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Der Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Niedersachsen, Jörg Jäger, begrüßte zunächst die Gäste. Bei der Vorstellung des Gastredners hob er besonders dessen Tätigkeit von Juni 2011 bis Juli 2014 als Leiter des Auslandsbüros Israel der Konrad-Adenauer-Stiftung in Jerusalem. In dem folgenden Grußwort des Europaabgeordnete Burkhard Balz betonte dieser die Komplexität der Lage im Nahen Osten und die begrenzten Handlungs- und Einflussmöglichkeiten Deutschlands und Europas, um den Konflikt beizulegen.
Einleitend erläuterte Mertes die herausragende Bedeutung Israels für Deutschland in der Konfliktregion. „Israel ist eines der wirtschaftlich stabilsten Länder in der Region, es hat die Weltwirtschaftskrise gut weggesteckt und hat heute ein höheres BIP/Kopf als manche europäische Länder wie etwa Spanien.“, sagte der Referent. Des Weiteren sei Israel eine Brücke zur Welt, in der Ost und West und neue Generationen mit viel Potenzial aufeinander träfen. „Israel ist ein Teil der westlichen Wertegemeinschaft und das einzige demokratische Land in der Region.“ Außerdem habe man gemeinsame Sicherheitsinteressen mit dem Staat am Mittelmeer, ergänzte Mertes.
Die gegenwärtige Lage gebe allerdings Anlass zur Sorge. Israel sei von schweren Konflikten regelrecht belagert, die fast alle arabischen Anrainerstaaten beträfen. „Im Nahen Osten können wir eine Krise der Staatlichkeit beobachten. Es gibt schwache Staaten mit starken Herrschern und starke Staaten mit schwachen Herrschern.“ Und dazu gäbe es Gebilde, die weder das eine noch das andere seien, beispielsweise der Gaza-Streifen. Der stelle einen „Quasi-Staat“, der von einer nichtstaatlichen Terrororganisation beherrscht würde. Mertes fasste die Lage zusammen, indem er feststellte: „Im Nahen Osten können wir gegenwärtig den Beginn eines 30-jährigen Krieges beobachten, der viele Parallelen zu den Auseinandersetzungen zwischen den Protestanten und den Katholiken im Europa des 15. - 17. Jahrhunderts aufweist.“
Im Hauptteil seines Vortrages analysierte Mertes in einer Art „tour d´horizon“ die politische Situation in den anderen arabischen Ländern aus Sicht der Israels: „Der Nahe Osten ist wie eine Erdbebenzone, in der sich mehrere tektonische Platten aufeinander zu bewegen, die über eine längere Zeit Spannungen aufbauten, die sich nach Jahren der Ruhe in verheerenden Erdbeben entladen“, sagte Mertes. Ein fast hoffnungsloser Fall sei Syrien. Der Staat sei in mehrere Teile gespalten, die entweder unter der Kontrolle der Kurden, des Assad-Regimes, der säkularen pro-westlichen Opposition oder von islamistischen Terroristen des Islamischen Staates (IS) stünden. Besonders die Islamisten stellten eine große Bedrohung für Israel dar. Jordanien dagegen, ein Ausbund an staatlicher Stabilität, sei sehr wichtig für Israel. „Jordanien ist aufgrund seiner starken Armee Israels Schild nach Osten. Ein Kollaps Jordaniens wäre deshalb eine Katastrophe für Israel.“, fuhr Mertes fort. Ebenso wie Jordanien seien auch die Golfstaaten - bis auf Katar - „aktive Staaten“ zu Stützung der israelischen Sicherheit. „Länder wie Saudi-Arabien oder die Vereinigten Arabischen Emirate sind am Handel mit dem wirtschaftlich starken Israel interessiert und wollen deshalb, dass es Frieden in der Region gibt.“ Außerdem verbinde sie ihre Konfrontation zum Iran mit Israel. Katar hingegen spiele eine zwielichtige Rolle. Einerseits hätte das reiche Land den Amerikanern angeboten, in ihrem Land Truppen zu stationieren. Andererseits finanziere Katar gleichzeitig terroristische Organisationen, die Israel und die Juden auslöschen wollten, wie etwa die Hamas im Gazastreifen
Dann erläuterte Michael Mertes die Pro und Contras der von vielen westlichen Politikern geforderten „Zwei-Staaten-Lösung“. Nach dessen Einschätzung sei die Bildung von zweier Staaten – Israel und Palästina – auf absehbare Zeit unrealistisch, da es auf beiden Seiten zu viele unverhandelbare Streitpunkte gäbe. „Die Vorstellung, dass sich Israel und die Palästinenser über einen Grenzverlauf oder die Frage wie man Jerusalem aufteilt einigen, ist geradezu utopisch!“ stellte er lapidar fest. Aber auch eine „Ein-Staaten-Lösung“ sei kaum möglich, da man dann zwar einen einzigen Staat Israel bilden müsste, in dem allerdings die Araber die Mehrheit hätten – ein Horrorszenario für jeden Israeli. Die wahrscheinlichste Option sei daher laut Mertes, dass beide Seiten den Status Quo zementierten. Allerdings gebe es dabei das Problem, dass es momentan „den“ Status Quo gar nicht gäbe, da sich die Situation vor Ort jeden Tag verändere.
Nach der sich anschließenden Diskussion lud die Konrad-Adenauer-Stiftung zu einem Umtrunk, bei dem sich die Gespräche rund um Israel und den Nahostkonflikt noch einige Zeit lang fortsetzten.