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Herbst der Proteste

kohta Sven-Joachim Irmer, Andrei Avram
Am 6. September demonstrierten auf dem Platz der Großen Nationalversammlung in der moldauischen Hauptstadt Chișinău – vor dem Regierungssitz – unterschiedlichen Quellen zufolge zwischen 30.000 und 60.000 Personen, die den Rücktritt des Staatspräsidenten Nicolae Timofti sowie mehrerer Amtsträger forderten, einschließlich des Gouverneurs der Notenbank und des Generalstaatsanwalts. Zudem verlangten die Protestierenden die Ausrufung von Neuwahlen.

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Als Grund für den Unmut wurde eine bislang juristisch nicht aufgeklärte Bankenaffäre genannt, bei der im vergangenen Jahr drei staatliche Banken faule Kredite in Höhe von ca. einer Milliarde Euro vergaben – dies entspricht ca. 15 Prozent des Bruttoinlandsproduktes des Landes. Auf dem Platz wurden außerdem etwa 200 Zelte mit Demonstranten eingerichtet, die seitdem vor Ort ausharren und gegenüber der Presse beteuern, erst dann ihre Proteste aufzugeben, wenn ihre Forderungen erfüllt werden. Am 13. September fand erneut eine Demonstration statt, an der ca. 20.000 Personen teilnahmen.

Die Proteste werden von der sog. Bürgerplattform „Würde und Gerechtigkeit“ organisiert, die zunächst als zivilgesellschaftliche Bewegung am 24. Februar 2015 mit dem Ziel ins Leben gerufen wurde, eine Erneuerung des Landes herbeizuführen. In den Medien und im politischen Milieu wird jedoch darüber spekuliert, dass die Bewegung von zwei in Deutschland lebenden Geschäftsmännern – den Brüdern Victor und Viorel Țopa – finanziert sei. Diese sind in der Republik Moldau wegen Erpressung und Veruntreuung von Sparkassengeldern vorbestraft.

Von einem wahrhaftig „spontanen“ Charakter der Protestbewegung ist in der Tat nicht auszugehen, zumal im Gegensatz zu früheren Demonstrationen in der Republik Moldau sehr wenig junge Leute daran beteiligt sind und ferner ein Angebot des Premierministers Valeriu Ştreleț (PLDM), Verhandlungen über die Forderungen durchzuführen, prompt abgelehnt worden ist. Außerdem schlossen sich der Protestbewegung umstrittene Figuren aus der moldauischen Politik an, darunter Iurie Roșca, ehemaliger Vorsitzender der Christdemokratischen Volkspartei, der bis in die 2000er Jahre hinein für eine Wiedervereinigung mit Rumänien plädierte und mittlerweile für die Schriften des russischen Geopolitologen und Putin-Vertrauten Alexandr Dugin in der Republik Moldau wirbt und einige davon persönlich übersetzt hat.

Die oppositionellen pro-russischen politischen Kräfte – „Unsere Partei“ des Bürgermeisters von Bălți, Renato Usatîi, und die Partei der Sozialisten von Igor Dodon – haben zwar ihre Unterstützung für die Proteste zum Ausdruck gebracht, jedoch angekündigt, eigene Demonstrationen organisieren zu wollen. Auch der Hintermann der mitregierenden Demokratischen Partei, Vlad Plahotniuc, hat sich für Neuwahlen ausgesprochen, wenn dies der Wunsch einer Mehrheit in der Bevölkerung sei, auf die anderen Forderungen ging er jedoch nicht ein. Derweil hat Präsident Nicolae Timofti angekündigt, nicht zurücktreten zu wollen, weil er überzeugt sei, dass ein solcher Schritt zur Instabilität des Landes führen würde. Auch Premierminister Ştreleț hat darauf verwiesen, dass sein Rücktritt der sozialen und wirtschaftlichen Lage der Republik Moldau abträglich sei.

Inwieweit die Protestbewegung zu einer ernsthaften Gefahr für das wirtschaftlich ohnehin angeschlagene Land werden kann, wird vor allem davon abhängen, ob diese in der Tat eine Spirale weiterer Demonstrationen anderer Akteure wird bewirken können. Im Falle von Neuwahlen würden vor allem die pro-russischen Parteien im Vorteil sein, die von der negativen Stimmung im Lande profitieren würden. Darüber hinaus würden Neuwahlen – selbst wenn sich dies nicht bewahrheiten sollte – den ohnehin zaghaften Prozess der Umsetzung der Reformen im Zuge des Assoziierungsabkommens mit der EU zumindest zeitweise zum Erliegen bringen.

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reede, 31. juuli 2015. a
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Proteste in Chisinau, der Hauptstadt der Republik Moldau, 6. September 2015 | Foto: Bertramz / Wikimedia Bertramz / Wikimedia

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Chisinau Moldawien