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Veraltete Produktionsanlagen, wegbrechende Märkte und verheerende Umweltschäden: 1991 stand das mitteldeutsche Chemiedreieck unmittelbar vor dem Aus – und mit ihm mehr als 100.000 Arbeitsplätze in Leuna, Schkopau und Bitterfeld. In letzter Minute stoppte dies ein politisches Machtwort von Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl (CDU), das in die Geschichte eingehen sollte. Am 24. Mai erinnerten die Konrad-Adenauer-Stiftung, der Landkreis Saalekreis und die InfraLeuna GmbH im cCe Kulturhaus Leuna an das „Kanzlerversprechen“ vor 25 Jahren. Mehr als 80 junge Erwachsene nahmen an der Vormittagsveranstaltung teil.
In seinem Grußwort hob Landrat Frank Bannert die Bedeutung des Kanzlerversprechens für die Region hervor – es lohne sich immer, für eine Sache eintreten. Gute Politiker haben Ideen und Visionen, etwas umzusetzen, und verfügen über Antennen für die Interessen der Menschen. An die jungen Menschen gerichtet, appellierte Bannert „Erkennt, wenn ihr Chancen habt, und macht etwas daraus!“
Dr. Stephan Eisel berichtete von Reisen als Jugendlicher nach Merseburg, so dass ihm die Region nicht ganz fremd ist. Als stellvertretender Leiter des Kanzlerbüros war er während der bewegenden Ereignisse vom Herbst 1989 und darüber hinaus sehr nah an den Entscheidungen der Bundesregierung. Schnelle Entscheidungen – vor allem die Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion - waren gefordert, da durch Massenausreisen eine Entvölkerung der DDR drohte: „Kommt die D-Mark bleiben wir; kommt sie nicht, gehen wir!“ Ziel sollte sein, dass die Menschen ihre Zukunft in ihrer Heimat sahen und dass dafür dort Voraussetzungen geschaffen werden.
Der Referent erinnerte an die einmalige historische Möglichkeit und an das sehr enge Zeitfenster, dies auch mit Blick auf die Ereignisse in der Sowjetunion (Putsch gegen Gorbatschow und Zerfall der UdSSR). In dieser Zeit löste sich der RGW auf, womit die wichtigsten Absatzmärkte für DDR-Produkte wegfielen. Eisel stimmte das Publikum mit der Frage nachdenklich, was der Zusammenbruch ganzer Industriezweige wie der Chemieindustrie in dieser Situation bedeutete. Zwar erlebte er auch in seiner Heimat Rheinland-Pfalz den Strukturwandel über viele Jahre, aber nicht über so wenige Monate wie in der DDR. Weit verbreitet war in der Bundesrepublik die Meinung, dass die Chemieindustrie in der DDR nicht zu retten sei und die Versorgung über die alte Bundesrepublik erfolgen müsse. In dieser Situation erhielt Helmut Kohl die Einladung der aufgebrachten Belegschaft der BUNA-AG in Schkopau, die er für den 10. Mai 1991 annahm, weil ihn das Schicksal dieser Arbeiter berührte.
Es mag ein Glücksfall gewesen sein, dass die beruflichen und politischen Wurzeln des Einheitskanzlers in der westdeutschen Chemie-Region um Ludwigshafen liegen und dass er im mitteldeutschen Chemiedreieck ein Standbein des wiedervereinigten Deutschlands gesehen hat. Gegen den Rat der Experten bekundete Kohl: „Die Bundesregierung gibt heute die Garantie für den Erhalt des Chemiedreiecks“. Er setzte ein einmaliges Signal und hob damit das Soziale in der Marktwirtschaft hervor. Unter anderem mit dem französischen Konzern Elf-Aquitaine wurde ein Vertrag geschlossen, der das Unternehmen daran band, in Leuna eine Raffinerie zu errichten und 2.500 Arbeitsplätze zu garantieren – im Gegenzug erhielt Elf-Aquitaine die Minol-Tankstellen der ehemaligen DDR. Insgesamt umfasste die Investition 6 Mrd. D-Mark, wozu der Bundeshaushalt 4 Mrd. beisteuerte. Dieser Mut zum Risiko zahlte sich aus und heute gibt der Erfolg Recht: Gegenwärtig können die angesiedelten Unternehmen um Ausbildungsplätze werben.
Martin K. Halliger, Pressesprecher der InfraLeuna GmbH, resümierte: „Die Früchte sind aufgegangen. Wir sind erfolgreich, die Unternehmen machen Gewinn“. Er stellte die Entwicklung des 100jährigen Chemiestandorts Leuna dar, zeigte einen Film über die Geschichte und Gegenwart. Abgerundet wurde die Schülerveranstaltung durch eine beeindruckende Busführung über das Gelände.