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„Ist man eigentlich stolz auf einen solchen Lebensweg?“, mit dieser Frage begann der Moderator Klaus von der Brelie, Politikredakteur der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ), sein Interview. Stolz sei das falsche Wort, so Dr. Pöttering, doch empfinde er ein großes Gefühl der Dankbarkeit, das alles miterlebt zu haben. Jetzt sei aber der Zeitpunkt gekommen, um Platz für die jüngere Generation zu schaffen. Im Übrigen sei die Funktion des Vorsitzenden der Konrad-Adenauer-Stiftung fast so schön, wie Präsident des Europäischen Parlaments zu sein, gab der KAS-Vorsitzende mit einem leicht ironischen Unterton den Zuhörern zu verstehen.
Dann sprach Dr. Pöttering über seine jungen Jahre im Europäischen Parlament, in das er mit Anfang dreißig als jüngstes Mitglied seiner Fraktion einzog sowie seine politische Erfahrungen, die vor allem durch den kontinuierlichen Bedeutungszuwachs der EU-Institutionen geprägt wurden. Sehr anschaulich und lebendig berichtete er von Sitzungen der EVP-Fraktion, Treffen mit bedeutenden Politikern wie dem ehemaligen französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy oder dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdoğan. So betonte Dr. Pöttering, an den anwesenden türkischen Generalkonsul gewandt, seinen Respekt gegenüber Erdoğan, kritisierte aber auch gleichzeitig die aktuellen Einschränkungen der Meinungsfreiheit in der Türkei. „Jede Form der Zensur ist zu verurteilen!“, so Dr. Pöttering. Das Gespräch mit Erdoğan sei besonders schwierig gewesen, weil Dr. Pöttering aus seiner Abneigung zur EU-Vollmitgliedschaft der Türkei keinen Hehl gemacht habe. In dieser Einschätzung fühle er sich auch angesichts der jüngsten Entwicklungen in der Türkei bestätigt.
Ausführlich kommentierte Dr. Pöttering auch die aktuelle Situation auf der Krim. Dabei verurteilte er Putins Vorgehen scharf, räumte aber auch Versäumnisse des Westens ein. Zur Entschärfung der Lage empfehle er eine Doppelstrategie. Der Westen müsse klar „nein“ sagen, wenn Völkerrecht verletzt werde, jedoch dürfe die Kommunikation nicht abbrechen. Es sei von großer Bedeutung mit Putin z.B. auf Ebene der G20 weiter im Gespräch zu bleiben.
Neben vielen politischen Einblicken gestattete Dr. Pöttering auch einen Einblick in seiner Rolle als Vater und Privatperson. „Als Politiker ist man viel unterwegs, lebt häufig nicht sehr familienfreundlich. Doch wenn die Kinder das nicht als abschreckend empfinden, sondern sich selbst engagieren, sogar in der eigenen Partei, erfüllt mich das mit großem Stolz“, so der Familienvater. Die Frage, ob er über das Ausscheiden aus dem Europäischen Parlament traurig sei, verneinte der Politiker. „Ich empfinde weder Freude noch Wehrmut, sondern freue mich auf die Zukunft.“