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Verbale Ausfälle von Ministerpräsident Zeman

kohta Frank Spengler, Anneke Müller
Negativen Einfluss auf das deutsch-tschechische Verhältnis haben die verbalen Entgleisungen von Ministerpräsident Milos Zeman in einem Interview für das österreichische Nachrichtenmagazin "Profil".

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Das Gespräch erschien kurz bevor das von Jörg Haider und der FPÖ veranlasste Referendum ergab, dass jeder neunte Bürger Österreichs gegen das Atomkraftwerk Temelin stimmt, seine Abschaltung fordert und ein mögliches Veto gegen den Beitritt Tschechiens zur Europäischen Union befürwortet.

In dem Interview greift Zeman nicht nur Österreich an, sondern bezeichnet die Sudetendeutschen wörtlich als "fünfte Kolonne Hitlers", die die Tschechoslowakei als "einzige Insel der Demokratie in Mitteleuropa" zu zerstören trachteten. Weiter beschuldigt er die Sudetendeutschen, dass "viele von ihnen nach tschechischem Recht Landesverrat begangen haben, ein Verbrechen, das nach dem damaligen Recht durch die Todesstrafe geahndet wurde". Zeman folgert daraus, dass die Vertreibung insofern eine mildere Strafe wäre.

Die Äußerungen des tschechischen Ministerpräsidenten riefen in Deutschland Kritik hervor. Bundeskanzler Gerhard Schröder macht sogar seinen für März geplanten Besuch Tschechiens davon abhängig, ob Zeman sich von seinen Äußerungen distanziert. Der Kanzlerkandidat der CDU/CSU und bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber verlangte in einem Brief an den tschechischen Ministerpräsidenten eine Entschuldigung für seine Äußerungen.

Die tschechischen Politiker äußerten sich bis auf einige Ausnahmen zurückhaltend zu Zemans verbal Attacken gegenüber den Sudetendeutschen. So sagte der KSCM-Vorsitzende Miroslav Grebenicek, dass er "genug habe von der Frechheit der Sudetendeutschen und er Zemans Ausbrüchen durchaus zustimmen könnte, wenn es sich nicht um Wahlkampfrhetorik handelt, wie dies bei der erniedrigenden deutsch-tschechischen Deklaration der Fall" gewesen sei.

Zurückhaltender gab sich Karel Kühnl (US-DEU), Spitzenkandidat der Viererkoalition. Er sagte, dass er die mit diesem Thema verbundene Spannung nicht eskalieren lassen möchte und sich deshalb dazu nicht weiter äußern werde. Jan Kasal, stellvertretender Vorsitzender der KDU-CSL, bemerkte, dass die große Mehrheit der vertriebenen Deutschen Henlein gewählt hätten, der half, die Tschechoslowakei zu zerstören. Überflüssig sei es gewesen, die Sudetendeutschen als "fünfte Kolonne" zu bezeichnen, das sei nichts Neues, so Kasal. Der christdemokratische Politiker gab zudem an, sich zu wundern, warum sich "Herr" Posselt nun noch einmische.

Die Zurückhaltung der Politiker der Viererkoalition ist sicher damit zu erklären, dass die Parteien bereits mitten im Wahlkampf für die kommenden Wahlen zum Abgeordnetenhaus am 14. und 15. Juni 2002 stehen. Meinungsäußerungen, die als pro-sudetendeutsch ausgelegt werden könnten, würden den Wahlchancen derzeit nur schaden.

Die linke Tageszeitung "Pravo" berichtet, dass sich Zeman bei Stoiber nicht für seine verbale Entgleisungen entschuldigen werde. Zeman begründete seine Entscheidung damit, dass er auch bisher keinen Brief aus München erhalten habe, der eine Rücknahme seiner Worte gegen die Sudetendeutschen fordere. Der Ministerpräsident nimmt Anstoß daran, dass Stoiber seine Vorwürfe eher veröffentlicht hat, als er den Brief des Kanzlerkandidaten der Union erhalten habe. Des Weiteren erklärte Zeman der "Pravo", dass er keine Informationen darüber habe, dass Bundeskanzler Schröder Tschechien nicht besuchen wolle.

Auch die diplomatischen Vertretungen Deutschlands und Österreichs gaben Stellungnahmen ab: Die Deutsche Botschaft in Prag unterstrich, dass die Beziehungen zwischen Prag und Berlin niemals besser gewesen wären als jetzt und dass Zemans Ausbrüche daran auch nichts ändern könnten, so der Gesandte der Deutschen Botschaft, Andreas Meitzner, gegenüber der Nachrichtenagentur CTK.

Der österreichische Botschafter in Tschechien, Klas Daublebski, forderte in einem Interview für das tschechische Fernsehen die moralische Distanzierung Tschechiens von den Benes-Dekreten. Dies lehnten die tschechischen Politiker entschieden ab. Hana Marvanova, Vorsitzende der US-DEU, äußerte, dass dieses Thema bereits mit der deutsch-tschechischen Deklaration abgeschlossen wurde.

Einen verbalen Schlagabtausch lieferte sich Zeman mit Jörg Haider, denn für den Ministerpräsidenten sind die Österreicher "die ersten Verbündeten Hitlers, auch wenn sie sich gern als Opfer dargestellt haben". Er trieb seine Äußerungen jedoch noch mit der Bemerkung auf die Spitze: "Jeder dritte KZ-Wächter war Österreicher." Zudem verglich er das Referendum mit dem "Anschluss" Österreichs im Jahre 1938. Jörg Haider erwiderte die Beleidigungen und bezeichnete Zeman als einen "Kommunist und Wendehals". Er würde die gleiche Geisteshaltung an den Tag legen, mit der 1968 der Prager Frühling erstickt worden sei.

Den Schlagabtausch der beiden Politiker kommentierte die tschechische Presse sehr unterschiedlich. So äußerte der Chefredakteur von "Pravo" beispielsweise, dass er sich des "Gefühls nicht erwehren" könne, dass Zemans Worte an Haiders Adresse "völlig zutreffend" seien. Er argumentiert, dass sich die Österreicher vielleicht an Haiders aggressive fremdenfeindliche und nationalistische Rhetorik gewöhnt hätten, dass dies aber nicht bedeute, dass sich auch die Nachbarn damit abfinden müssten.

Die tschechische Wochenzeitung "Respekt" hingegen zeigte sich besorgt für die Zukunft und bedauert, dass Zeman "die Fäden der Kommunikation" zwischen Wien und Prag "zerrissen" habe. Leider habe der Ministerpräsident die Unterschriftenaktion der FPÖ zu einer Sache aller Österreicher gemacht.

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