Riikide raportid
Zunehmender politischer Druck seitens des Parlaments
Die Vorkommnisse bei der Wahl des Parlamentspräsidiums für den Zeitraum Mai 2003 bis Mai 2004 zeigten bereits, dass die Opposition versucht, der Regierung das politische Heft aus der Hand zu nehmen.
Hintergrund ist die Wiedereinführung der Wiederwahl des Staatspräsidenten durch ein Urteil des Verfassungssenats. Dadurch sieht Ex-Präsident Oscar Arias seine Chance für eine erneute Amtszeit und die ihn tragende PLN einen Weg, ihre internen Differenzen beizulegen und sich hinter einem erfolgversprechenden Kandidaten zu vereinigen. Schon jetzt sollen politisch dafür die Weichen gestellt und Oscar Arias als Führungs-figur und politischer Interlokutor für die Opposition aufgebaut werden. So trug denn auch bereits die Wahl des Fraktionschefs der PLN im Parlament die Handschrift von Oscar Arias, wie auch die PLN das einflussreiche Amt des Parlamentspräsidenten besetzen wollte. Dies scheiterte nur knapp. Gewählt wurde schliesslich der christlich-demokratische Abgeordnete und Fraktionsführer Mario Redondo.
Schon bei der Besetzung der wichtigsten Kommissionen kam es zu Auseinandersetzungen und es zeichnete sich eine neue Mehrheit im Parlament gegen die Regierung ab aus der sozialdemokratischen PLN, der liberalen Bewegung PML, dem aus der Bürgerunion PAC abgespaltenen patriotischen Block BPP sowie Dissidenten. Schnell entwickelte sich dadurch die Auseinandersetzung um die Präsidialministerin zu einer politischen Machtprobe. Die Ministerin wird politischer Einflußnahme bei einem Wohnungsbauprojekt beschuldigt, wozu es jedoch bislang keine klaren Belege gibt. Die Parlamentarier weigerten sich, die Ministerin als Kommunikationskanal zur Regierung zu akzeptieren. Die Ministerin selbst reichte schließlich ihren Rücktritt ein, wird aber als politische Beraterin im engeren Umfeld des Präsidenten verbleiben.
Mangelnder Rückhalt des wirtschafts- und haushaltspolitischen Kurses
Aufgrund der prekären Haushaltssituation des Landes mit einem Defizit von mehr als 5 % wurde im vergangenen Jahr in aufwendigen politischen Verhandlungen für 2003 ein Notprogramm für die öffentlichen Finanzen verabschiedet, das dem Staat zusätzliche Einnahmen, aber auch Ausgabenkürzungen bescherte. Wesentlicher Teil des Programms war die haushaltspolitische Disziplin der großen Staatsunternehmen, um das Haushaltsdefizit auf die Hälfte abzusenken. Dazu gab es im speziellen Fall des Telekommunikations- und Stromkonzerns ICE komplizierte Verhandlungen zwischen der Regierung, der Unternehmensleitung und den Gewerkschaften. Ergebnis war die Rückführung der Ausgaben, vor allem der Kreditaufnahme für Investitionsvorhaben, um den lokalen Finanzmarkt nicht weiter zu belasten und letztendlich die wirtschaftspolitischen Ziele der Regierung für 2004 nicht zu gefährden.
Offensichtlich hatte die Unternehmensleitung mit verschiedenen Zahlen gegenüber der Regierung und der Zentralbank agiert, da nun eine Kreditaufnahme in Höhe von 100 Millionen US-Dollar im Raume stand. Die Regierung zeigte sich überrascht und die Zentralbank hatte bereits zweimal eine entsprechende Auslandskreditaufnahme des ICE abgelehnt. In intensiven Verhandlungen - erzwungen durch einen nun 14-tägigen Streik der ICE-Angestellten - zwischen Regierung, Zentralbank und ICE einigte man sich schließlich auf zusätzliche Kredite in Höhe von 40 Millionen US-Dollar. Im Rahmen der Verhandlungen kam außerdem heraus, dass das ICE in diesem Jahr mit einem Defizit in Höhe von rd. 17, 5 Millionen US-Dollar rechnet, was den öffentlichen Haushalt noch zusätzlich belastet.
Weiterhin hatte die Regierung ihre Absicht erklärt, das ICE umzustrukturieren, mit dem Ziel, die verkrusteten Leitungsstrukturen aufzubrechen. Dazu ist bereits eine entsprechende Parlamentskommission gebildet worden. Das ICE ist trotz seines Charakters als Staatsunternehmen längst der Regierungskontrolle entglitten und weist eine autonome Struktur auf, in der Verwaltung und Gewerkschaften den Ton angeben. Darüber hinaus bildet die interne Gewerkschaftsfront FIT des ICE das Rückgrat des Widerstandes gegen jegliche Privatisierungs- bzw. Öffnungspolitik von Staatsunternehmen und hatte bereits unter der Regierung von Staatspräsident Miguel Angel Rodríguez einen entscheidenden Anteil am Scheitern seiner Privatisierungspolitik.
Kaum Chancen für die anstehenden Reformvorhaben
Die politischen Entwicklungen haben nicht nur die Mehrheitsbeschaffung im Parlament erschwert und die Opposition gegen eine Reformpolitik gestärkt, zunehmend treten die Schwächen der Regierung im Führungs-, Kommunikations- und inhaltlichen Bereich, zutage. Vor allem das Präsidialamt kann aufgrund einer verfehlten Personalpolitik nicht seine Funktion als politische Schaltstelle für Koordinierung und Kommunikation mit Partei und Fraktion wahrnehmen. Es fehlt außerdem an gemeinsam getragenen Visionen in der Führungsmannschaft der Regierung. Eine erfolgreiche Reformpolitik erscheint unter diesen Bedingungen als nicht wahrscheinlich.
Negativ trifft dies vor allem die dringend notwendigen Reformen der öffentlichen Finanzen, den Abschluss eines Freihandelsabkommen mit den USA, aber auch die Öffnungspolitik für den Finanzsektor und den Telekommunikations- und Energiebereich.
Damit sind die wirtschafts- und sozialpolitischen Zielsetzungen der Regierung für das laufende Jahr zu überarbeiten. Soziale Konflikte werden zunehmen und damit ein Klima der politischen Instabilität entstehen. Immer öfter taucht in den politischen Analysen und Kommentaren das Gespenst der Unregierbarkeit auf. Vom Präsidenten selbst wird zunehmend der geringe Handlungsspielraum der Regierung kritisiert und er spielt öffentlich mit dem Gedanken einer verfassunggebenden Versammlung zur Erarbeitung einer neuen Verfassung.
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