In der wirtschafts- und finanzpolitischen Debatte in Deutschland werden derzeit eine Reihe von Maßnahmen diskutiert, mit denen einerseits die Geldpolitik bei der Bekämpfung der Inflation unterstützt werden soll, andererseits aber auch soziale Härten, die durch die Preissteigerungen entstehen, abgefedert werden sollen.
Teuerung belastet Haushalte bis weit in die Mittelschicht
Politischer Druck entsteht seitens der Wählerschaft vor allem deshalb, weil die Kaufkraft der Bürgerinnen und Bürger durch den allgemein starken Preisanstieg sinkt. Die Politik steht hier aus einer strikt ordnungspolitischen Sicht vor allem in der Pflicht, soweit es um die Anpassung von Transfereinkommen insbesondere zur Absicherung des Existenzminimums geht. Bei den Arbeitseinkommen dagegen ist es Aufgabe der Tarifpartner, Lohnsteigerungen auszuhandeln, die die Inflation (jedenfalls teilweise) kompensieren und gleichzeitig am Produktivitätsfortschritt orientiert sind, also Beschäftigung nicht gefährden. Nun stellt der extreme und plötzliche Anstieg der Energiepreise aber eine Sondersituation dar, die auch Haushalte bis weit in die Mittelschicht stark belastet. Es stellt sich die Frage, wie hiermit politisch umgegangen werden soll.
Preismechanismus für Energie wirken lassen und gezielt entlasten
Ein Vorschlag, der sicherlich einen weitgehenden Konsens unter Ökonominnen und Ökonomen darstellt, besteht darin, den Preismechanismus für Energie ungehindert wirken zu lassen, aber stark negativ betroffene Haushalte – und auch nur solche – gezielt mit pauschalen Einkommenstransfers zu unterstützen. Dieser Vorschlag hat den Vorteil, dass der Markt weiterhin unverzerrte, tatsächliche Knappheiten anzeigende Preissignale an die Verbraucherinnen und Verbraucher liefert. Zwar würden bei zahlreichen Verbraucherinnen und Verbraucher diese Signale erst verzögert ankommen, da sie zumeist längerfristige Lieferverträge mit Fixpreisen haben. Aber auch diese Haushalte sehen, welche Preisanstiege perspektivisch auf sie zukommen und werden ihr Verhalten entsprechend anpassen.
Defizitfinanzierte Transfers würden die Inflation weiter anheizen
Die zu zahlenden Transfers an Haushalte bis zu einer politisch zu definierenden Einkommensgrenze würden ebenfalls inflationstreibend wirken, wenn sie defizitfinanziert würden. Eine Option, diesen Effekt zu dämpfen, wäre die Finanzierung über Steuererhöhungen. Ein temporärer Aufschlag auf die Einkommenssteuer wurde bereits vorgeschlagen, ebenso wie die fast schon notorische Übergewinnsteuer. Das Versprechen eines zeitlich begrenzten Aufschlags hätte seit den Erfahrungen mit dem Solidaritätszuschlag keinerlei Glaubwürdigkeit. Die Marktteilnehmer würden sich auf eine dauerhafte Steuererhöhung einstellen, was wiederum zu negativen Leistungs- und Investitionsanreizen führen würde. Die Übergewinnsteuer wäre aus anderen Gründen ein ordnungspolitisches Desaster:
Übergewinnsteuer hätte in der Praxis starke unerwünschte Effekte
Denn Übergewinne, die auf Marktmacht zurückzuführen sind, sind in der Praxis nicht sicher zu identifizieren. Das in Unternehmen eingesetzte Eigenkapital erwartet eine Verzinsung in Höhe des marktüblichen risikolosen Zinses plus einer Risikoprämie, welche das spezifische Risiko einer Investition spiegelt. Die Risikoprämie ist aber weder politisch noch bürokratisch ohne weiteres im Nachhinein zu ermitteln. Eine Übergewinnsteuer droht zu einem Investitionsschreck zu werden, den sich in Zeiten ohnehin knapper Kapazitäten niemand wünschen kann. Ein Abfluss von Investitionen ins Ausland wäre zu erwarten, dies wiederum hätte auch negative Zweitrundeneffekte auf die Löhne, da Arbeit mit geringerem Kapitalstock weniger produktiv wird. Bei der Übergewinnsteuer treffen Umverteilungsfantasien auf eine Anmaßung von Wissen seitens der Politik. Was in der Theorie verlockend klingt, hätte in der Praxis starke unerwünschte Effekte.
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