihrer Erlebnisse und Erfahrungen hob Frau Holznagel hervor, dass es vor allem wichtig sei, miteinander zu reden und das gegenseitige Verstehen zu fördern. Und es müsse einer Verklärung der Vergangenheit deutlich entgegen gewirkt werden. Die DDR-Zeit müsse weiter aufgearbeitet werden, denn die Vergangenheit gehöre zur Zukunft. Vergangenheit und Zukunft seien in der Gegenwart versammelt. Unwissenheit setze unsere Demokratie leichtfertig aufs Spiel.
Es war ein spannender Vortrag, der das Glück und die Euphorie vor 20 Jahren über den Mauerfall und die Deutsche Einheit nachempfinden ließ.