„Alltagskriminalität“ ist ein komplexes Feld und umfasst verschiedene kriminelle Handlungen. Polizeiliche Kriminalstatistiken zeigen jährlich auf, wie viele dieser Kriminaldelikte in Thüringen passieren. Oftmals weichen die gefühlte Sicherheit und die tatsächlichen Zahlen jedoch voneinander ab. Wie sicher sich Bürgerinnen und Bürger in Thüringen fühlen und welche Herausforderungen für Politik und Polizei deshalb im Freistaat entstehen, sind resultierende Fragen, denn Zahlen lügen nicht, oder?
Um dieses Thema aufzugreifen, veranstaltete das Politische Bildungsforum der Konrad-Adenauer-Stiftung in Thüringen am 18. Mai 2021 ein Expertengespräch im Onlineformat mit etwa zehn interessierten Gästen, bei dem über die Divergenz zwischen Kriminalstatistik und gefühlter Sicherheit gesprochen wurde. Um ein möglichst breites Spektrum an Perspektiven abzudecken, lud Tillmann Bauer, Referent des Politischen Bildungsforums Thüringen der Konrad-Adenauer-Stiftung, drei Experten sowie Steven Bickel, Referent für innere Sicherheit in der Hauptabteilung Analyse und Beratung der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin, als Moderator ein.
Zu Beginn kam der Leiter der Landespolizeiinspektion Saalfeld, Matthias Zacher, zu Wort und erklärte die Sichtweise der Polizei zum Thema Alltagskriminalität in Thüringen. Hierbei lag der Fokus vor allem auf der polizeilichen Kriminalstatistik. Anhand dieser konnte Herr Zacher positiv hervorheben, dass Thüringen momentan unter den drei sichersten Ländern der Republik liegt, merkte jedoch auch kritisch an, dass in diese Aufzeichnungen nur Fälle einfließen, die angezeigt werden und die Statistik in den Bereichen höher wird, die die jeweilige Dienststelle in den Fokus rückt. Somit kann eine gute Arbeit mit vielen aufgedeckten Fällen schlechtere statistische Werte bedeuten.
In Kontrast dazu fokussierte sich Prof. Dr. Thomas Ley, Leiter der Geschäftsstelle des Landespräventionsrates Thüringen, auf die wahrgenommene Sicherheit von Bürgerinnen und Bürgern. Er widmet sich der Frage, wie der Beobachter Sicherheit je nach eigener Interpretation subjektiv wahrnehmen kann. So kann die gleiche Datenerhebung für den einen Sicherheit und für den anderen wiederum Unsicherheit vermitteln. Abhängig ist die Auslegung zum einen von der eigenen Viktimisierung, also eigenen Erfahrungen, als auch von der Berichterstattung fremder Viktimisierungen, zum Beispiel durch öffentliche Medien.
Bezugnehmend darauf ergriff Raymond Walk (MdL), als Vertreter der Politik, das Wort. Er ist innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag. Entsprechend beschäftigen ihn besonders die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger an die Politik, die die Rahmenbedingungen für Sicherheit setzt. Herr Walk hob hervor, dass die Sicherheit für Thüringerinnen und Thüringer an erster Stelle für die CDU-Fraktion im Landtag steht. Dafür ist es ihm nicht nur wichtig, wie Bürgerinnen und Bürger die Politik im Freistaat einschätzen, sondern ebenso, dass sich die sicherheitsstiftenden Akteure – die Polizisten – wertgeschätzt fühlen. Paradoxerweise stehen laut Walk 83% der Bürgerinnen und Bürger der Polizei als Sicherheitsinstitution positiv oder eher positiv gegenüber, während sich 83% der Polizistinnen und Polizisten in Thüringen nicht genug wertgeschätzt fühlen. Dieses ambivalente Verhältnis auszugleichen ist eine Aufgabe der Politik im Sicherheitsbereich.
In der abschließenden Diskussionsrunde, in der die Zuschauerinnen und Zuschauer eingeladen waren, ihre Gedanken zu teilen oder noch offene Fragen an die Experten zu stellen, wurde vor allem die Digitalisierung der Polizei sowie die sich daraus ergebenden Dilemmata, wie zum Beispiel eine verstärkte Videoüberwachung angesprochen und aus verschiedenen Perspektiven diskutiert. Einig war man sich aber in dem Punkt, dass technischer Fortschritt in Thüringer Polizeistationen notwendig ist und zu mehr Sicherheit in der subjektiven Wirklichkeit als auch in der objektiven Realität beitragen kann.
Prof. Dr. Thomas Ley: Zahlen lügen nicht, oder?
verfügbar bis 23. Juni 2021
KAS, YouTube
Raymond Walk MdL: Zahlen lügen nicht, oder?
verfügbar bis 23. Juni 2021
KAS, YouTube
Matthias Zacher: Zahlen lügen nicht, oder?
verfügbar bis 23. Juni 2021
KAS, YouTube