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Josef Kraus, von 1987 bis 2017 ehrenamtlicher Präsident des Deutschen Lehrerverbandes (DL), referierte im Ratskeller Stadthagen über die Auswirkungen der 68er-Bewegung für Deutschland, in Anlehnung an sein neu erschienenes Buch „50 Jahre Umerziehung“. Moderiert wurde die Veranstaltung von dem CDU-Bundestagsabgeordneten Maik Beermann.
Beobachtungen einer Entwicklung
Josef Kraus versprach „eine kritische Geschichtsstunde, wie als Lehrer gewohnt, im 45 Minuten-Block“ zu geben und begann zugleich mit den sogenannten „Enkelideologien“ der 68er-Bewegung. Zu diesen gehörten seiner Auffassung nach die Kampfbegriffe „Political Correctness“ oder „Gender-Ideologie“ und kritisierte heftig den daraus folgenden Umgang mit der deutschen Sprache, mit der die Realität „kaschiert und verbrämt“ würde. Dafür lieferte der Referent Belege: „Aus Schulschwänzern wurden Schuldistanzierte, aus faulen Schülern wurden demotivierte und aus dummen Schülern einseitig begabte.“ Insgesamt würden aufgrund der heutigen Historisierung der 68er, die Folgen nicht berücksichtig und viele Zusammenhänge nicht erkannt.
Neben dem roten Faden, der sich von 1968 bis heute durchziehe, erläuterte Josef Kraus auch historische Ereignisse und ordnete diese in die Entwicklung der Bundesrepublik ein.
Ausführlich widmete sich der Autor der Bewegung selbst, und nannte deren damaliges Ziel „einen liberalen Sozialismus in Deutschland zu etablieren.“ Er betonte, auch wenn er sich größtenteils nur auf Deutschland fokussiere, sei diese Strömung „kein rein deutsches Phänomen.“ In Frankreich etwa, habe sie im Mai 1968 zu großen Revolten und Generalstreiks geführt. In Deutschland habe die Arbeiterschaft hingegen auf die Studenten geblickt, mit den Worten: „Arbeitet doch erstmal richtig!“
Für Kraus stehe fest, die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit und die Liberalisierung in den 70er-Jahren hätte es auch ohne 68 gegeben: „Die 68 und ihre Epigonen schmücken sich mit fremden Federn.“ Tatsächlich habe es bereits in den 1950er und 1960er Jahren viele Reformen gegeben: „1954 war eine große Strafrechtsreform eingeleitet worden; die Kriterien Schuld und Strafe ergänzt bzw. ersetzt durch die Prinzipien Resozialisierung und Reintegration.“ Auch das Ende der Strafbarkeit der Homosexualität wäre damit einhergehend bestimmt, sei aber letztlich erst 1969 endgültig beschlossen worden. „1958 folgte ein Gleichstellungsgesetz und damit das Ende des Alleinvertretungsrechts des Ehemannes“, so der 69-Jährige.
Bildung - Eine Sache der Erziehung
Der ehemalige Lehrer fand auch deutliche Worte auf die derzeitige Bildungssituation und scherzte, man solle sein Buch aus 2017 „Wie man eine Bildungsnation an die Wand fährt“ nicht als Anleitung verstehen. Die rasant ansteigende Zahl der Abiturienten sei auf das schwindende Niveau in Schulen zurückzuführen. Der Sprachwortschatz habe sich in den letzten Jahrzehnten drastisch reduziert und Bildungseinrichtungen seien zu „Spaß-Schulen“ mutiert.
Josef Kraus kritisierte aber nicht allein die Pädagogen, sondern auch die Eltern. Deren Aufgabe sei es schließlich ihre Kinder zu erziehen. „Erziehung ist Kommunikation“, sagte Kraus, „Erziehung ist eine Mischung aus führen und wachsen lassen.“ Er selber habe es erlebt, denn als er jung war sei er strenger erzogen worden und später dann immer liberaler.
Das Publikum pflichtete ihm in der Diskussion teilweise bei, aber auch kritische Stimmen kamen, neben Kartoffelsalat und Würstchen, zu Wort.