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Dirk Toepffer MdL, stellvertretender CDU-Fraktionsvorsitzender im Niedersächsischen Landtag, versuchte den Brückenschlag zwischen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft zum Thema "Kultur des Scheiterns": Auch Politiker haben das Scheitern gelernt. Aber immer weniger werde Scheitern verziehen und die mediale Öffentlichkeit versuche nur, das nächste Scheitern zu begleiten.
Doch Toepffer macht Mut: "Es gab auch andere Charaktere. Der Aufbau einer europäischen Flugzeugindustrie wäre ohne die Vision eines Franz-Josef Strauß niemals denkbar gewesen.", so der, auch für Wirtschaftspolitik zuständige, CDU-Abgeordnete. Die deutsche Wiedervereinigung hätte in vielen Punkten scheitern können. Helmut Kohl habe darüber nicht sehr lange nachgedacht. Toepffer vermißt diese Charaktere. Deutschland kranke nicht an zu vielen gescheiterten Politikern. Deutschland kranke daran, dass zu viele Politiker Angst vor dem Scheitern haben. Vielleicht bleibe deshalb manches unerledigt liegen. Angesichts der Rolle der Medien und der Erwartung der Bürger dürfe man sich jedoch nicht wundern, wenn das öffentliche Leben "nur noch verwaltet aber nicht mehr gestaltet wird", so Toepffer in seinen nachdenklichen Einleitungsbemerkungen. In der Wirtschaft denke man aber heute vielfach weiter, so seine Ansicht. Ein Motto, das im englischsprachigen Raum als „Trial and Error“ bekannt sei, und Unternehmen wie „Google“ zum Erfolg geführt habe, finde auch in Deutschland immer mehr Anhänger. Wer vieles ausprobiere, müsse natürlich mit dem Scheitern rechnen. Aber "nur wer vieles testet, stößt dabei auf die besten Geschäftsmodelle". Das war dann auch die Überleitung zum Hauptgast des Mittagsgespräches, dem Leiter des Center of Entrepeneurship und Stiftungsprofessor Dr. Reza Asghari.
Asghari selbst lebt in Salzgitter, ist gebürtiger Iraner und verriet auch eigene Irrtümer und eigenes Scheitern. Seine Ernennung zum Hochschulprofessor sei schon ein "entrepeneurer Akt", weil seine Stiftungsprofessur im Jahr 2009 die erste gemeinsame Professor an einer Universität (TU Braunschweig) und einer Fachhochschule (Ostfalia) gewesen sei.
Scheitern sei ein ganz normaler Vorgang eines evolutionären Prozesses, erläuterte Asghari. Doch zunächst erklärte er den Begriff des "Entrepeneurships". Es gehe eben nicht um die reine Existenzsgründung, sondern um neue Produkte oder Verfahren. Entrepeneurship sei allenfalls "innovative Unternehmensgründung", verbunden mit evolutionären oder revolutionären Veränderungen zum Beispiel einer gesamten Wertschöpfungskette. Entepeneneurship bedeutet zugleich die schöpferische Zerstörung überkommener Strukturen oder Prozesse durch umwälzende Innovationen. Unter anderem zeigte Asghari dies am Beispiel der Informations- und Wissensgesellschaft auf.
Nachdenklichkeit erzeugte Professor Asghari mit dem Hinweis auf die Dynamik der chinesischen Volkswirtschaft, die Deutschland bereits als Exportweltmeister überholt und abgehängt habe. Dies führe auch in Deutschland dazu, neues Wissen produzieren zu müssen und dies geschehe auch erfolgreich, wie beispielsweise an den Patentanmeldungen - noch vor den USA - zu erkennen sei. Doch es gebe dafür nicht den gleich starken "ökonomischen Effekt". Die Amerikaner seien hinsichtlich der Wissensverwertung erheblich stärker, wie Anhand des "Totally Entepreneurial Index" zu erkennen sei. "Der Wohlstand wird heute durch Wissen produziert." Wenn wir unser Wohlstandsniveau beibehalten wollen, dann müssen unsere Hochschulen und universitären Einrichtungen mehr Prosperitätseffekte durch Entrepeneurship und Wissensverwertung erzeugen, so Asghari mahnend. Andernfalls werde es in 15 Jahren sehr schwierig und eng für Deutschland.
Asghari forderte ein entsprechendes "Mindset" in Organisationen und Unternehmen. Menschen können Freude haben Neues zu schaffen, dafür bedarf es aber entsprechender Rahmen. Es gehe bei Entpreneurship also nicht nur um die Frage von Kapital, sondern um die Menschen, ihre Bereitschaft, gemeinschaftlich und vernetzt Probleme zu lösen. Am Beispiel IKEA erklärte er, dass Möbel schon immer gebaut worden seien, aber da die Menschen offenbar gern selbst Möbel aufbauen, sei die gesamte Wertschöpfungskette verändert worden und IKEA könne Möbel billiger herstellen. Einige Aha-Effekte bei den Zuhörer erzeugte Asghari anhand neuer Vertriebsmodelle über das Internet, bei dem ein Student mit wenig Gründungskapital nach eigenen Aussagen "Erkenntnisse aus der eigenen Diplomarbeit" angewendet habe und heute mehrere Millionen Euro Umsatz generiere.
Asgharis Aufgabe an der Ostfalia Hochschule in Wolfenbüttel sei es, Unternehmensgründungen bei Professoren und Studierenden zum Thema zu machen und entsprechende Anreizfunktionen zu schaffen. Neuberufene Professoren müssen in Braunschweig zwingend Workshops zu diesem Thema besuchen. In diesem Zusammenhang berichtete Asghari auch von den Erfahrungen von Reisen mit Studierenden ins Silicon Valley, der Brutstätte neuer Ideen und Unternehmens in den USA.
"Fehler kann man nur dann vermeiden, wenn man nichts tut", erinnerte Asghari und zog sogar historische Beispiele heran, um Risikobereitschaft und "Entrepeneurial Geist" zu erläutern. Wir müssen aber Handeln, so Asghari, Fehler gehören zum Prozess des Reifwerdens und der Evolution führte er aus. Und im Silicon Valley (Stanford) habe man gezeigt, wie man erfolgreich sein könne. Stanford sei ein Vorbild in der Welt, daraus müssen man Anregungen entnehmen. Stanford habe seit Ende der 50er Jahre seiner Aussage nach 39.0000 Unternehmen hervorgebracht, die heute noch am Markt seien und diese Unternehmen generieren einen Gesamtumsatz, das dem Bruttoinlandsprodukt von Südkorea entspreche.
Mit dem Spruch an einer Wand des Entrepeneurship-Centers in Stanford, die da lautet: "Every problem is an opportunity. The bigger the problem, the bigger the opportunity." brachte Stiftungsprofessor Reza Asghari die richtige Denkhaltung für mehr Unternehmersgeist und Risikofreude auf den Punkt. Es habe vieles mit der Haltung und Optimismus zu tun. Und wir Deutsche müssen uns als Folge der Informations- und Wissensgesellschaft mehr öffnen, die Welt rücke mehr und mehr durch Informationstechnologie zusammen. 50% der Startups werden direkt von Migranten in erste Generation gegründet, in 90% der Vorstände der Startup-Unternehmen sitzen Migranten der ersten Generation. Wir müssen gucken, wie wir Highpotentials werben können, die Welt sei ein Global Village geworden. Technologisch sei Deutschland aber stark und habe Potentiale, diesen "Wettbewerb um Köpfe" aufzunehmen.
Was mit "Entrepeneurship" als "Einstellung und Haltung" gemeint ist, belegte Asghari mit einem kurzen Video über Existenzgründer (siehe Link auf dieser Seite). Dem Betrachter wurde sofort, klar, dass hier überzeugte junge Menschen mit glänzenden Augen am Werk seien, die von sicher und ihrer Idee, aber auch der Durchsetzung, begeistert sind. Auch offenbare sich hier offenbar eine ganz andere Haltung zur Arbeit, so Jörg Jäger von der Konrad-Adenauer-Stiftung, Moderator des Mittagsgespräches im Künstlerhaus Hannvoer.
In der anschließenden Publikumsdiskussion wurden noch allerhand Aspekte zum Thema Entrepeneurship angesprochen. Manche Teilnehmer beklagten in deutschen Organisationen die Tendenz von Managementsystemen der Null-Fehler-Systeme anstand der konstruktiven Fehlerkultur.
Auf Nachfrage bestätigte Professor Asghari die Forderung, dass private Investoren steuerlich begünstigt werden, wenn sie ihr Geld in innovative Startups investieren. "Wir müssen mehr in junge Menschen investieren" - und der Staat müsse privates Kapital durch seine Steuerpolitik generieren helfen. Auch sei es beim "Social Entrepeneurship" möglich, dass sich Projekte refinanzieren, aber es müssen steuerliche Rahmenbedingungen für Investoren geschaffen werden, die drei oder fünf Jahre ins solche Projekte investieren.
Auf die Frage, wie man die "Kultur vom Silicon Valley" hier nach Deutschland her holen könnte, zeigte sich Asghari aber optimistisch. Deutschland habe sich in den letzten Jahren geöffnet. Man müsse vor allem bei den Studierenden ansetzen. So seien seine Veranstaltungen und Vorlesungen im Wahlpflichtbereich außerordentlich gut nachgefragt und man müsse eine Einstellung erzeugen, die lebenslang halte.
Im Anschluss wurden unter den Teilnehmern aus Hochschulen, Transfereinrichtungen, Ministerien und politisch Interessierten noch zahlreiche Gespräche geführt, Visitenkarten getauscht und über künftige Vorhaben gesprochen.