Rapports pays
Neben den bisherigen Koalitionsparteien der konservativen VMRO-DPMNE, der albanischen DPA und der liberalen LP haben sich die Sozialdemokraten (SDSM), die albanisch-nationalistische PDP, die zweite liberale Partei (LDP) und die Splitterpartei VMRO-VMRO der Regierung angeschlossen.
Seit Februar wird die Republik Mazedonien immer wieder von Terroristen aus dem Kosovo heimgesucht, die unter dem Vorwand der "Befreiung der Albaner vom Joch der Mazedonier" die Sicherheitskräfte des Landes herausfordern. Ein erster negativer Höhepunkt in der Auseinandersetzung mit den albanischen Terroristen war mit der Besetzung der Ortschaft Tanusevci, im unmittelbaren Grenzgebiet zum Kosovo, erreicht.
Nach teilweise heftigen Feuergefechten gelang es den mazedonischen Sicherheitskräften rund sieben Tage später die Situation unter Kontrolle zu bringen. Die Eindringlinge verließen die Region in Richtung Kosovo. In einem Schreiben an die albanischsprachige Abteilung der Deutschen Welle in Köln übernahm die NLA/UCK die Verantwortung für die Vorfälle in Tanusevci. In dem Schreiben beklagten die Verfasser die Situation der Albaner in Mazedonien, die systematisch vom Staatsapparat unterdrückt würden. Die Angriffe würden solange andauern, bis "die Albaner befreit seien".
Die zeitnahe Unterzeichnung des Abkommens über die beidseitige Anerkennung der Integrität der Grenze zwischen Mazedonien und der Bundesrepublik Jugoslawien am Rande des Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs des Stabilitätspaktes in Skopje am 23. Februar lässt den Schluss zu, dass die Terroristen bewusst diesen Zeitpunkt für ihre Aktionen ausgewählt haben, um den Prozess der weiteren Stabilisierung in der Region zu unterminieren. Oder - wie es der Journalist Ljube Profiloski formulierte: "[...] um Mazedonien und die gesamte Welt daran zu erinnern, dass wir nicht länger nur die Grenze mit der Bundesrepublik Jugoslawien, sondern auch mit dem Kosovo teilen."
Nur wenige Tage nach dem Rückzug der Terroristen aus dem Gebiet um Tanusevci verlagerten sie die Kampfhandlungen nach Tetovo, in das größte Siedlungsgebiet der Albaner in Mazedonien.
Bereits zu diesem Zeitpunkt sind erste Verhandlungen unter Leitung von Präsident Trajkovski zwischen allen relevanten politischen Parteien über die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit aufgenommen worden. Diese sollte die politische Stabilität im Land bis zu den vorgezogenen Neuwahlen im kommenden Frühjahr aufrechterhalten. Bislang jedoch wurde ein Konsens in den Gesprächen insbesondere durch die Forderungen der sozialdemokratischen Partei (SDSM) und der albanischen PDP an die regierenden Parteien VMRO-DPMNE und DPA verhindert.
Kern der Auseinandersetzung war zum einen die Person Ljubcho Georgievskis, der als Regierungschef für die Sozialdemokraten nicht akzeptabel schien, und zum andern die Aufnahme von Verhandlungen mit den Terroristen, die die PDP als Bedingung ihrer Regierungsbeteiligung voraussetzte.
Letzteres stand jedoch sowohl für die Regierung als auch für Präsident Boris Trajkovski zu keinem Zeitpunkt zur Diskussion. Vielmehr sollte noch vor einer Woche die Ausrufung des Kriegszustandes der Regierung weitere Vollmachten an die Hand geben, um die eindringenden Banden aus dem Kosovo wirkungsvoller bekämpfen zu können. Erst die nachdrückliche Intervention von Javier Solana und des NATO-Generalsekretärs George Robertson ließ die politischen Parteien an den Verhandlungstisch zurückkehren.
Die SDSM ist mittlerweile von ihren Maximalforderungen abgerückt. Von den zunächst fünf beanspruchten Ministerien - Verteidigung, Inneres, Transport und Kommunikation, Gesundheit, Bildung - haben die Sozialdemokraten neben dem Posten eines stellvertretenden Premierministers schließlich das Verteidigungs- und zusätzlich das Außenministerium erhalten. Ebenso ist die Rücktrittsforderung an Georgievski fallengelassen worden.
Aus der Regierung ausscheiden musste jedoch die "starke Frau" der VMRO-DPMNE, Dosta Dimovska, die als Innenministerin maßgeblich für das Eindringen der albanischen Terroristen von der Opposition verantwortlich gemacht wurde. Dimovska stand bereits seit Januar permanent in der Kritik, als ein Abhörskandal der politischen Kultur im Lande weiteren Schaden zufügte.
Als schwierig erwiesen sich ebenso die Verhandlungen mit der national-albanischen Partei PDP. Diese forderte, mit der UCK Gespräche über den zukünftigen Status der Albaner in der Republik Mazedonien zu führen, um die Kämpfe zu beenden.
Noch am Samstagabend (12. Mai) brachen die Vertreter der PDP die Gespräche mit den übrigen Parteien über die Bildung einer Großen Koalition ab, nachdem Premierminister Georgievski in seiner Ansprache vor dem Parlament die albanischen Eindringlinge als "Terroristen" bezeichnete.
Erst auf Druck des amerikanischen Botschafters in Skopje, Mike Einik, kehrten die PDP-Abgeordnete in den Sitzungssaal zurück und gaben ihr Votum für die neue Regierung ab. Mit Faik Aslani als Minister für lokale Selbstverwaltung und Kemal Musliu gehören zwei Mitglieder der PDP der neuen Regierung an.
Entscheidend für die weitere Bewältigung der Krise wird sein, inwieweit die bisherigen Oppositionsparteien SDSM und PDP die Rivalität mit ihren politischen Gegnern aus VMRO-DPMNE und DPA zumindest für die Dauer dieser Übergangsregierung überwinden können. Denn gerade das gegenseitige Misstrauen und der Machthunger der politischen Führer haben bislang ein gemeinsames Vorgehen zur Stabilisierung der Situation verhindert.
Erst das Massaker an acht mazedonischen Soldaten in der westmazedonischen Ortschaft Vejce am 28. April und den anschließenden Brandschatzungen albanischer Geschäfte und Restaurants in Skopje und Bitola schienen die Politiker des Landes aufgerüttelt zu haben. Für einen Moment befand sich Mazedonien vor einer Spirale der Gewalt, die nicht mehr zu kontrollieren gewesen wäre.
Nun haben sich schließlich die Parteien im Parlament zu einer Regierung der nationalen Einheit zusammengefunden. Viel Aktionismus ist leider von diesem Konstrukt nicht zu erwarten. Ungeachtet der unvermindert andauernden Kampfhandlungen zwischen den albanischen Terroristen und den mazedonischen Sicherheitskräften an der Grenze zum Kosovo versuchen sich bereits jetzt alle Parteien für die bald folgenden Neuwahlen des Parlaments zu positionieren.
Immer noch bestimmen machtpolitische Ränkespiele die politische Auseinandersetzung. Trotz der kritischen Situation werden nur wenige Akteure von der Vernunft und Mäßigung geleitet, wodurch allein das Land wieder stabilisiert werden kann.
Das vielleicht prominenteste "Bauernopfer" der neuen Konstellation ist der ehemalige Botschafter in Deutschland und letzte Außenminister der Republik Mazedonien, Srgjan Kerim (LP). Dieser musste zu Gunsten seiner Parteifreunde Stojan Andov (Parlamentspräsident) und Zoran Krstevski (stellvertretender Premierminister) seinen Posten räumen.
Damit verlässt einer der Spitzenpolitiker und erfahrensten Diplomaten des Landes die Regierung. Einige der Reformprojekte, die seit zwei Jahren in vielen Bereichen begonnen wurden, scheinen nun zunächst einmal auf Eis gelegt, da diese bislang zum Teil aufs heftigste von den ehemaligen Oppositionsparteien bekämpft worden waren.
Eine Einigung ist auch in der Regierung der nationalen Einheit kaum zu erhoffen. So bleibt zu befürchten, dass neben der außenpolitischen Bedrohung durch die albanischen Terroristen nun noch der innenpolitische Stillstand das Land in seiner weiteren Entwicklung zurückwirft. Die Leidtragenden werden einmal mehr die Menschen des Landes sein, deren Hoffnung auf eine baldige Lösung der Krise weiter schwindet.
Regierung der Republik Mazedonien
gewählt von 104 der 109 anwesenden Abgeordneten im Parlament
am 12. Mai 2001
Premierminister: | Ljubcho Georgievski (VMRO-DPMNE) |
Stv. Premier.: | Dzevdet Nasufi (DPA) |
Kemal Musliu (PDP) | |
Zoran Krstevskiy (LP) | |
Ilija Filipovski (SDSM) | |
Inneres: | Ljube Boshkovski (VMRO-DPMNE) |
Äußeres: | Ilinka Mitreva (SDSM) |
Verteidigung: | Vlado Buchkovski (SDSM) |
Finanzen: | Nikola Gruevski (VMRO-DPMNE) |
Wirtschaft: | Besnik Fetai (DPA) |
Bildung: | Nenad Novkovski (VMRO-DPMNE) |
Transport: | Ljupcho Balkoski (VMRO-DPMNE) |
Landwirtschaft: | Marjan Gjorchev (VMRO-DPMNE) |
Umwelt: | Vladimir Dzabirski (VMRO-VMRO) |
Selbstverwaltung: | Faik Aslani (PDP) |
Justiz: | Idzet Memeti (PDP) |
Kultur: | Ganka Samoilova (VMRO-DPMNE) |
Arbeit und Soziales: | Bedredin Ibrahimi (DPA) |
Gesundheit: | Petar Miloshevski (LDP) |
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