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„Wir haben heute weltweit eine vielfältige Bedrohungslage“ – vor 76 Teilnehmern erläuterte der in Berlin ansässige Wissenschafts-Publizist, Dr. Aschot Manutscharjan, Hintergründe und das politische Umfeld der von den USA geplanten Raketenabwehr. Diese sei insbesondere eine Antwort auf das drohende Nuklearpotenzial Irans. Mit dem Aufbau der Verteidigungsanlage reagierten die USA auf die weltweit veränderte und immer komplexere Sicherheitslage. Auch mit dem Völkerrecht sei sie konform, da die Teilnehmerstaaten USA, Polen und die Tschechische Republik souveräne Staaten seien. Der ABM-Vertrag sei Dezember 2001 aufgelöst worden.
Die Ablehnung Russlands entspreche weniger einer realen Sorge der russischen Führung vor dem geplanten US-System, denn die Abwehr sei nicht in der Lage, das russische Nuklearpotenzial zu neutralisieren. Als Vertreter eines „starken“ Russlands, nutze Präsident Wladimir Putin die Debatte vielmehr einerseits als Legitimation nach Innen, um sein autoritäres Handeln zu rechtfertigen. Andererseits versuche er, die NATO durch die innere Debatte auseinanderzudividieren. Auch solle den ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten Polen und Tschechien gezeigt werden, wer noch immer "der Herr" in Osteuropa sei. Das Vorgehen der USA, sich direkt an Tschechien und Polen zu wenden, offenbare auch die geringe Kapazität der NATO, schnelle strategische Entscheidungen zu treffen. Insbesondere in der anschließenden Diskussion wies Manutscharjan darauf hin, dass die Gefahr bestehe, die NATO werde in der Debatte zerrieben. Der Dissens sei auch ein Zeichen an den Iran zum „Weitermachen“ bei dessen Atom- und Raketenprogramm.
Zum von Putin beim G8-Gipfel eingebrachten Vorstoß, die USA könnten statt der geplanten europäischen Anlagen eine Radarstation in Aserbaidschan nutzen, sagte Manutscharjan: „Das ist Show“. Der Mietvertrag der Russen für die Anlage im mittlerweile unabhängigen Aserbaidschan laufe 2012 aus, für die Zeit danach fordere der Staat jedoch den zehnfachen Mietpreis (den dann die USA mitzutragen hätten). Zudem erfasse das Radar nur die Startphase einer in Iran abgeschossenen Rakete, die weitere Flugbahn sei dadurch nicht sicher ermittelbar.
Das Programm sei insgesamt jedoch sinnvoll. Selbst wenn nur eine Rakete mit nuklearen Sprengkopf abgefangen würde, könnten damit Hunderttausende Menschenleben gerettet werden. Das Raketenprogramm Irans sei zudem klar nuklear ausgerichtet. Überspitzt formulierte Manutscharjan: „Damit 20 Kilo Dynamit in die USA zu bringen, lohnt sich nicht“. Mit Sorge müsse der Iran auch beobachtet werden, da dessen Präsident explizit damit gedroht habe, Israel „auszuradieren“. Diese Bedrohung könne die in Europa stationierte Abwehranlage nicht verhindern. Auf den Iran müsse daher auf jeden Fall Druck ausgeübt werden, um dessen Atomwaffenprogramm zu stoppen.