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Bindung nach Westen, Verständigung nach Osten – Adenauer und die Außenpolitik der jungen BRD

de Franziska Lamers, Maja Eib

Eine Veranstaltung im Rahmen des Weimarer Rendez-vous mit der Geschichte

Vortrag und Gespräch

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Am 10. November 2017 lud das Politische Bildungsforum Thüringen der Konrad-Adenauer- Stiftung gemeinsam mit dem Weimarer Republik e.V. im Rahmen des Geschichtsfestivals Weimarer Rendez-vous zu einem Vortrag mit anschließendem Podiumsgespräch: „Bindung nach Westen, Verständigung nach Osten-Adenauer und die Außenpolitik der jungen Bundesrepublik“ in das Weimarer Stadtmuseum ein. Die jahrzehntelange Verfälschung des Adenauer-Bildes in der ehemaligen DDR wirkt noch in vielen Köpfen nach. Daher ist es der Konrad-Adenauer-Stiftung ein dauerhaftes Anliegen, dieser Verzerrung entgegenzuwirken.

Die Landesbeauftragte für den Freistaat Thüringen der KAS, Maja Eib, begrüßte zu Beginn die ca. 50 Teilnehmer, darunter zahlreiche Studenten, aber auch Schüler des Weimarer Humboldt-Gymnasiums. Im Rahmen dessen zitierte sie den ehemaligen Thüringer Ministerpräsidenten und Ehrenvorsitzenden der Adenauer-Stiftung Bernhard Vogel mit den Worten, Adenauer sei zuallererst ein Pragmatiker gewesen, ein Realist, aus dem ein Visionär wurde. Im Anschluss daran übergab Maja Eib das Wort an den Vortragenden des Nachmittags, den Historiker Dr. Hans Peter Mensing, der als einer der intimsten Kenner des politischen Denkens Konrad Adenauers bezeichnet werden kann. Dr. Mensing leitete bis zum Eintritt in den Ruhestand den Editionsbereich der Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus und verantwortete in dieser Funktion die seit 1983 in der „Rhöndorfer Ausgabe“ erscheinenden Editionen aus dem Nachlass Konrad Adenauers.

Prof. Dr. Torsten Oppelland, Professor für Politikwissenschaften an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, wurde dankenswerterweise von Dr. Andreas Braune von der Forschungsstelle Weimarer Republik (ebenfalls Jena) in der Moderation des Podiumsgesprächs vertreten, das sich an den Vortrag von Dr. Mensing anschloss.

Dr. Mensing machte bereits zu Beginn seines Vortrages deutlich, dass er ein differenziertes Bild Adenauers zeichnen wolle. Neben Adenauer selbst haben auch Männer wie Willy Brandt und Theodor Heuss oder die „Gruppe 47“ die als „Adenauer-Ära“ bezeichnete Zeit seiner Kanzlerschaft und die darauffolgenden Jahre bis zur Wiedervereinigung Deutschlands entscheidend geprägt, so Dr. Mensing.

In Bezug auf den Titel der Veranstaltung gab Dr. Mensing den Hinweis, dass, wenn von der „West-Bindung“ der Außenpolitik Adenauers die Rede sei, dieser quasi geographische Begriff nur insofern Sinn ergebe, als sich „die Himmelsrichtung aus einer Werte-Bindung“ ergeben habe, nicht aus einem Selbstzweck.

Zum Verständnis dieser Entscheidung habe Adenauer selbst darauf hingewiesen, dass es erforderlich sei, sich die Ausgangslage Deutschlands nach 1945 vor Augen zu führen: „Deutschland zerschlagen, halb Mittel und Osteuropa den Sowjets überlassen. Millionen von Gefallenen, Vertriebenen, in den Konzentrationslagern Vernichteten und Millionen von Kriegsgefangenen; Hunger und Elend, Hass gegen Deutschland, (...) Es galt daher, (...) vor allem die Westmächte davon zu überzeugen, daß ein vernichtetes, lebensunfähiges Deutschland nur den weltrevolutionären Zielen Stalins zugutekommen werde. Diese wichtigste Vorarbeit zur Aufrichtung Deutschlands musste in den Jahren vor der Gründung der Bundesrepublik geleistet werden. Ich habe schon in den ersten Nachkriegsjahren gemeinsam mit allen guten Kräften unseres Volkes daran gearbeitet, vor allem unsere heutigen westlichen Partner davon zu überzeugen, daß eine Erneuerung Europas ohne ein starkes und freies Deutschland unmöglich sein werde.“

Doch gerade in Weimar, „am Geburtsort der ersten deutschen Demokratie“, so Dr. Mensing, müsse man, um die Grundlagen zu verstehen, die es Konrad Adenauer erlaubt hätten, diesen Weg der Bundesrepublik einzuschlagen, weiter zurückgehen. Eben in die Zeit der Weimarer Republik, zu deren höchsten Repräsentanten Adenauer als Präsident des Preußischen Staatsrats und später als Kölner Oberbürgermeister gehört hatte.

Hier nahmen seine europäischen Integrationsinitiativen bereits konkrete Formen an, in dem Versuch der Stärkung wirtschaftlicher Zusammenarbeit mit den westlichen Nachbarn, besonders der „Verklammerung der deutschen und der französischen Montanindustrie“, wie sie nach dem Zweiten Weltkrieg in der sog. „Montanunion“ Wirklichkeit werden sollte.

Diese Kontinuität Weimar - Bonn galt aber auch hinsichtlich der Anbahnung von Beziehungen zu den Vereinigten Staaten von Amerika, die Adenauer bereits in den Zwanziger Jahren begann und die bis heute fortwirkend, z.B. in der Ansiedlung der FORD-Werke in Köln im Jahr 1930 Niederschlag fand.

Jedoch, so fuhr Dr. Mensing fort, könne auch nicht übersehen werden, dass Adenauer in der täglichen politischen Praxis, vor allem in Wahlkämpfen, dem positiven westlichen Leitbild ein wenig differenziertes Feindbild der „Gefahr aus dem Osten“ gegenübergestellt habe.

Ungeachtet dessen gehöre jedoch die Anknüpfung von Kontakten nach Moskau zu seinen größten Verdiensten: “Immer für eine Überraschung gut, überwand Adenauer im September 1955 die ideologische Scheu und Abscheu, um beim Moskau-Besuch mit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zur Sowjetunion und der dabei auch erreichten Rückkehr der letzten Kriegsgefangenen und Zivilinternierten einen der größten Erfolge deutscher Nachkriegspolitik überhaupt zu erzielen.“ Und so gelte, dass, wenn auch die parteipolitische Polemik z.B. gegenüber seinem späteren Nachfolger Willy Brandt gelegentlich verletzend und kontraproduktiv gewesen sei, derselbe Willy Brandt später Grundzüge seiner „Ostpolitik“ bei Konrad Adenauer bereits angelegt sah.

Dr. Mensing führte weiter aus, dass es heute, nachdem erhebliche Teile der Akten, vor allem Adenauers Korrespondenzen, vorlägen, jedenfalls besser möglich sei, Adenauers stets besonders umstrittenes Verhältnis zur Frage einer deutschen Wiedervereinigung zu bewerten: „(...) daß er das herausragende Ziel und den Weg dorthin nie aus den Augen verlor“ räumten mittlerweile „auch einstige Zweifler ein.“

Auf diesem Weg zeichne es Adenauer besonders aus, dass er schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt erkannt habe, wie wenig diese „Deutsche Frage“ isoliert betrachtet werden könne, sondern nur als Teil einer internationalen, letztlich globalen, Verständigung.

In seiner Verabschiedung als CDU-Bundesvorsitzender am 21. März 1966 sagte Adenauer: „Ich gebe die Hoffnung nicht auf: Eines Tages wird auch Sowjetrußland einsehen, daß diese Trennung Deutschlands und damit die Trennung Europas nicht zu seinem Vorteil ist. Wir müssen aufpassen, ob der Augenblick kommt. Aber wenn ein Augenblick naht oder sich zu nahen scheint, der eine günstige Gelegenheit bringt, dann dürfen wir ihn nicht ungenutzt lassen.“

Diesen Augenblick hätten 1989/90 Helmut Kohl und Michail Gorbatschow ergriffen - auf den Grundlagen, die Konrad Adenauer gelegt habe.

Das sich anschließende Gespräch vertiefte nicht zuletzt die Elemente der Kontinuität in Adenauers Handeln als Kanzler mit seinen politischen Anfängen in der Zeit der Weimarer Republik, berührte seinen Antikommunismus, seine Freundschaft mit französischen Politikern, allen voran Charles de Gaulle, und Aspekte seiner Nachwirkung, sei es in den beiden deutschen Staaten oder international.

In seinem Schlusswort hob Dr. Alf Rößner, Direktor des Stadtmuseums Weimar und Alt-Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung, die „rhetorische Brillanz“ und das „verdichtete Wissen“ hervor, die in Dr. Mensings Vortrag gleichermaßen beeindruckt hätten. Ein solcher Abend könne „eine Reihe von Geschichtsstunden ersetzen“.

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