In der öffentlichen Debatte wird die Europäische Zentralbank (EZB) häufig in einem Dilemma verortet. Auf der einen Seite soll sie gemäß ihrem Mandat die Inflation bekämpfen, unter anderem mit Leitzinserhöhungen und dem Auslaufen der Anleihekaufprogramme. Auf der anderen Seite erschweren gerade diese Maßnahmen die mittelfristige Refinanzierung hochverschuldeter Euro-Staaten wie Italien.
Vorgeblich zum Schutz dieser Staaten vor spekulationsgetriebenen Zinsaufschlägen und einer Fragmentierung der Eurozone hat der EZB-Rat am 21. Juli 2022 das Transmissionsschutz-Instrument (TPI) verabschiedet. Es soll gezielte und unbegrenzte Staatsanleihekäufe einzelner Euro-Staaten ermöglichen.
Das TPI ist kritisch zu betrachten, weil spekulationsgetriebene Zinsaufschläge von gerechtfertigten Risikoaufschlägen in der Praxis äußerst schwer zu unterscheiden sind. Zudem lassen auch die anderen Bedingungen für die Aktivierung des TPI viel Interpretationsspielraum. Die EZB müsste daher eine politische Entscheidung für oder gegen die Unterstützung einzelner Länder treffen. Das entfernt die EZB weiter von der Marktneutralität.
Mit dem Outright Monetary Transactions Programm (OMT) gibt es bereits ein Instrument, das in Bedrängnis geratene Euro-Staaten unterstützen kann. Vor allem stellt das OMT Programm im Rahmen des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) notwendige Reformauflagen. Damit soll die langfristige finanzielle Tragfähigkeit und Eigenständigkeit der Empfänger-Staaten sichergestellt werden. Das TPI stellt diese Konditionalität nicht.
Das Argument, mit dem TPI das vermeintliche Dilemma zwischen Inflation und Staatsschulden zu entschärfen und eine effektivere Inflationsbekämpfung sicherstellen zu können, ist somit nicht haltbar.
teemad
selle seeria kohta
Die Reihe informiert in konzentrierter Form über Analysen der Konrad-Adenauer-Stiftung zu relevanten aktuellen Themen. Die einzelnen Ausgaben stellen zentrale Ergebnisse und Empfehlungen eigener und externer Expertinnen und Experten vor, bieten Kurzanalysen von rund fünf Seiten und nennen KAS-Ansprechpartnerinnen.