Im Ambiente des Muskauer Neuen Schlosses fand das jährliche Schlossgespräch des Politischen Bildungsforums Sachsen zum Thema „Heimat – Identität – Wirkung“ statt. Lina Berends, Referentin des Politischen Bildungsforums, eröffnete die Veranstaltung mit einer persönlichen Einführung in den Begriff „Heimat“. Sie betonte, dass Heimat für sie sowohl ihr Herkunftsort als auch ihr jetziger Lebensort sei und wies darauf hin, dass dieser Begriff aktuell oft kritisch betrachtet werde. Besonders hob sie die sorbische Geschichte und den Verlust von Sprache und Kultur hervor, wobei sie die Frage aufwarf, wie die Politik das kulturelle Erbe besser schützen und bewahren könnte.
Im Anschluss folgte Maria Michalk, ehemalige Bundestagsabgeordnete und gebürtige Sorbin aus der Lausitz. Michalk schilderte eindrucksvoll ihre persönliche Definition von Heimat: Für sie sei Heimat untrennbar mit ihrem Herkunftsort und ihrer sorbischen Familie verbunden. Sie berichtete, dass sie in ihrer Kindheit zunächst Sorbisch sprach und erst im Kindergarten Deutsch lernte. „Heimat ist, wo ich meine Gefühle habe. Heimat ist, wo ich meine Wurzeln habe.“. In Berlin habe sie sich zwar wohlgefühlt, doch erst in der Lausitz, bei ihrer Familie, verspüre sie das Gefühl echter Geborgenheit und Vertrautheit. Michalk sprach offen über das Phänomen der Heimatlosigkeit in der heutigen Gesellschaft und hob hervor, wie wichtig es sei, sich Gedanken über die eigene Verwurzelung zu machen.
Ein zentrales Thema ihres Vortrags war der Erhalt der sorbischen Sprache, die zunehmend aus dem Alltag verschwindet. Michalk betonte: „Sprache ist der Schlüssel zum Herzen.“ Um das Sorbische zu bewahren, müsse man kreativ und mutig sein, die Sprache modernisieren und sie so auch für die jüngere Generation attraktiv halten. Die sorbischen Lieder, die in der Kirche gesungen werden, seien für sie ein starkes Symbol ihrer Identität und Heimat. Durch die sorbischen Traditionen und Bräuche, so Michalk, finden die Sorben ihre innere Balance und Lebensfreude. „Wir nehmen das Sorbische mit allen Sinnen auf.“
Der zweite Vortrag wurde von Prof. Dr. Hauke Bartels vom Sorbischen Institut in Bautzen gehalten. Bartels erläuterte die historische Entwicklung und die zentralen Aufgaben des Sorbischen Instituts, das 1951 gegründet wurde. Das Institut widmet sich der Erforschung und Pflege der sorbischen Sprache sowie der Kultur und Geschichte der Sorben. Bartels stellte das sorabistische Wissensportal SORABICON vor und sprach über das Ziel, das sorbisch-wendische Kulturerbe systematisch zu registrieren und digital zugänglich zu machen. Diese digitalen Projekte und die Erfassung kultureller Artefakte sollen dazu beitragen, das sorbische Kulturgut nachhaltig zu bewahren und zugänglich zu machen.
In der anschließenden Diskussionsrunde kamen weitere Themen zur Sprache, darunter die Akzeptanz der Sorben in der modernen Gesellschaft, die verdrängte Geschichte und die Notwendigkeit, Spuren der Vergangenheit zu suchen. Diskutiert wurde auch die Herausforderung der Sorben, ihre Identität zwischen Tradition und Modernität zu behaupten, sowie ihre Perspektiven und Wünsche für die Zukunft.
Die Veranstaltung bot einen tiefen Einblick in die sorbische Kultur und deren Herausforderungen im modernen Kontext und regte die Anwesenden zum Nachdenken über die Bedeutung von Heimat und kultureller Identität an.