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Demokratischer Rechtsstaat oder illiberale Demokratie?

Das Zentrum für verfolgte Künste in Solingen ist schon im Alltag ein Ort großer Nachdenklichkeit. Es zeigt Gemälde von im Nationalsozialismus verfolgten Künstlern, und die Frage „Wie konnte es soweit kommen?“ steht in seinem Mittelpunkt. Es ist ein „Aufklärungsmuseum“, wie Ludger Gruber, Landesbeauftragter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Nordrhein-Westfalen, in seiner Begrüßung voranstellte.

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Diese Nachdenklichkeit und ihre Leitfrage brachte Professor Lammert, Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung und ehemaliger Präsident des Deutschen Bundestages, in seinem Vortrag auf das Gegensatzpaar „Demokratischer Rechtsstaat oder illiberale Demokratie?“. Denn um diese Alternative, die auch eine Entscheidung für jeden einzelnen ist, geht es heute, und zur Zeit steht es nicht allzu gut um den demokratischen Rechtsstaat.

Wie konnte es soweit kommen?, dazu holte Lammert vor über 200 Zuhörern in dem überfüllten zentralen Saal des Museums zunächst weit aus. Er erinnerte an eine Zeit nach dem Ende des Wegfalls der kommunistischen Regime in Mittel- und Osteuropa, als in der Rückschau ein Jahrzehnt der Sorglosigkeit ausbrach: Die „Systemfrage“ war geklärt, die liberale Demokratie hatte sich durchgesetzt, auf einmal wollten sich viele Staaten „Demokratie“ nennen (auch wenn sie es nicht alle waren). Mittlerweile ist Ernüchterung eingetreten, und die liberale, repräsentative, rechtsstaatliche Demokratie gerät von zwei Seiten in Zweifel: von außen, d.h. von Staaten und Gesellschaften außerhalb Europas, die autoritäre Gegenmodelle entwickeln (so z.B. China und Russland), und von innen, durch die eigenen Bürger.

Lammert berichtete aus einer bemerkenswerten Studie, die nachweist, dass der Zweifel an der Legitimität, Gerechtigkeit und Tragfähigkeit der liberalen Demokratie in den europäischen Staaten am höchsten ist. Es geht um die Grundfrage: Wer regiert? „Das Geld“ oder „das Volk“? Und es geht um die Lösungskompetenz für die großen Fragen der Zeit. In diese Legitimationslücke stoßen die sogenannten „illiberalen Demokratien“, ein paradoxaler Begriff, den Viktor Orbàn geprägt hat. Gemeint sind autoritärdemokratische Mischsysteme, die vorgeben, den Willen des Volkes auszuführen und ihre Bürger vor den Auswirkungen der Globalisierung und Liberalisierung zu schützen.

Lammert warnte eindringlich vor der Konstruktion eines einzigen Volkswillens. Wer sich darauf beruft, täuscht Eindeutigkeit vor und will allein die (demokratische) Machtergreifung. Einmal durch Wahlen installiert, bauen die illiberalen Demokraten den Staat zu ihren Gunsten um, und es ist fraglich, ob eine freiheitlich-rechtsstaatliche Demokratie sich so schnell wieder zurückwählen lässt. Aus der Schadenfreude am „Denkzettel“ erwachen dann so manche in einem anderen Staat.

In der anschließenden Diskussion ging es um die Gründe für solch eine Entwicklung. Sicher hat es damit zu tun, dass in den westlichen Gesellschaften ein allgemeiner Vertrauensverlust von Institutionen stattfindet. Jeder hält sich selbst für den Universalexperten; dadurch gerät der gesamte Repräsentationsgedanke ins Rutschen. Mediengewohnheiten befördern die Tendenz zur Simplifizierung des Denkens: Wer mehr als 160 Zeichen für eine Erklärung braucht, hat schon verloren.

Eine Hoffnung allerdings stellt die Politische Bildung dar, allerdings weniger in den gewohnten Formaten. Lammert forderte, neue Wege in der Politischen Bildung einzuschlagen, experimentell-kreativ und ins Zentrum des Problems zielend!

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Kontaktisikud

Dr. Johannes Christian Koecke

Dr

Referent Politische Grundsatzfragen und Internationale Politik, Büro Bundesstadt Bonn

Christian.Koecke@kas.de +49 2241 246 4400 +49 2241 246 54400

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