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„Wir haben keine Wahl, wir müssen einander vertrauen“

kohta Julia Rieger

"Mein Europa!" mit Prof. Dr. Dr. h.c. Clemens Fuest

Die europäische Einigung ist die Grundlage für ein friedliches Zusammenleben, durch den Binnenmarkt und einen gemeinsamen Haushalt verband sich die EU noch weiter. Aber wie sieht die Zukunft aus? Für Prof. Clemens Fuest, Präsident des ifo Instituts – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V., liegt die Lösung in einem Europa, das mehr öffentliche Güter bereitstellt. Welche das sind und wie der Prozess dahin aussehen könnte, das erklärte er bei „Mein Europa!“ in Düsseldorf.

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Zu Beginn begrüßt Simone Habig, die Leiterin des Regionalbüro Rheinland, das Publikum: „Werden wir als Europa die Herausforderungen, vor denen wir stehen, gemeinsam lösen?“ Im Anschluss hält Prof. Alexander Lorz MdL, Hessischer Kulturminister und Mitbegründer der Reihe „Mein Europa!“ ein Grußwort. Als die Reihe vor 10 Jahren startete, war die EU in einer ganz anderen Lage: Es war die Zeit der Finanzkrise, nun stehe man hier fünf Tage nachdem ein Mitgliedsstaat zum ersten Mal in der Geschichte die EU verlassen hat. Die wirtschaftliche Dimension der EU sei „ein zentraler Bestandteil des Wohlstandsversprechen“ und deswegen sei es wichtig, darüber zu diskutieren.

„Europa ist keine Versorgungsanstalt“

Fuest beginnt seinen Vortrag mit einem Plädoyer für ein Europa der Chancen. Dieses entwarf er als Reaktion auf eine Rede des französischen Präsidenten Macron, der sich für ein beschützendes Europa aussprach: „Das transportiert aber das Bild einer Wagenburg, die sich abschottet“, sagt Fuest. Er bindet das Publikum in seinen Vortrag ein und fragt ab, womit sich die Zuschauer identifizieren: Nur mit dem Nationalstaat oder nur mit Europa, erst über Europa und dann über den Nationalstaat oder zuerst über den Nationalstaat und dann über Europa? Bei der letzten Frage heben die meisten Menschen ihre Hand – und auch Fuest erklärt später, er fühle sich dieser Gruppe zugehörig: „Im Alltag ist einfach der Nationalstaat präsenter.“ Doch Studien hätten gezeigt, dass sich über 50 Prozent der Menschen in Europa auch mit Europa identifizierten – das sei ein gutes Zeichen.

Brexit, Staatsschulden, Trump und China: Was ist die europäische Antwort?

Für Prof. Fuest ist eine stabile und erfolgreiche Währung, die auch im Ausland genutzt wird, ein nächster Schritt: „Wer eine weltweit bedeutende Währung will, muss auf Souveränität verzichten und Verantwortung übernehmen.“ Sein Ziel für Europa: die Bereitstellung öffentlicher Güter. Das bedeutet, dass die europäischen Staaten auf verschiedenen Ebenen enger zusammenarbeiten müssen, zum Beispiel im Bereich Forschung und Wissenschaft: „Das Forschungspotenzial in Deutschland ist gut, aber das in der EU ist größer.“ Gemeinsam könnte auch hochriskante Forschung finanziert werden – es dürfte dabei aber keine Rolle spielen, wie groß ein Land sei. Die Verteilung der Gelder solle nach Exzellenz gehen.

„In bestimmten Bereichen gibt es keine Souveränität mehr“

Auch die Bereiche Klimapolitik, Außenpolitik und Entwicklungshilfe müssten europäisch ausgerichtet werden: „Oft gibt es ein Nebeneinander von nationalen und europäischen Kompetenzen, das kann schlecht sein.“ Da, wo man global mitspielen wolle, gäbe es inzwischen schon keine nationalen Souveränitäten mehr. Um die Güter bereitzustellen, sollten vorhandene Mittel umverteilt werden. In der Diskussion mit dem Publikum geht es auch um die Umverteilung der finanziellen Ressourcen: Mit der Regionen-Förderung würden viele Kommunen Werbung für Europa machen, diese würde durch die Finanzierung wegfallen, sagt eine Zuschauerin. Fuest erwidert, dass das Argument der Kommunen nicht ehrlich sei, „da jeder sehen könnte, dass Deutschland diese Investitionen selbst tätigen könnte.“ Die Förderung als Werbung für Europa zu nutzen sei für ihn nicht die richtige Mittelverwendung. Auch die weitere Zusammenarbeit spricht ein Zuschauer an: Das Vertrauen zu anderen Staaten und die Einhaltung von Regeln, aber auch die Anpassung der Reaktionen an Situationen seien da wichtig, sagt Fuest: „Es gibt keine Alternative, wir müssen miteinander reden und das Vertrauen aufbauen.“

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