Comptes-rendus d'événement
Abbas Khider selbst schrieb Briefe aus dem Exil. 1973 in Bagdad, im Irak, geboren, wurde er mit nur 19 Jahren zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Weil er Flugblätter verteilt hatte und illegale Bücher besaß. Jordanien, Libyen, Libanon, Griechenland, Türkei, Italien hießen die Stationen seines Exils, bevor er in Deutschland strandete. In Libyen kam er in Kontakt mit illegalen Briefboten, deren Netzwerk sich über die gesamte arabische Welt erstreckte. Er begann, Briefe nach Hause zu schreiben. Manchmal kostete ein Brief 100 Dollar, manchmal 200 Dollar. Und die meisten Briefe erreichten niemals ihren Adressaten.
Die besten Geschichten schreibt das Leben selbst
Als er 2011 den Arabischen Frühling auf dem Tahir-Platz in Kario miterlebte und das Wort von der Facebook-Revolution in aller Munde war, habe er gedacht: „Nun ist es an der Zeit, zu schreiben. Wie war es damals für die Menschen, zu kämpfen, ganz ohne Facebook, Twitter und E-Mail? Wie haben sie damals diese Zeit erlebt?“ Wenn Abbas Khider „erlebt“ sagt, weiß man nicht, ob man sich verhört hat und er nicht vielmehr „erlitten“ gesagt hat. Eine einfache Nachricht zu verschicken, hieß Gefahr: Ein Brief- und Postgeheimnis gab es nicht, mit jedem Wort konnten Gegner der Regime, Freunde und Familie in Gefahr gebracht werden. Die syrische Exil-Autorin Samar Yazbek schreibt in ihrem Buch „Schrei nach Freiheit“: „Es heißt, für das Schreiben eines Romans brauche man Phantasie und ich sage, man braucht vor allem die Realität.“
Seit 2000 lebt Abbas Khider in Deutschland, studierte Literatur und Philosophie in München und Potsdam. Er sammelte einen gewaltigen Wortschatz an, spricht nicht nur perfektes Deutsch, sondern schreibt mit einer Präzision und Poetik, dass er für seine drei Bücher „Der falsche Inder“ (2008), "Die Orangen des Präsidenten" (2011) und seinen aktuellen Roman zahlreiche Preise erhielt. Am 17. September 2013 wird er für sein Buch „Brief in die Auberginenrepublik“ den Hilde-Domin-Preis für Literatur im Exil 2013 entgegen nehmen. Sein beeindruckendes Deutsch habe er durch die „Dreifaltigkeit des Grauens: Hegel, Kant und Heidegger“ lernen müssen, wie Khider einmal sagte. Heute schreibe er aber meistens auf deutsch. Nicht nur, weil er seine Texte dadurch viel einfacher veröffentlichen könne. „Meine Erfahrungen verfremden sich in dem deutschen Text“, sagt Khider. Die deutsche Sprache gebe ihm persönliche Freiheit durch seine Distanz zu ihr.
Von der Magie des Lebens
Freiheit. Seit seiner Zeit im Gefängnis könne Khider alles ertragen, alles, nur nicht, wenn ihm die Freiheit genommen werde. Elf Mal wurde Khider die Freiheit genommen. Als er mit 19 Jahren zu zwei Jahren Haft verurteilt wurde, sei das buchstäblich eine dunkle Zeit, ohne Tageslicht gewesen. Folter, Pein, Verzweifelung. „Und die beste Universität meines Lebens“, erzählte Abbas Khider. „Natürlich war es eine schwere Zeit. Oft habe ich gedacht, ich bringe mich um. Irgendwann habe ich aber begriffen: Hier kann ich so viel lernen. Ich sitze mit Künstlern, Philosophen, Musikern und Dichtern in einer Zelle.“ So haben sie in der Zelle Workshops veranstaltet. Die Kommunisten hätten einen Workshop zu den Gedanken von Marx und Engels gemacht, die Französischsprachigen Mithäftlinge hätten Französischunterricht gegeben und andere hätten ihnen Textstellen aus dem Koran auswendig beigebracht. „Im Gefängnis habe ich gelernt, ein großer Träumer zu werden“, sagte Abbas Khider. Das Schreiben half ihm, diese Träume festzuhalten. Weil Khider weder Papier, noch Stift in der Zelle hatte, schrieb er seine Gedichte an die Gefängniswände. Manchmal finde sich in einer schweren Zeit Traurigkeit und Schönheit zugleich, sagte er. „Das ist Magie, das ist die Magie des Lebens.“
Literatur an sich sei Freiheit, sagte Khider. In allen Diktaturen gebe es Zensoren. „Mit den Mitteln der Literatur kann ich aber auch kämpfen.“ Er versuche, darzustellen, wie grausam eine Flucht sein könne – aber von allen Seiten: Von der Seite der Verfolgten und von der Seite der Beamten. „Literatur ist ein Kampf," sagte Khider. Die Regierung im Irak habe damals so viel Angst vor der Literatur gehabt und vor allem vor denkenden Menschen. Es sei ein Abenteuer gewesen, sich ständig Literatur zu besorgen. „Ständig Abenteuer im Leben zu haben – das ist Literatur.“
Mis à disposition par
Politisches Bildungsforum Berlin
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