Unter dem Titel “Women Global Health – What role do women and female health play in global health?” fand am 15. Oktober 2023 eine Diskussionsveranstaltung statt, die von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kooperation mit der Virchow Stiftung für Globale Gesundheit und GHA – German Health Alliance organisiert wurde. Namhafte Expertinnen und Experten aus dem Gesundheitssektor, von internationalen Organisationen, aus der Zivilgesellschaft, der Privatwirtschaft und dem Bundestag fanden sich zu der Veranstaltung ein, die am Tag der Eröffnung des diesjährigen World Health Summit stattfand.
Der stellvertretende Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung und der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Hermann Gröhe begrüßte die Gäste und verwies in seinen einleitenden Worten darauf, dass, auch wenn Frauen keine Minderheit seien, sondern die Hälfte der Weltbevölkerung ausmachten, ihrer Rolle für die öffentliche Gesundheit und die Erreichung des nachhaltigen Entwicklungsziels (SDG) 3 in vielerlei Hinsicht immer noch viel zu wenig Beachtung geschenkt werde. Dr. Ayoade Alakija, Vorsitzende von FIND und der African Vaccine Delivery Alliance, moderierte die Veranstaltung und betonte die Bedeutung der Rolle der Frauen nicht nur in der Gesundheit, sondern generell – ob in der Gesellschaft, in Führungsverantwortung, in der Bildung und vielen weiteren Bereichen. Dieser Punkt fand im Laufe der weiteren Diskussion mehrfach Bestätigung.
Die am Abend zuvor geehrte Preisträgerin des Virchow-Preises für Globale Gesundheit, Prof. Rose Gana Fomban Leke, unterstrich in ihrem Beitrag die ganzheitliche Betrachtung der weiblichen Gesundheit über alle Lebensphasen. Zur Illustration teilte sie einige persönliche Geschichten, um anhand ihrer eigenen Biografie die Bedeutung des Themas zu betonen. Frauengesundheit werde in vielen Gesundheitssystemen, insbesondere in Afrika, zu eng allein auf reproduktive Gesundheit bezogen. Brustkrebs sei in ihrem Heimatland Kamerun beispielsweise Todesursache Nummer eins bei Frauen und es gebe nach wie vor große Lücken bei der Erhebung geschlechterspezifischer Daten. Zudem seien Frauen und Mädchen überproportional betroffen bei gesundheitlichen Folgen von Armut, Flucht und Konflikten. Auch stellten die Zwangsverheiratung Minderjähriger und ungewollte Schwangerschaften große Risiken für die psychische und körperliche Gesundheit von Frauen und Mädchen dar. Leke plädierte abschließend für mehr Forschung von Frauen und für Frauen und betonte dabei, dass dies eine Aufgabe für alle Geschlechter sei.
Die stellvertretende Generaldirektorin für Außenbeziehungen bei der WHO Dr. Catharina Böhme schloss sich diesem Appell ausdrücklich an und sprach von einer feministischen Vision für die öffentliche Gesundheit, damit Gesundheitssysteme reaktionsfähig und geschlechterspezifisch werden. Nach den großen Fortschritten vergangener Jahrzehnte beispielsweise bei der Müttersterblichkeit scheine seit einigen Jahren ein Plateau erreicht, auf dem die Entwicklung stagniere. Dr. Mariam Jashi, Geschäftsführerin der Global Sepsis Alliance und Generalsekretärin der Medical Women's International Association, bemängelte, dass Geschlechterunterschiede in klinischen Studien nach wie vor zu wenig berücksichtigt würden. Auch die Geschäftsführerin von Women in Global Health Dr. Roopa Dhatt pflichtete dem bei und illustrierte dies anschaulich anhand eines Beispiels der Beschaffung von persönlicher Schutzausrüstung für Klinikpersonal während der Covid-19-Pandemie. Diese Ausrüstung war für die zahlreichen weiblichen Bediensteten in den Krankenhäusern aufgrund ihrer Standardisierung, die auf einer männlichen, weißen Physiognomie basiert, zu groß. Die gravierenden gesundheitlichen Auswirkungen zeigten sich darin, dass der Schutz für Frauen dadurch erheblich beeinträchtigt wurde, was vermeidbare Risiken und Gefahren in einer bereits herausfordernden Situation schuf.
Ein zweiter Diskussionsschwerpunkt drehte sich um die Rolle des Privatsektors. Dr. Alakija hinterfragte, ob der Privatsektor bereit sei, mehr in Frauen und geschlechterspezifische Lösungen zu investieren, was der Vorstandsvorsitzende der GHA sowie Geschäftsführer der Virchow Stiftung Roland Göhde für sich klar bejahte. Dr. Dhatt wies darauf hin, dass immer noch weniger als zehn Prozent der Innovatoren Frauen seien und dass es insbesondere in Führungspositionen nach wie vor eine klare Unterrepräsentanz von Frauen gebe, was für den Gesundheitssektor sogar in besonderem Maße gelte. So seien 70 Prozent aller im Gesundheitssektor Tätigen weiblich, in Führungspositionen jedoch lediglich 25 Prozent. Das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen sei im Gesundheitswesen eines der höchsten. Hinzu kommen Probleme sexueller Ausbeutung und von Gewalt im Gesundheitssektor, die weitestgehend verschwiegen werde.
Die pakistanische Unternehmerin Yasmin Hyder kommentierte hierzu, dass es nicht nur wichtig sei, dass sich Frauen untereinander vernetzen, sondern dass auch männliche Führungspersönlichkeiten gewonnen werden müssten, um sich für Geschlechtergerechtigkeit stark zu machen. Sie hob hervor, dass neben allem bereits genannten der Klimawandel eines der größten Risiken für die Frauengesundheit darstelle. Der Internist und Spezialist für nicht-übertragbare Krankheiten Dr. Andreas Ullrich führte in seinem Kommentar die unzureichende Datenlage an, insbesondere im Hinblick auf geschlechterspezifische Statistiken zu Risikofaktoren nicht-übertragbarer Krankheiten, wie Tabak-, Alkohol- oder Zuckerkonsum. Er wies auch darauf hin, dass trotz bedeutender Fortschritte im Bereich der Gesundheitsforschung, wie bei Impfungen gegen HP-Viren, weiterhin eine Lücke in der Datenerhebung besteht. Dass diese mittlerweile nicht nur entwickelt seien, sondern durch die Berücksichtigung in Impfprogrammen von Gavi und anderen einer breiten Masse zugänglich sind, sei ein großer Erfolg.
Die Leiterin Partnerschaften und Kommunikation bei mTomady Jennifer Bencivenga lieferte mit der Entstehungsgeschichte ihres Unternehmens in Madagaskar ein konkretes Beispiel für erfolgreiche Innovationen, die ihren Ursprung in der Betrachtung von Geschlechterunterschieden im Gesundheitswesen haben. In diesem Fall bei der Suche nach einer Lösung für die Frage, warum Frauen überproportional höhere Gesundheitsausgaben als Männer haben. Frauen seien oftmals weniger gut erreichbar bzw. in ihrer Erreichbarkeit und Handlungsfreiheit beschränkt durch ihren Partner. Doch auch dafür gebe es Lösungen, wie sie erläuterte. Dr. Pradeep Kakkattil, Geschäftsführer und Gründer von Health Innovation Exchange (HIEx) schloss die Riege der Kommentare mit der Betonung des Erfolgs weiblichen Unternehmertums. Im Durchschnitt brächten Investitionen in Unternehmerinnen deutlich höhere Gewinnaussichten für Investoren, trotzdem fließe disproportional wenig Risikokapital in weiblich geführte Unternehmen. Ein weiteres Problem im Bereich von Innovationen seien die langen Zeiten, bis ein Produkt den Markt erreiche. Er plädierte an die WHO und andere Institutionen, Innovationen im Gesundheitsbereich zu beschleunigen.
Mit einem Plädoyer von Dr. Alakija, mehr in Frauen zu investieren und dies regelmäßig einzufordern, schloss sie die Diskussion ab. Roland Göhde hob in seiner Schlussbemerkung besonders die Rolle von Partnerschaften und den Schulterschluss zwischen Frauen und Männern für mehr Geschlechtergerechtigkeit hervor und appellierte, politische Entscheidungsträger Argumente und Fakten zu liefern, damit sich diese besser für Frauen und Frauengesundheit einsetzen könnten
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