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In seiner Begrüßung stellte Karl-Heinz B. van Lier, Leiter des Politischen Bildungsforums Rheinland-Pfalz, fest: „2017 wird Luther alle Rekorde der deutschen Erinnerungskultur brechen“.
Auch wenn der Reformator die Kirche und die Welt verändert habe gelte es, in diesem Jahr nicht das Wirken der katholischen Kirche zu vergessen. Die Veranstaltung habe es sich zum Ziel gemacht, so van Lier weiter, die Wirkmächtigkeit der drei Päpste des 21. Jahrhunderts in den Blick zu nehmen. Diese spiegelten in besonderer Weise die Breite der katholischen Kirche wider, die als Sinnstifterin und Interpretationsagentur regelmäßig die moralischen Fragen und den Zustand der Welt diskutiere. Die referierenden Autoren könnten, so der Landesbeauftragte für Rheinland-Pfalz abschließend, das Wirken und die Kraft der Päpste für das Publikum verständlich aufschließen.
Papst Johannes Paul II. sei, so der römische Journalist und Autor Marco Politi, der erste geopolitische Papst der Weltgeschichte und zeitgleich ein politischer Leader gewesen. Ziel dieses „politischen Papstes“ war es, das Zentrum der katholischen Kirche von Rom aus in die Provinzen zu tragen. Sein Wirken habe vor allem einen sozialen Aspekt gehabt, vor allem dann, „wenn eigentlich stimmlose Situationen durch den Blick des Papstes Beachtung in der Welt fanden“.
Stets, so die Bewertung Politis, habe Johannes Paul II. eine starke Glaubensbotschaft in die Welt getragen: „In 27 Jahren war er Förderer der neuen Evangelisation, aber auch ein Fürsprecher für Menschenrechte, vor allem der Religions- und Gewissensfreiheit, der Zusammenarbeit der abrahamitischen Religionen und einer Globalisierung mit menschlichem Gesicht“.
Er habe alles Betrachtete in einen historischen Rahmen gesetzt und das kommunistische System als morsch erachtet, erklärt Marco Politi die Rolle Johannes Pauls II. bezüglich des Zerfalls des Ostblocks. Der Papst selbst habe später von sich einmal gesagt: „Der Kommunismus war morsch wie ein Baum. Ich habe nur den morschen Baum geschüttelt, aber nicht den Kommunismus im Ostblock zu Fall gebracht“. Zudem habe sich der politische Papst nie als Gegenspieler des Regimes positioniert, sondern stattdessen immer auf die Identität der Nation abgehoben und sei so nie in Konflikt mit den Machthabern geraten. In diesem positiv aufbauenden Sinne habe sein Wirken einen Einfluss auf Solidarnosc gehabt, so das Urteil des Autors. Nach dem Zerfall des Ostblocks war Johannes Paul II. seinem geschichtsphilosophischen Denken folgend nicht von den Vorteilen des Wegfalls einer der beiden Supermächte überzeugt und sah vielmehr die Gefahr einer realen kapitalistischen Ideologie.
Auch als religiöser Leader habe Johannes Paul II. Weltpolitik betrieben. „Vor allem in Afrika hat er häufig die Vertreter der Traditionsreligionen getroffen, die bis dahin als Heiden wahrgenommen wurden“, erläuterte Politi. Das erste von ihm initiierte Weltgebetstreffen in Assisi im Jahr 1986 sei ein weltpolitisches Ereignis gewesen und eine „Anerkennung der Würde einer jeden zu Gott betenden Gemeinschaft. Das öffentliche Leiden Johannes Pauls II. am Ende seines Lebens sei nicht nur ein religiöses, sondern auch ein säkulares Signal dafür, dass das Leiden eines jeden Menschen Sinn habe, beschloss der Referent seine Ausführungen.
Als unbekannten und verkannten Papst versteht der Journalist und Autor Peter Seewald Papst Benedikt XVI.: „Joseph Ratzinger hat eine Jahrhundertbiografie vorzuweisen und wurde dennoch häufig als schlechte Wahl dargestellt. Man wirft ihm vor, dass nichts von ihm bleiben werde“. Doch der Herausgeber der Interviewbücher mit dem theologischen Papst stellt eine Gegenthese auf: Benedikt XVI. sei das Beste gewesen, was der katholischen Kirche nach Johannes Paul II. hätte passieren können. Kein Besserer, so die Auffassung Seewalds, wäre nach Johannes Paul II. geeignet gewesen das Amt des Pontifex zu bekleiden. Und weiter: „Vermutlich wird Ratzinger einstmals als größter Kirchenlehrer der Geschichte wahrgenommen werden, der je auf dem Stuhl Petri Platz genommen hat“.
Während der NS-Zeit habe Ratzinger erlebt, dass man nicht nur eine Überzeugung haben müsse, sondern auch den Mut, diese innere Überzeugung zu erklären und dafür einzustehen, gab der Referent zu bedenken. Viele Kritiker Benedikts XVI. hätten ihm vorgeworfen, er habe sich vor allem nach dem 2. Vatikanischen Konzil vom Kritiker zum Konservativen gewandelt. Dazu Seewald: „In Wirklichkeit wich er nie von seinem Weg ab, er änderte nie die Richtung seiner Theologie“.
Die Karriere Joseph Ratzingers sei eher nur seine persönliche Tragödie gewesen, so die Interpretation des Journalisten. „Sein Ziel war die Erneuerung und die Festigung seines Glaubens. Für leere Gesten und Effekthascherei war er nie zu haben“ und so sei Benedikt XVI. „zum Scharnier zwischen der Welt von gestern und der Welt von morgen“ geworden. In der Summe also sei er ein echter Pontifex, ein Papst, der auf Verstand und Vernunft setzte, ohne ein kalter Pragmatiker zu werden, erläuterte Seewald.
Der theologische Papst habe viele Reformen in Gang gesetzt, die nun von seinem Nachfolger weitergeführt würden. Und: „Benedikt XVI. arbeitete im Stillen. Er war beispielsweise der erste grüne Papst, denn es genügte ihm nicht, es bei allgemeinen Umweltthemen zu belassen. Vielmehr sah er die Existenz einer christlichen Ökologie“.
Aber ist Ratzinger „nur“ ein Theologe? „Nein“, so die Ansicht Seewalds, „das ist zu kurz gegriffen“. Benedikt XVI. habe sich immer als Hirten gesehen, seine schönste Zeit sei wohl die als Pfarrer in München gewesen. „Er war ein Papst der leisen Töne und bestach durch seine noble Art, denn ihm ging es um die Einfachheit im Glauben“, meint der Referent. Abschließend resümierte Peter Seewald das Pontifikat Joseph Ratzingers: „Auch, wenn er nie eine eigene Lehre oder theologische Schule entwickelt hat, so ist eine Konstante seines Lebens der Hang zur Impulsgebung und seine Besonderheit die Akzeptanz des Umstands, dass alles, was wir tun, unvollkommen ist. Daher wird seine Wirkung von Generation zu Generation größer und deutlicher werden“.
Im Vergleich zu den vorherigen Darstellungen sei es schwierig, so Dr. h.c. Michael Hesemann, den amtierenden Papst zu bewerten und sein Wirken einzuordnen. Ein Papst der Überraschungen sei Franziskus als erster Pontifex des postfaktischen Zeitalters. Bei ihm unterscheide sich das medial vermittelte Bild des privaten Papstes noch stärker von dem öffentlichen Bild als bei seinem Vorgänger Benedikt XVI., stellt der Historiker fest.
Bei der Betrachtung des Pontifikats von Franziskus stelle sich vor allem die Frage nach den Armen, um die sich Franziskus verstärkt kümmere. „Die vielgenannte Kirche der Armen in Südamerika ist bei uns völlig fremd“, erklärt Hesemann. Und weiter: „Für Franziskus sind die Gläubigen in Südamerika die Armen und so hat der Papst eine Antipathie gegen jede Art fürstlicher Zeichen, da für ihn die Monarchie mit Unterdrückung und Hedonismus zu tun habe“. Aus dieser Prägung heraus werde von Franziskus eine tiefe, gelebte und unintellektuelle Volksfrömmigkeit praktiziert. „Zu Johannes Paul II. kamen die Menschen, um ihn zu sehen, zu Benedikt XVI., um ihn zu hören, und zu Franziskus, um von ihm berührt zu werden“, erläuterte der Autor. Mit einem Gerücht sei jedoch aufzuräumen: Franziskus sei kein Arbeiter-Papst, wie es vielfach dargestellt würde. Die Familie, erklärte Hesemann, sei nicht vor Armut nach Argentinien geflohen, sondern hatte vielmehr ein gutbürgerliches Dasein.
Weiter kritisierte der Referent die Berichterstattung über den amtierenden Pontifex. Diese sei oberflächlich und versuche, Franziskus gegen seinen übermächtigen Vorgänger auszuspielen. Sein Stil sei keine Distanzierung, sondern ein Ausdruck seiner Identität: „Ein Papst, der keine roten Schuhe trägt, ist noch lange keine rote Socke“. Franziskus` Ziel sei eine bodenständige und weltliche Kirche und eben keine Kirche der Funktionäre, lautet die Interpretation Hesemanns. Franziskus sei eher ein Papst der Kompromisse und nicht der Revolutionär, zu dem ihn viele Betrachter stilisierten. „Er kreiert Glaubwürdigkeit, indem er selbst versucht, die Dinge vorzuleben nach dem Motto: Sage nicht, was du von einem anderen Menschen erwartest, lebe es vor!“. Der Papst habe den Mut zur Aussprache unangenehmer Wahrheiten, sei aber kein Modernisierer, lautete das Fazit des Historikers über die bisherige Amtsführung von Papst Franziskus. Abschließend hielt Hesemann fest: „Er ist der Dorfpfarrer des globalen Dorfes, ein Praktiker des Glaubens“.
Der Fernsehjournalist Walter Janson interviewte im Anschluss an die Vorträge die Co-Autoren des Buches „Pontifex – Drei Päpste“. Reinhild Rössler und Benno Klee sind zugleich die Sprecher des ‚Mediennetzwerks Pontifex‘, das in Fragen des Glaubens als Ansprechpartner in erster Linie für junge Gläubige und vor allem auch über die sozialen Medien zu Verfügung stehen will. Laut Rössler sei die Initiative zunächst aus der ‚Generation Benedikt‘ hervorgegangen, aber das Pontifikat von Papst Franziskus berge viel Kontinuität. Reinhild Rössler kritisierte die vorherrschenden Differenzen vor allem in der deutschen katholischen Kirche und verband mit dieser Kritik gleichzeitig den Wunsch nach mehr Einigkeit: „Kirche ist am überzeugendsten, wenn sie einig ist. Und nur dann kann sie auch junge Menschen ansprechen“. Benno Klee erläuterte die Absicht des Buches: „Es ist ein Weg, die Fragen des Lebens von jungen Menschen beantwortet zu bekommen“. Vor diesem Hintergrund nehme er von Papst Franziskus durchaus auch Signale des Aufbruchs wahr.
In der abschließenden Diskussionsrunde kamen zwei Aspekte zum Tragen, die als große Klammer die Betrachtung der drei Päpste des 21. Jahrhunderts umfassten. Erstens: Kontinuität ist nicht immer ein unbedingter Vorteil - das haben die betrachteten Pontifikate deutlich werden lassen. Und zweitens: Es ist nicht möglich abschließend darüber zu urteilen, welcher der Drei der größere oder bedeutsamere Papst war oder ist.