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„Ländliche Räume auf die Überholspur bringen“

3. Deutsch-Französischer Kommunalkongress diskutiert über wirtschaftliche Chancen und Herausforderungen des ländlichen Raums

Die Zukunft der ländlichen Räume wird in den kommenden Jahren davon abhängen, ob sich die Bevölkerung auf die Veränderungen einlässt und wie sich die Städteregionen weiterentwickeln wollen. Beim dritten Deutsch-Französischen Kommunalkongress in Frankreich suchten deutsche, polnische, griechische und österreichische Kommunalpolitiker nach Möglichkeiten, wie der ländliche Raum sein Alleinstellungsmerkmal gegenüber den Großstädten behaupten kann.

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Zum Auftakt der Konferenz wies Gérard Dériot, Senator des Alliers (Auvergne-Rhône-Alpes) daraufhin, dass die wirtschaftliche Entwicklung des ländlichen Raums von großer Bedeutung sei. „Doch die Landbevölkerung fürchtet sich davor, von der Globalisierung abgehängt zu werden“, so der Präsident der Fédération d‘Élus Bourbonnais (FEB). Die Stiftung FEB hatte in Kooperation mit der Konrad-Adenauer-Stiftung die zweitägige Konferenz veranstaltet. „Daher dürfen wir die ländlichen Regionen nicht vergessen“, insistierte Dériot.

Wirtschaftliche Entwicklung in ländlichen Räumen: Erwartungen und Herausforderungen

Wie der ländliche Raum seine Vorteile ausspielen kann, diskutierten internationale Kommunalpolitiker mit Vertretern der Wirtschaft, Verwaltung und französischen Gewerkschaften. Es wurde deutlich, dass Großunternehmen durchaus Interesse hätten, sich in der Region Alliers niederzulassen. Aber diese mit Erwartungen verknüpft seien. Die Transportinfrastruktur sowie das Straßennetz in der Region sei nicht auf der Höhe der strategischen Möglichkeiten und müsse weiter ausgebaut werden. „Der ländliche Raum muss mit den Hauptverkehrsachsen verbunden werden, um wirtschaftlich attraktiv zu sein“, sagte Deriot. Er sprach sich dafür aus, die Ost-West-Achse zu erweitern, da bisher viele Verkehrswege auf die Metropolen wie Paris ausgerichtet seien. Zur Attraktivität eines Standortes gehören aber auch kulturelle Angebote, Naherholungsgebiete und die Anbindung an eine Hochschule. Es dürfe nicht vergessen werden: „Der Unternehmer ist ein Mensch“, sagte Herve Duboscq, mittelständischer Unternehmer und Präsident der Mittelstandsvereinigung im Departement Allier. Kommunalpolitiker und Unternehmer müssten sich austauschen, um ein besseres Lebensumfeld für die Arbeitnehmer zu schaffen. Denn zum Thema „work-life-Balance“ spiele die Versorgung der Familie und das Jobangebot für den Lebenspartner auch eine wichtige Rolle.

Beim Austausch der Kommunalpolitiker wurde deutlich, dass viele Faktoren sich beeinflussen. Wenn der Einzelhandel in den ländlichen Regionen „kränkelt“, habe dies auch Auswirkungen auf die Situation der Ausbildungsstellen. Im Departement Allier ist dies bereits zu spüren. Didier Lindron, Präsident der Handwerkskammer des Département Allier, warnte vor einem bevorstehenden Generationenwechsel. „Viele Handwerksmeister werden in einigen Jahren in Rente gehen“, so Lindron. 200 Lehrstellen seien derzeit nicht besetzt. Das könnte auf lange Sicht zu Problemen führen. Mikrounternehmen verzeichnen hingegen einen starken Zuwachs. Die deutschen und französischen Experten waren sich einig, dass eine Verbesserung der Situation nur gelingen könne, wenn nicht nur Unternehmen und Kommunen in den Dialog treten, sondern auch die Kommunen ihre Konkurrenz abbauen und sich mit den Nachbargemeinden vernetzen. Neben der Nachwuchsförderung müssten Wohnraumangebote neu überdacht und der Glasfaseranschluss weiter vorangetrieben werden.

 

Die Förderung ländlicher Räume in Zeiten der Landflucht

Mit der steigenden Mobilität und dem schnellen Wandel eröffnen sich neue Horizonte. „Wir sollten es jedem gestatten, da zu leben, wo er leben möchte“, sagte Jean-Christophe Fromantin, Bürgermeister von Neuilly sur Seine bei der anschließenden Abendveranstaltung in Moulins, zu der auch die Bürger der französischen Region eingeladen waren. „Die Metropolen sind nicht mehr der Nabel der Welt.“ Er forderte ein Umdenken und die Rückbesinnung auf Alleinstellungsmerkmale der Regionen in der Weltwirtschaft. Dazu könnten die Rückbesinnung auf kulturelle Eigenschaften und mehr Menschlichkeit hilfreich sein, erläuterte Fromantin. „Die Moderne muss  auf das Land gebracht werden“, sagte er. Die Rückbesinnung auf die individuellen Stärken des ländlichen Raumes seien für das Überleben entscheidend.

Dabei könnten Städtepartnerschaften zur Festigung der deutsch-französischen Freundschaft helfen. „Der Vertrag von Aachen ist ein starkes Signal für ein lebendiges Europa“, sagte Prof. Dr. Ulli Meyer, Finanzstaatssekretär des Saarlandes. Um ein Signal für ein prosperierendes Europa zu setzen, müssten einige Voraussetzungen geschaffen werden. Mit der digitalen Infrastruktur sei die öffentliche Verwaltung an der Reihe, sich zukunftsfähig aufzustellen. Mit Blick auf China und großen Suchmaschinen, forderte Meyer europäische Regelungen, um einem „Wildwuchs an Daten“ entgegenzutreten. „Die Politik muss neue Finanzierungsmodelle entwerfen“, sagte Meyer. Nur über Kooperationen der Kommunen, könne eine Bündelung von Aufgaben, die die Digitalisierung mit sich bringe, erfolgen und so Synergien genutzt werden. Dazu gehören unter anderem Datenschutz und Breitbandausbau. Die Digitalisierung könne auch die Lösung für den Fachkräftemangel sein. „Unternehmen, die den demografischen Wandel erkannt haben, sind weit vorne“ und es entstünden neue Arbeitsfelder, sagte Meyer. "Wir müssen ländliche Räume auf die Überholspur bringen."

Europäische Best-Practice-Beispiele

Am folgenden Konferenztag diskutierten die politischen Vertreter aus den Ländern Deutschland, Frankreich, Griechenland und Österreich, anhand von Best-Practice-Beispielen, Möglichkeiten zur Entwicklungsförderung des ländlichen Raumes. Einige Lösungsansätze bezogen sich auf neu gegründete kommunale Allianzen, Finanzierungspläne mit europäischen Fördermitteln, mehr Bürgerbeteiligung, aber auch mehr Pflichten der Verwaltung, Erfolgsmodelle bei der Energiewende im Dorf oder die kulturellen Vorteile einer Region zur Belebung des Tourismus. „Alle Risiken einer Stadt können zu Chancen für den ländlichen Raum werden“, fasste Philipp Lerch, Landesbeauftragter der Konrad-Adenauer-Stiftung und Leiter des Politischen Bildungsforums Rheinland-Pfalz, die zweitägige Konferenz zusammen.

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