Comptes-rendus d'événement
Auf dem Podium diskutierten Dr. Robert Grünbaum, stellvertretender Geschäftsführer der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, die Karikaturisten Barbara Henniger und Til Mette sowie Andreas Platthaus, stellvertretender Feuilletonchef der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Moderiert wurde die Diskussion vom Journalisten und Publizisten Axel Brüggemann.
Dr. Ralf Altenhof, Landesbeauftragter der Konrad-Adenauer-Stiftung Bremen, leitete in die Podiumsdiskussion ein und begrüßte zu Beginn das Publikum und die Podiumsteilnehmer. Er präsentierte den Zuschauern das Konzept der Ausstellung und übergab dann an Moderator Axel Brüggemann.
Einleitend fragte Brüggemann die Podiumsteilnehmer, wie sie den Tag der Mauerfalls erlebt haben. Henniger, die am 9. November 1938 in Dresden geboren wurde, erlebte den Mauerfall „mittendrin an der Berliner Mauer“ und beschrieb den Tag als „den schönsten Geburtstag ihres Leben“. Til Mette, der das Ereignis in Bremen erlebte zeigte auf, dass er „initiativ merkte, dass etwas Riesiges passiert“.
In der Diskussion setzten sich die Podiumsteilnehmer mit dem Verhältnis von Ost- und West-Deutschland und den unterschiedlichen Arten von Karikaturen, die in den beiden Teilen Deutschlands gezeichnet wurden, auseinander. Til Mette, der aus West-Deutschland stammt, betonte, dass er sich vor 1990 eher nach England, Frankreich und Italien ausrichtete und dass die DDR erst nach der Wiedervereinigung auf seine „Zeichen-Landkarte“ gerückt sei. Platthaus bekräftige Mettes Worte und stellte dar, dass einige West-Deutsche kaum Interesse und damit auch kaum Wissen über den Osten Deutschlands hatten. Laut Grünbaum war die DDR für manche in der Bundesrepublik eher unbekanntes Terrain. Für diese galt lange der Ausspruch „rechts vom Rhein beginnt Sibirien“. Im Osten ging es für Henniger hingegen nicht nur um die Frage nach dem Motiv, sondern auch um die „Herausforderung, Grenzen zu finden“, die ein maßgeblicher Antrieb gewesen sei, Karikaturen zu zeichnen. In einem System, in dem es offiziell keine Zensur gab und es sehr schwer war abzuschätzen, was geht und was nicht, sei es sehr schwer gewesen zu wissen, was ohne Probleme gezeichnet werden durfte und was nicht. Dadurch seien viele Karikaturisten in der DDR in Metaphern, Mythen und Märchen ausgewichen, so Henniger. Grünbaum bekräftigte Henniger und betonte, dass e keine festen Richtlinien im Bezug auf Kunst in der DDR gegeben habe und die Regierung willkürlich gehandelt hätte.
Im weiteren Teil der Diskussion ging es um die Rolle der Karikatur im Zuge der friedlichen Revolution. Grünbaum betonte die wichtige Rolle der Medien und bezeichnete die Karikatur als „Ausdrucksmittel des Protests und der Unzufriedenheit“. Henniger stellte dar, dass es den Karikaturisten in der DDR zu einem großen Teil darum ging, möglichst viele Karikaturen zu verbreiten und Zeichnungen zu verkaufen, um so die Botschaften zu verbreiten. Platthaus bekräftigte diesen Standpunkt und sagte, dass mit illegalen Blättern in oppositionellen Kreisen eigene Medien für Karikaturen geschaffen wurden. Im Bezug auf die Funktion von Karikaturen betonte er, dass Karikaturen „einen schnellen Blick auf Geschehnisse und ein Zeitgefühl vermitteln sollen“. Henniger sagte in diesem Zusammenhang, dass es ihr Ziel sei, die Zuschauer beim Anblick ihrer Karikaturen ins Grübeln kommen zu lassen. Alle Podiumsteilnehmer waren sich einig, dass eine Karikatur mehr ist, als nur eine Zeichnung und besonders im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung eine wichtige Funktion eingenommen habe. Brüggemann ergänzte: „Manchmal ist Karikatur auch Geschichte“.
Zum Ende der Diskussion ging es um die Rolle der Karikatur und Satire im Findungsprozess nach der Wiedervereinigung. Mette betonte die „sehr turbulente Zeit, in der man als Karikaturist neu in die Rolle des Zeichners hineinwachen musste“. Während es vor der Wiedervereinigung oft so gewesen sei, dass die Karikaturisten den Menschen mit ihren Zeichnungen vermittelten, wer gut und wer böse gewesen sei, gehöre er zu der ersten Zeichner-Generation, die keine gesellschaftliche Prognose abgab, sondern gesagt habe: „Wir wissen es auch nicht.“ Henniger betonte, dass sie nach der Wiedervereinigung nicht das Ziel gehabt habe, mit ihren Karikaturen zu beeinflussen. Vielmehr habe sie die Vorgänge kommentieren und begleiten wollen und aus der Position der Ostdeutschen die Sicht der Dinge zeichnen.
In einer Abschlussrunde wollte Moderator Axel Brüggemann von allen Podiumsteilnehmern wissen, wie sie die momentane Entwicklung im Bezug auf die vielbeschworene „Mauer in den Köpfen“ sehen. Grünbaum war sich nicht sicher, ob es die „Mauer in den Köpfen“ heute noch gibt, betonte aber gleichzeitig, dass bei jungen Menschen keine Klischees mehr vorhanden seien. Henniger zeigte auf, dass die Bevölkerung in den neuen Bundesländern sehr west-kritisch sei, hob aber auch hervor, dass die junge Generation sich auf einer ganz anderen Ebene treffe und ohne Vorurteile miteinander rede. Genau wie Mette kritisierte sie aber die kulturelle Abwanderung und den damit verbundenen Bevölkerungsmangel in den neuen Bundesländern. Man müsse dafür sorgen, dass auch im Osten neue Perspektiven geschaffen würden, so Mette. Platthaus appellierte abschließend an alle, die jetzt in Deutschland herrschenden liberalen Strömungen für die Kunstform Karikatur zu unterstützten, da es am allerbesten für die Demokratie sei, der Kunst so viel Freiraum wie möglich zu geben.
In einem Abschlusswort dankte Ralf Altenhof den Karikaturisten, den Podiumsteilnehmern und den Mitarbeiten der Konrad-Adenauer-Stiftung Bremen, die die Ausstellung verwirklicht haben.