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„Offenes Visier in einer offenen Gesellschaft!“

Ist die Vollverschleierung mit der Gleichberechtigung von Mann und Frau vereinbar?

Unsere Gesellschaft versteht sich als modern, offen und tolerant. Generationen haben für Freiheit und Gleichberechtigung von Frauen in allen Bereichen der Gesellschaft gekämpft. Frauenförderung auf der einen, Vollverschleierung auf der anderen Seite. Wie passt das zusammen? Um diese Frage aufzuwerfen und gemeinsam mit Wissenschaftlern, Politikvertretern und Betroffenen zu diskutieren, hatte das Politische Bildungsforum Rheinland-Pfalz an diesem Abend eingeladen. Die zentrale Frage lautete hierbei: Wo liegen die Grenzen von Toleranz und Weltoffenheit in unserer offenen Gesellschaft?

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In seiner Begrüßung merkte Karl-Heinz B. van Lier, Landesbeauftragter der Konrad-Adenauer-Stiftung für Rheinland-Pfalz, an, dass das Thema angesichts der überwältigenden Resonanz einen Nerv getroffen habe. Zunächst aber sei festzuhalten, dass die Vollverschleierung den Errungenschaften der Emanzipation entgegenwirke.

Julia Klöckner, MdL, Vorsitzende der CDU Rheinland-Pfalz, merkte hinsichtlich der Frage der Gleichberechtigung an: „Vieles ist für unsere Generation von Frauen selbstverständlich, da unsere Mütter und Großmütter dies für uns erstritten haben“. Ihr Engagement für ein Verbot der Vollverschleierung rühre, so Klöckner, auch daher, dass Muslimas aus ihrem Umfeld sie darin bestärkt hätten, dieses auf die politische Agenda zu setzen. Ein solches Verbot sieht die Oppositionsführerin als verfassungskonform an, weil das Grundgesetz eben die Gleichberechtigung von Mann und Frau vorsehe: „Vollverschleierung ist keine kulturelle Vielfalt! Sie zeigt, dass eine offene Gesellschaft durch Abgrenzung abgelehnt wird“. Toleranz sei immer wichtig, jedoch gelte für sie der Grundsatz „Keine Toleranz für Intoleranz!“

Alice Schwarzer, Publizistin und Frauenrechtlerin, bezeichnete die Burka als ein „Leichentuch für Frauen“. Für sie fange die Geschlechter-Apartheid beim Kopftuch an. Hinsichtlich der aktuellen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts merkte sie an, dass das Gericht im Namen der Religionsfreiheit urteile, das Kopftuch aber ein politisches und kein religiöses Zeichen sei. Aufklärung, Rechtsstaat und Freiheit seien eine Alternative, so Schwarzer. Und weiter: „Die Front der Auseinandersetzung verläuft nicht zwischen uns und Muslimen, sondern zwischen Aufgeklärten und zwischen Dunkelmännern“. Die Burka müsse verboten werden, weil sie der Auffassung der Frauenrechtlerin zufolge eindeutig gegen Menschenrechte verstoße.

Lamya Kaddor, islamische Religionspädagogin, hielt fest, dass nach klassischem islamischem Recht eine Vollverschleierung keineswegs begründet sei. „Wer dies dennoch tut, der glaubt, dass dies dem Islam entspräche“, so Kaddor. Grundsätzlich sprach sie sich für ein Burkaverbot, aber gleichzeitig auch gegen ein Kopftuchverbot aus und kritisierte, dass der Bewertung der Verschleierung immer eine negative Grundannahme vorausgehe, „nämlich dass ein Kopftuch nie freiwillig getragen werden kann“. Dies stellte Kaddor in Frage. Insgesamt sei ihrer Ansicht nach das Thema der Vollverschleierung nicht virulent genug, um eigens ein Gesetz zu installieren. Außerdem könnte dies „Wasser auf die Mühlen der Islamfeindlichkeit sein“.

Die Sicht des Staatsrechtlers zur Frage der Verfassungsmäßigkeit eines Burkaverbots legte der Mainzer Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Friedhelm Hufen dar. Er hielt fest, dass ein derartiges Verbot zwar in den Schutzbereich der Religionsfreiheit falle und ein Verbot der Burka ein rechtfertigungsbedürftiger Eingriff in dieses Grundrecht sei, es aber Beispiele dafür gebe, dass dies durchsetzbar sei. „Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat 2014 das französische Burkaverbot für menschenrechtskonform erklärt“, da es die Res Publica verteidige und die offene Kommunikation aller an der Demokratie Beteiligten sichere. Der Staat habe eine Schutzpflicht hinsichtlich Menschenwürde, so Hufen, „aber nicht zwangsweise durch ein Gesetz“. Abschließend bekräftigte der Verfassungsrechtler seine Auffassung, dass ein Burkaverbot legitimierbar sei und auch verhältnismäßig, dieses aber „wohl nicht vor dem Bundesverfassungsgericht standhalten würde“.

Die Journalistin Khola Maryam Hübsch, die einzige Kopftuchträgerin unter den Diskutanten, sprach sich ausdrücklich nicht für die Burka, aber gegen eine Burkaverbot aus: „Ein Verbot würde nicht viel bringen, denn beiden Gruppen - den freiwilligen wie unfreiwilligen Trägerinnen - würde ein Verbot nicht gerecht“. Daher warnte sie vor einer „Tyrannei der Würde“, bei der der Staat paternalistisch für eine Entschleierung sorge. Daher plädierte Hübsch für eine unbedingte Aufklärung: „Wir müssen uns fragen, ob wir uns vor den Burkaträgerinnen retten wollen oder die Burkaträgerinnen in die Freiheit bringen wollen“.

Düzen Tekkal, Fernsehjournalistin, hält die Burka für eine Vergewaltigung der Religion: „Wie kann ich eine Frau mit Burka kennen? Wo und wie soll ich die kennenlernen?“. Sie merkte an, dass sie zu Hause als einen der zentralen Werte gelernt habe, dass es unfair sei, „wenn ich das Gesicht des Gegenübers nicht sehen kann“.

Der Landtagsabgeordnete Dr. Dr. med. Rahim Schmidt hielt fest, dass seiner Meinung nach die Werte, die innerhalb der Familie gelebt und kommuniziert werden, immens wichtig seien. „Ein kritischer Dialog ist nur dann möglich, wenn es Werte auch unabhängig von Religion gibt“. Ein generelles Burkaverbot lehnte er ab und plädierte stattdessen für eine Fokussierung verbindender Elemente in unserer Gesellschaft.

Die im Anschluss von Uta Rasche, Frankfurter Allgemeine Zeitung, umsichtig moderierte Gesprächsrunde auf dem Podium vertiefte einzelne Aspekte des zuvor Gehörten. So wurde die Frage der Rolle der verschleierten Frau für die Radikalisierung ihrer Söhne aufgegriffen sowie der sicherheitspolitische Aspekt der Vollverschleierung näher beleuchtet.

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Karl-Heinz B. van Lier

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