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Am 11.11.16 war die Konrad-Adenauer-Stiftung M-V zu Gast bei der 24-Std. Vorlesung der Universität in Greifswald. Jordanienexperte Dr. Otmar Oehring informierte in einem gut gefüllten Hörsaal über die Rolle Jordaniens in Zeiten der Flüchtlingskrise. Oehring leitete bis Mitte 2016 das Auslandsbüro der KAS in Jordaniens Hauptstadt Amman.
Jordanien hat laut offiziellen Zahlen etwa 660.000 Flüchtlinge, vorwiegend aus Syrien, aufgenommen. Gezählt werden jedoch nur diejenigen, die sich auch in Flüchtlingsheimen der Vereinten Nationen registrieren ließen. Oehring geht von zeitweise mehr als 0,5 Mio. Flüchtlingen aus, die zusätzlich außerhalb der offiziellen Flüchtlingslagern in Jordanien Schutz suchen. Dies sei eine enorm hohe Dunkelziffer.
In den Zeltlagern der Vereinten Nationen gebe es nur das Nötigste.
Ein großes Problem der Versorgung sei die Wasserversorgung. Jordanien habe für das gesamte Land bei effizienter Nutzung gerade einmal ausreichend Trinkwasser für rund 2,5 Mio. Einwohner. Vor der Krise sei das Wasser bereits knapp gewesen, als in Jordanien gerade einmal 6,5 Mio. Menschen lebten. Nun sind es nach einer aktuellen Volkszählung 3 Mio. Menschen mehr. Für Jordaniens Bürger bedeutet dies, pro Tag nur über rund 20 Liter Wasser pro Person verfügen zu können.
Eine besondere Brisanz sei durch die Zusage der Regierung entstanden, dass jeder Flüchtling in einem UN Flüchtlingsheim einen Anspruch auf 25 Liter/Person und Tag hat, so Oehring, der bereits selbst mehrere Flüchtlingslager in Jordanien besuchte.
Innerhalb der Flüchtlingslager gebe es Spannungen zum einen aus religiösen, kulturellen Gründen, zum anderen aufgrund der enormen Größe der Flüchtlingsheime. Auf engstem Raum leben bis zu 100.000 Flüchtlinge. Das entspricht der Bevölkerungsstärke einer mittleren deutschen Stadt. Zur Zeit leben bspw. im Flüchtlingslager Mafraq etwa 85.000 Flüchtlinge, deutlich mehr Flüchtlinge als Einheimische.
Ein großes Problem sei, so Oehring, dass Flüchtlinge in Jordanien keine Arbeitserlaubnis erhalten. Dies sei besonders deswegen problematisch, da die UN für eine Flüchtlingsfamilie gerade einmal etwa 40 US-Dollar pro Monat zur Verfügung stellt. Davon könne man in dem relativ teuren Land Jordanien kaum existieren. Da viele Flüchtlinge in Jordanien keine Zukunft für sich und ihre Familie sehen versuchten sie nach Europa zu kommen. Aufgrund der politischen Lage in den Nachbarländern 'funktioniere' dies fast nur über den Internationalen Flughafen in Amman. Turkish Airlines habe die Chance ergriffen und versuche, möglichst hohe Gewinne aus der prekären Lage der syrischen Flüchtlinge zu ziehen. Es werden nun mit enorm hohen Ticketpreisen zahlreiche Flüge nach Istanbul angeboten. Viele Flüchtlingsfamilien versuchten alles zur Verfügung stehende Geld zusammenzulegen, um einen Flug aus Jordanien nach Istanbul zu finanzieren. In Istanbul bleiben allerdings die wenigsten. Da eine Einreise in die EU mit syrischen Pässen ohne Visum nicht ohne weiteres möglich ist, nutzen die Flüchtlinge entweder die berühmte griechische Insel Lesbos oder den sicheren Landweg über Bulgarien, um letztendlich z. B. nach Deutschland oder in ein anderes wirtschaftlich gut gestelltes Land im Westen Europas zu gelangen. Auch viele Jordanier verlassen ihr Heimatland entweder aus wirtschaftlicher Not oder aufgrund besserer beruflicher Möglichkeit in anderen Ländern z.B. in Singapur. Die jordanische Regierung versuche, beiden Problemen gerecht werden. Firmen, die bisher in Syrien beheimatet waren und dort keine Zukunft mehr haben, sollen nach Jordanien geholt werden. 50% der Stellen sollen dabei von Syrern und 50% von Jordaniern besetzt werden.
Die wirtschaftlich prekäre Situation Jordaniens liege vor allem an den nicht vorhandenen Rohstoffen. Jordanien erkennt jedoch zunehmend die Vorteile von Wind- und Sonnenenergie. Das Land verfügt über riesige Wüstengebiete, die sich perfekt für die Installation von Solaranlagen und Windkrafträdern eignen. Ein Ausbau würde Jordanien zudem im Energiesektor unabhängiger von anderen Ländern machen.
Oehring zog als Fazit, dass Jordanien derzeit noch stabil sei, diese Stabilität werde aber vor allem durch die prekäre wirtschaftliche Situation gefährdet.
Fabian Rene Fischer