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Great again? Die USA unter Joe Biden

de Stefan Schubert
Veranstaltungsbericht zur digitalen Gesprächsrunde mit Paul Linnarz und Dr. Johannes Thimm

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Great again? Die USA unter Joe Biden

Die Wahl Joe Bidens hatte zumindest bei vielen westlichen Beobachtern Hoffnung ausgelöst: Nach vier Jahren Donald Trump versprach der 46. Präsident der Vereinigten Staaten, dass sich wieder eine gewisse Normalität einstellen könnte. Doch schon der Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 zeigte, dass die Hoffnung trügerisch war. Die USA sind noch immer zerrissen. Tiefe Gräben ziehen sich durch Gesellschaft und Politik und sorgen dafür, dass zunehmend zwei unterschiedliche Realitäten nebeneinander existieren. Auch außenpolitisch könnte es besser laufen: Bidens Amtszeit wird mit dem desaströsen Abzug aus Afghanistan verbunden bleiben und in Osteuropa muss sich zeigen, ob die USA noch als Ordnungsmacht und als Stütze der NATO auftreten können und wollen. Joe Biden ist mit großen Plänen und auch mit großen Versprechen angetreten. Das Regionalbüro Südbaden der Konrad-Adenauer-Stiftung zog mit Paul Linnarz, Leiter des Auslandsbüros der Stiftung in Washington D. C., und Dr. Johannes Thimm, Stiftung Wissenschaft und Politik, eine Bilanz nach einem Jahr Joe Biden. Unterstützt vom Carl-Schurz-Haus Freiburg sprachen wir am Jahrestag seiner Amtseinführung darüber, was seine Administration umsetzen konnte, vor welchen Herausforderungen die USA stehen und was sich im vergangenen Jahr geändert hat, wobei über 100 Teilnehmer der Diskussion folgten.

 

Vor welchen Herausforderungen standen Joe Biden und sein Team?

Paul Linnarz fasste aus Washington D. C. zunächst die wichtigsten Vorhaben Bidens zusammen, die er auch in einem aktuellen Länderbericht beschreibt. „America is back“ – zumindest mit Blick auf die internationale Politik folgte der Präsident seinen Ansprüchen, führte die USA zurück in die WHO und in das Pariser Klimaabkommen und suchte wieder den Schulterschluss mit seinen traditionellen Verbündeten. Aber Afghanistan und das Aukus-Bündnis mit Großbritannien und Australien stehen andererseits im Widerspruch zum multilateralen diplomatischen Ansatz. Innenpolitisch setzte er bisher nur wenige seiner großen Vorhaben um. Zwar passierte das große Corona-Hilfspaket den Senat, doch sein Billionen schweres Infrastrukturprojekt Build Back Better liegt dort zurzeit auf Eis und auch die Wahlrechtsreform scheiterte im Senat am Widerstand seiner eigenen Partei. Bei den anstehenden Midterm-Wahlen im November geht es für Biden jetzt darum, die Demokraten geschlossen hinter sich zu bringen.

 

Dr. Johannes Thimm hob anschließend mit Blick auf die US-Außenpolitik hervor, dass der grundsätzliche Glaube an Zusammenarbeit mit anderen demokratischen Staaten wieder das bestimmende Credo der Vereinigten Staaten ist. Im Gegensatz zu Donald Trump unterscheidet die Biden Administration wieder deutlich zwischen Demokratien und autokratischen Staaten, was in Zeiten sinkender demokratischer Teilhabe ein wichtiges Zeichen ist. Jedoch sieht er die vielbeschworene Konsultation mit den europäischen Verbündeten kritisch, denn in Afghanistan oder der Ukraine-Krise sahen sich die europäischen Partner kaum eingebunden.

 

Wie positionieren sich die USA im Ukraine-Konflikt?

Die angespannte Situation an der Grenze zwischen der Ukraine und Russland eröffnete die von Friederike Schulte, Direktorin des Carl-Schurz-Hauses, moderierte Gesprächsrunde. Linnarz wies darauf hin, dass die Situation in Osteuropa keinesfalls neu ist und die Mehrheit in Washington einen Einmarsch Russlands für realistisch hält. Biden kämpft nun vor allem mit Vorwürfen, er agiere zu halbherzig. Thimm ergänzte, dass am Ende keiner dazu bereit wäre, einen Krieg für die Ukraine zu führen; das wisse auch Joe Biden. Entsprechend schwierig gestaltet sich die Verhandlungsbasis: Putin hat nicht nur mehr Truppen vor Ort, sondern wird auch von der Überzeugung getragen, die Ukraine gehöre zu Russland und die NATO habe mit der Osterweiterung ein Versprechen gebrochen. Eine Entspannung oder ein Rückzieher Russlands sind im Augenblick eher nicht in Sicht.

 

Wie steht es um die politische Landschaft der USA?

Unter Spannung stehen die USA auch innenpolitisch. Historisch knappe Mehrheiten im Kongress erschweren dem Präsidenten das Geschäft ungemein. Jede Stimme zählt, wie zuletzt die Demokraten Kyrsten Sinema und Joe Manchin im Senat zeigten, an denen unter anderem das große Infrastrukturpaket Build Back Better scheiterte. Die Partei ist nicht zuletzt schwer zusammenhalten, da sich wie in jedem Zwei-Parteien-System konträre Strömungen unter einem Dach vereinen, die erst einmal politisch ins selbe Boot geholt werden müssen. Gerade die linken Demokraten stehen Biden skeptisch gegenüber. Zudem, so ergänzte Thimm, blockieren die Republikaner mit ihrer fundamentalen Opposition alle demokratischen Gesetzesvorhaben. Diese politische Spaltung vertieft sich zusätzlich durch die polarisierte Mediengesellschaft, die in zwei konträre Welten getrennt ist. Keine dieser beiden Welten ist bereit, die politischen Erfolge des anderen Lagers anzuerkennen. Biden hat daher auch das Problem, dass etwa seine sozialpolitischen Maßnahmen zwar populär sind, aber nicht darüber gesprochen wird – zumindest nicht in den republikanischen Medien.

 

Der Politikwissenschaftler resümierte, dass die USA zur alten Stärke zurückfinden könnten, wenn sie die gesellschaftliche Spaltung ein wenig verringern würden. Derzeit ist dies allerdings eine mission impossible. Der Ansatz Bidens, große Gesetzesvorhaben durchzusetzen und den Menschen damit zu zeigen, dass Politik etwas für sie tut, war der richtige. Der ist jedoch gescheitert. Nicht zuletzt, da zwei Drittel der republikanischen Wähler Trumps großer Lüge glauben, die Demokraten hätten die Wahlen 2020 gestohlen. Dieses Leben in einem eigenen Universum schätzte Herr Thimm als ebenso besorgniserregend ein wie die Versuche von Trump und einigen Republikanern, demokratische Mechanismen außerkraftzusetzen.

 

Paul Linnarz sprach zum Abschluss einen weiteren zentralen Punkt an: Auch, wenn in Deutschland der Eindruck verbreitet ist, das Schicksal der USA hänge vom Präsidenten ab, wird diese Sicht der Komplexität des Landes nicht ansatzweise gerecht. Er betonte, dass das Spannungsfeld zwischen Senat, Repräsentantenhaus und Weißem Haus derzeit für Biden die zentrale Herausforderung darstellt. Vor dem Hintergrund seiner durchwachsenden Bilanz und sinkender Zustimmung zu seiner Administration geht es für Biden vor allem darum, die Reihen der Demokraten möglichst geschlossen zu halten und trotz der Änderung der Wahlgesetze in 19 republikanisch regierten Staaten, der anhaltenden Polarisierung und der wenigen Wechselwähler möglichst viele eigene Anhänger zu mobilisieren. Das funktioniert in den USA hauptsächlich über Feindbilder – das gilt für Republikaner wie für Demokraten.

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Stefan Schubert

Referent Regionalbüro Südbaden des Politischen Bildungsforums Baden-Württemberg

stefan.schubert@kas.de +49 761 1564807-3

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