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Reuters / Lisi Niesner

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Neuer Motor für neue Zeiten?

Warum es 2023 eine neue deutsch-französische Zusammenarbeit in Europa braucht

Der deutsch-französische Motor ist für Europa unverzichtbar.“ Dieses Bild werden wir, 60 Jahre nach Unterzeichnung des Élysée-Vertrages durch Charles de Gaulle und Konrad Adenauer, wieder sehen. Die beiden Staatsoberhäupter legten 1963 den Grundstein für die europäische Verständigung, für Frieden und Wohlstand in einer Europäischen Gemeinschaft der sechs Gründerstaaten. Militärisch beschützt durch die USA, im Kalten Krieg gegen die Sowjetunion.

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Deutsch-französische Zusammenarbeit: Unverzichtbar für die EU-Reformen im Jubiläumsjahr des Élysée-Vertrag

2023 sind Deutschland und Frankreich noch immer die größten Staaten der Europäischen Union, die nun mit 27 Mitgliedern vor anderen Herausforderungen steht: direkt bedroht durch das revisionistische Moskau. Der globale Systemwettbewerb, ausgefochten zwischen Washington und Peking, ist die zweite Bedrohung, die dritte kommt aus dem Inneren: durch illiberale Regierungen und Parteien, die Europas Wertefundament untergraben. In dieser Lage braucht die EU Reformen für mehr Handlungsfähigkeit und den politischen Willen ihrer Mitglieder, Notwendiges gemeinsam zu entscheiden.

Die beiden größten Mitglieder der EU sind dafür unverzichtbar. Besonders im Jubiläumsjahr des Élysée-Vertrages – dem Symbol der Aussöhnung nach Jahrhunderten der „Erbfeindschaft“. Ohne deutsch-französische Zusammenarbeit ist die EU schwer vorstellbar, doch kann und sollte die EU nicht allein mit deutsch-französischen Vorschlägen reformiert werden. Zu groß ist die Sorge der anderen vor einem „Direktorat“.

 

Herausforderungen und Bedrohungen für die EU 

Seit 1963 hat sich die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) beziehungsweise die Europäische Union (EU) mehrfach erweitert, die Mitglieder mehr als vervierfacht. Sie ist heute ein vielstimmiger Apparat – der andere Perspektiven, Erfahrungen und Mentalitäten aus allen Himmelsrichtungen Europas verbindet.

Doch die Krisen haben Brüche im Inneren sichtbar gemacht: In Finanz- und Corona-Krise überwarfen sich die nördlichen Mitglieder mit den Südeuropäern, beim Thema Migration verläuft die Konfliktlinie zwischen Mittelosteuropa und dem Süden. Der russische Krieg gegen die Ukraine zeigt nun die Wahrhaftigkeit der sicherheitspolitischen Bedrohung, die in Mittel-, Ost- und Nordeuropa seit Langem erkannt, aber von Deutschland und Frankreich zumeist relativiert worden war. Die heutigen Regierungen in Berlin und Paris reden gern von „europäischer Souveränität“, wenn sie die Stärke und Handlungsfähigkeit der EU meinen. In Mittel- und Osteuropa ist – so kurz nach dem Fall des Eisernen Vorhangs – damit kein Staat zu machen. Der Kampf der Ukraine um nationales Überleben unterstreicht die weiterhin hohe Bedeutung der nationalen Souveränität. Polens Regierung ist für Berlin und Paris schwierig: Deutschland und Frankreich müssen die EU unterstützen, um EU-Vertragsgrundlagen wie die Rechtsstaatlichkeit zu sichern und den Abbau rechtsstaatlicher Institutionen zu stoppen. Gleichzeitig müssen sie diese – und vielleicht ab Ende 2023 eine andere – polnische Regierung als gleichberechtigt behandeln und ihre Interessen anerkennen. Deutsche oder französische Belehrungen sind da nicht hilfreich.

 

Energiepolitik und Sicherheit als Schlüsselfaktoren für die Zukunft der EU

Darüber hinaus muss 2023 das Jahr einer gemeinsamen europäischen Energiepolitik werden, um die Versorgung von Haushalten und Industrie zu akzeptablen Preisen zu sichern. Deutschlands und Frankreichs bisher verfolgte Ansätze sind keine Lösung, der Umgang mit Kernenergie konträr: Frankreich setzt weiter auf diesen Energieträger und in Deutschland ist keine politische Mehrheit für den Ausstieg aus dem Ausstieg in Sicht. Daher muss mit anderen EU-Mitgliedern die Versorgung der EU mit Wasserstoff vorangetrieben werden, um so früh wie möglich vor allem europäische Industrien mit grünem, also mittels erneuerbarer Energien hergestelltem, Wasserstoff zu versorgen. Auf dem Weg dahin muss die erforderliche Infrastruktur schnell aufgebaut und Anreize für die vorübergehende Nutzung von emissionsarmem Wasserstoff gesetzt werden. Auch dazu müssen Deutschland und Frankreich ihre Differenzen für das Ziel einer sicheren, wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Energieversorgung zurückstellen: Berlin muss akzeptieren, dass Frankreich Atomstrom nutzen wird; Paris, dass dies nur vorübergehend akzeptabel ist.

 

Bedeutung eines neuen europäischen Motors für die neuen Zeiten

Schließlich müssen beide, aber vor allem Deutschland, mehr für die Wahrung der Sicherheit der EU-Mitgliedstaaten tun. Die USA wenden sich immer weiter von Europa ab und nähern sich Asien an. Die überwältigende und bisher entscheidende Unterstützung der USA für die Ukraine wird im Kongress immer lauter kritisiert – auch von den Demokraten. Deutschland und Frankreich müssen nationale Sichtweisen überwinden und gemeinsam ein europäisches Vorgehen entwickeln, unter Einbeziehung Großbritanniens. Nur ein sicherheitspolitisch handlungsfähiges Europa wird für Washington aus dem Kostenfaktor EU einen interessanten Partner machen. Eine gerechtere Lastenteilung kann ein langfristiges Engagement der Vereinigten Staaten in Europa wahren und dauerhafte Sicherheit vor Russland garantieren. Europa braucht 2023 keinen deutsch-französischen Motor: Für den Erhalt und die Weiterentwicklung der EU braucht es mehr deutsch-französische Bereitschaft, europäisch zu denken und die Interessen aller EU-Mitglieder aus allen Himmelsrichtungen einzubeziehen – es braucht einen neuen europäischen Motor für die neuen Zeiten!

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Interlocuteur

Dr. Peter Fischer-Bollin

Portrait Peter Fischer-Bollin

Leiter der Hauptabteilung Analyse und Beratung

peter.fischer-bollin@kas.de +49 30 26996-3613 +49 30 26996-53613

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À propos de cette série

Concis, réduit à l'essentiel, mais toujours d'une grande actualité. Dans la série "kurzum", nos experts résument une question ou un problème sur un maximum de deux pages.